Hagen. . Grabungen an der Hagener Blätterhöhle bringen einen spektakulären Fund ans Tageslicht: Knochen weisen auf 11.500 Jahre alten ältesten Hund hin.

Die Blätterhöhle in Hagen-Holthausen bleibt eine archäologische Schatzkammer: Nachdem in der Unterwelt am Fuße des Weißensteins bereits der Schädelknochen des ältesten modernen Westfalen (ca. 9200 v. Chr.) aus dem Sediment geschabt wurde, sind Grabungsleiter Wolfgang Heuschen und der federführende LWL-Archäologe Prof. Michael Baales zum Finale der 2018er-Grabungskampagne sich sehr sicher, auch auf die Spuren des ältesten Hundes in Westfalen gestoßen zu sein.

Bei den Grabungen an der Blätterhöhle wurden auch Knochenfragmente eines Hundes entdeckt. Obwohl die genaue Datierung noch aussteht, gehen die Archäologen davon aus, dass der Fund 11 500 Jahre alt ist und es sich somit um den ältestens Hund Westfalens handelt.
Bei den Grabungen an der Blätterhöhle wurden auch Knochenfragmente eines Hundes entdeckt. Obwohl die genaue Datierung noch aussteht, gehen die Archäologen davon aus, dass der Fund 11 500 Jahre alt ist und es sich somit um den ältestens Hund Westfalens handelt. © LWL

Das Tier, von dem bislang bloß ein Gelenkfragment des oberen Schienenbeines vorliegt, dürfte die Jäger vor etwa 11 500 Jahren bei ihren Beutezügen im Tal des Lenne begleitet haben.

Hagener Hundefund ist für die Region Südwestfalen einmalig

„Domestizierte Hunde waren damals schon seit Tausenden von Jahren Begleiter des Menschen“, verweist Baales auf ähnliche Funde im Raum Bonn, die sogar fast 3000 Jahre älter sind.

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Allerdings sei der Hagener Fund, der in die Übergangszeit von der Alt- in die Mittelsteinzeit reicht, für diese Region einmalig. Im Gegensatz zum Wolf sei dieses Tier deutlich kleiner und graziler gewesen – „etwa wie ein mittelgroßer Schäferhund“, schätzt Baales.

Ursprünglich hätten die Menschen schon damals nicht zuletzt aus emotionalen Gründen Wolfswelpen als Begleiter in ihre Gruppen geholt. Zudem hätten die Tiere als Jagd- und Transporthelfer gedient und seien in besonders schweren Zeit letztlich auch als Nahrung genutzt worden.

Aktuell wird der spektakuläre Knochenfund in München genetisch untersucht und anschließend mit der sogenannten Radiokarbonmethode (C14-Untersuchung) noch möglichst exakt datiert.

Vorplatz der Höhle diente vor 11.600 Jahren als Jagdlager

Ansonsten sind bei der diesjährigen Grabung, die vorzugsweise von studentischen Praktikanten aus Bochum durchgeführt wurde, bislang weniger aufsehenerregende Einzelstücke ans Tageslicht zurückgeholt worden, dafür jedoch zahlreiche nicht minder aufschlussreiche Fragmente, die eindeutig beweisen, dass der Vorplatz der Blätterhöhle bereits vor 11 600 Jahren zweifellos als Jagdlager diente.

Auf der Suche nach den Rentierjägern

Seit 2004 erstmals Forscher an der Blätterhöhle unterwegs waren und bei der Suche nach möglichen Wasserläufen auf menschliche Überreste stießen, hat die steinzeitliche Fundstelle sich zum anerkannten archäologischen Hotspot entwickelt.

Wenn die diesjährige Grabungskampagne innerhalb der nächsten drei Wochen abgeschlossen ist, wird die studentische Lehrgrabung voraussichtlich bloß noch für ein weiteres Jahr fortgesetzt. Länger sei dies angesichts der knappen Forschungsmittel kaum zu rechtfertigen, sieht Prof. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen, nur dann noch weitere Chancen, wenn deutlich mehr Geld in die Hand genommen würde.

Von der 2019er-Grabung verspricht sich das Team jedoch noch Beweise zu finden, dass mit der zu Ende gehenden Eiszeit vor gut 12 000 Jahren auch Rentierjäger an der Blätterhöhle lagerten, bevor sie mit den Herden allmählich weiter nach Norden zogen. Im Anschluss wollen sich die Archäologen darauf konzentrieren, die umfangreichen Grabungsergebnisse der vergangenen Jahre auszuwerten.

„Hier wurde alles gemacht, was mit der Jagd zu tun hat“, präsentiert Baales vor allem Werkzeuge aus Feuerstein, die sowohl als Pfeilspitzen, kleine Schlachtmesser oder Schabwerkzeuge dienten. Hinzu kommen Knochenstücke mit eindeutigen Schnittkerben, Schlagsteine zur Feinbearbeitung der Feuersteine oder auch Steinplatten, die angesichts der Kratzspuren offensichtlich als Schneideunterlagen genutzt wurden.

Leben in einer Jagdgemeinschaft

„Wir haben hier eine komplette Operationsstelle einer Jagdgemeinschaft vorliegen“, sind sich die Archäologen sicher, sowohl das Zerteilen der Beutetiere als auch die Herstellung der dazugehörigen Werkzeuge an der Blätterhöhle nahtlos nachweisen zu können.

Zahllose Splitter aus dem Sediment, das noch einmal säuberlich durchschlämmt wird, deuten zudem darauf hin, dass von den späteiszeitlichen Jägern große Röhrenknochen aufgeschlagen wurden, um an das Knochenmark zu gelangen.

Ein weiteres Indiz sind Knochenreste, die in einer mit Leder ausgelegten und mit Wasser befüllten Erdgrube ausgekocht wurden. „Dazu wurden im Feuer erhitzte Quarzsteine quasi als Tauchsieder in das Wasser gelegt und mit Beeren und Kräutern eine Suppe zubereitet, in der auch das Mark und Fett aus den Knochen ausgekocht wurde“, skizziert Baales die späteiszeitliche Küchenkunst.

Zu einem archäologischen Rezeptbuch reichen die gesammelten Erkenntnisse allerdings noch nicht: Denn zu welchen Tieren die Gebeine gehören, ermittelt derzeit noch Dr. Nadine Nolde im Labor für Archäozoologie der Uni Köln.