Die Entdeckung der Blätterhöhle geschah eher zufällig, doch die Funde sind durchaus spektakulär. Die Forschungen sind längst nicht abgeschlossen.

Also starten wir weit, weit in der Vergangenheit. Und auf dieser Zeitreise über die Grenzen der Eiszeit hinaus sind wir in Nullkommanichts jenseits des Jahres 1746, in dem Hagen gegründet wurde. Vielleicht waren es ja eher jene Menschen – teils Jäger und Sammler, teils Sesshafte – die die Stadt Hagen wirklich gegründet haben. Fest steht heute: Diese Menschen haben die Blätterhöhle in Holthausen genutzt.

Gestern: Am Anfang war ein Loch voller Blätter

Davon zumindest konnten die Mitglieder des Arbeitskreises Kluterthöhle um Stefan Voigt im Jahr 1984 nichts ahnen, als sie im Mai die an einem steilen Hang gelegene Höhle entdeckten. „Wir haben im Grunde zunächst ein Loch voller Blätter entdeckt“, so Voigt, „daher der Name.“

Diese Entdeckung bildete das Fundament dafür, dass eine der spannendsten Zeitreisen der Archäologie überhaupt starten konnte. Das war erst 21 Jahre später so richtig der Fall, als erstmals eine Genehmigung erteilt wurde, Sediment in der Höhle abzutragen. Im Grunde genommen ging es damals um hydrologische Forschungen. Man wollte wissen, welchen Weg sich Wasser durch den Berg sucht, weil die Barmer Teiche nach Grabungen im nahe gelegenen Steinbruch trocken liefen. „Allerdings war diese Erlaubnis durch die Denkmalbehörde damit verknüpft, Funde zu melden“, erzählt Voigt. Und davon gab es schnell die ersten.

Sogenannte C14-Analysen, die der Arbeitskreis selbst finanzierte, führten zu der Erkenntnis, dass die Knochen aus der Mittelsteinzeit stammten. Die Folge: 2006 wurde die erste Grabungskampagne an der Blätterhöhle in Hagen gestartet.

Heute: Corona bremst Grabungen aus

Dr. Ralf Blank, u.a. Leiter des Museums am Wasserschloss Werdringen, präsentiert mit seinem Team die Fundstücke aus der Höhle in den Ausstellungsräumen in Vorhalle.
Dr. Ralf Blank, u.a. Leiter des Museums am Wasserschloss Werdringen, präsentiert mit seinem Team die Fundstücke aus der Höhle in den Ausstellungsräumen in Vorhalle. © Michael Kleinrensing

Corona hat zuletzt auch den Archäologen an der Blätterhöhle einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Vor der Blätterhöhle konnten im letzten Jahr die letzten erreichbaren Quadratmeter mit der späteiszeitlichen Fundschicht nicht vollständig abgegraben werden“, sagt der Archäologe Prof. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL), der heute für die Grabungen verantwortlich zeichnet. Immerhin: Zuletzt hatte es eine „begrenzte Kampagne“ auf dem Vorplatz der Höhle gegeben.

Eine wesentliche und neue Erkenntnis der jüngsten Grabungen und Auswertungen: „Über 1500 Jahre nach Ankunft der ersten Ackerbauern aus dem anatolischen und ägäischen Raum hat die jäger- und sammlerische Lebensweise noch immer existiert“, sagt Prof. Jörg Orschiedt, der seit Jahren an den Forschungen beteiligt ist und der die Bedeutung der Fundstätte noch einmal einordnet. „Einen solchen Übergang von der Eiszeit in die Jetztzeit findet man in Mittelgebirgsregionen nur in Hagen. Wir haben einen sehr genauen Überblick über die Schichtenfolge.“

Morgen: Grabungen führen immer tiefer

Es soll weiter gehen. Tiefer, vor allem in der Höhle selbst. Darin sind sich die LWL-Archäologie in Olpe, die Stadt Hagen und die Grabungs- und Projektleiter Wolfgang Heuschen und Jörg Orschiedt einig.

Die Sommerserie „Wir schreiben Stadtgeschichte“

Die Stadt Hagen und unsere Zeitung feiern in diesem Jahr zwei besondere Jubiläen. Hagen wird 275 Jahre alt, während unsere Zeitung 75-jähriges Jubiläum feiert.

Die Sommerserie „Wir schreiben Stadtgeschichte“ beleuchtete in über 40 Folgen Meilensteine der Entwicklung der Stadt Hagen in den vergangenen 275 Jahren und schafft eine Einordnung zur Vergangenheit, der Gegenwart und blickt in die Zukunft.

Neben Expertengesprächen ist die Serie vor allem in Zusammenarbeit mit der Stadt Hagen und dem Fachdienst Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt entstanden.

Alle haben das Ziel, das bedeutende Projekt Blätterhöhle fortzuführen. „Die Ergebnisse der letzten Jahre sind herausragend für die Steinzeitforschung“, unterstreicht Michael Baales, Leiter der LWL-Außenstelle Olpe.

Die Ziele: In der Höhle weiter vordringen und Hinweisen auf ältere Fundschichten nachgehen. Die Fläche für die späteiszeitlichen Fundschichten auf dem Vorplatz soll noch erweitert werden. Dazu aber muss reichlich Material darüber abgearbeitet werden. Das ist der Plan für das Jahr 2022. „Bis wir dann aber wieder die ältesten Fundschichten erreichen, wird einige Zeit vergehen“, sagt Baales, „wir sind aber auch gespannt, was die jüngeren, jung- und mittelsteinzeitlichen Funde noch bieten werden.“

Die geplanten Grabungen hängen letztlich auch davon ab, dass das zuständige Ministerium auch weiterhin im Rahmen des Denkmalförderprogramms NRW Mittel für die Archäologische Denkmalpflege zur Verfügung stellt. „Hierauf basieren letztlich unsere und die Möglichkeiten der Stadtarchäologie Hagen“, sagt Baales, „aktuell sind wir aber guter Dinge.“