Hagen. Sie sehen sicht bestärkt. Durch den Weltklimabericht und die Flut. Zwei Tage vor der Wahl will die Bewegung in Hagen nun zurück auf die Straße.

2000 junge Anhänger der Fridays-for-future-Bewegung waren im Sommer 2019 in Hagen auf die Straße gegangen. Im Herbst desselben Jahres brachte der Druck der jungen Masse den Rat der Stadt sogar dazu, den Klimanotstand auszurufen. Nun steht am 26. September mit der Bundestagswahl ein entscheidendes Etappenziel für die Bewegung bevor. Der frische Weltklimabericht und die Jahrhundertflut am 14. Juli, die Hagen mit voller Wucht trafen, bringen das Kernthema der Bewegung, die zwei Tage vor der Wahl noch einmal auf die Straße gehen will, in Hagen schmerzhaft zurück an die Oberfläche.

„Die Flut war für viele noch mal ein Weckruf“, sagt Svea Rosenbaum, 20 Jahre alt, Mitglied der Ortsgruppe von „Fridays for future“ in Hagen.

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Bericht des Weltklimarates knüpft an Botschaften der Bewegung an

Im Gespräch hatte Rosenbaum noch gesagt, dass mit Blick auf Extremwetter-Lagen wie den Starkregen über Hagen am 14. Juli noch keine Attributionsstudien vorlägen. Also Studien, mit denen abgeschätzt werden kann, inwieweit der vom Menschen verursachte Klimawandel für das Auftreten individueller Klimaextreme verantwortlich ist. Der jüngst erschienene Bericht des Weltklimarates knüpft allerdings genau daran an.

29. November 2019: Teilnehmer einer Fridays-for-future-Demonstration ziehen über die Rampe hinter dem Arbeitsamt.
29. November 2019: Teilnehmer einer Fridays-for-future-Demonstration ziehen über die Rampe hinter dem Arbeitsamt. © Alex Talash

234 Expertinnen und Experten aus 66 Ländern bewerten darin die jüngsten Studien zum weltweiten Klimawandel und die Folgen der Erderwärmung – erstmals seit 2013. Das klare Ergebnis: Die Erwärmung des Planeten ist menschengemacht und schon in den Dreißigerjahren wird das Erwärmungslimit des Pariser Klimaabkommens (1,5 Grad) gerissen. Schon an den aktuellen Wetterveränderungen könne man sehen, dass Hitzewellen, Dürren und Starkregenereignisse weiter zunehmen werden.

Hagener Ortsgruppe beobachtet gespannt die Umfragewerte der Grünen

Svea Rosenbaum und die Bewegung erfahren durch die Veröffentlichung des Berichtes neuen Aufwind. Rund eineinhalb Jahre konnte die Bewegung coronabedingt nicht so präsent sein wie sie es gerne gewollt hätte. Nun aber wollen sie, sofern die Pandemie es zulässt, am 24. September zurück auf die Straße. „Die Bundestagswahl wird eine Klimawahl. Sie wird die Weichen stellen“, sagt Rosenbaum.

„Schaffen wir es überhaupt noch, das 1,5 Grad Ziel einzuhalten?“, fragt die 20-Jährige. Auch wenn die Bewegung sich nie politisch an der Seite einer bestimmten Partei gezeigt habe, beobachte man interessiert, wie es aktuell um die Umfrage-Ergebnisse der Grünen bestellt sei, von denen viele Bewegungsmitglieder sich den deutlichsten Schub zu mehr Klimaschutz erhoffen.

Durchsicht aller Wahlprogramme: Keine Partei verfüge über einen richtigen Klimaplan

„Nach Durchsicht aller Parteiprogramme muss man aber auch festhalten, dass keine Partei einen Plan hat, wie man das 1,5-Grad-Ziel erreichen kann“, sagt Rosenbaum. Und im politischen Hagen käme hinzu, dass es zahlreiche erarbeitete Konzepte gebe, von denen keines umgesetzt worden sei. Auch das Ausrufen des Klimanotstandes habe habe zu nicht wesentlichen politischen Veränderungen geführt.

Inwiefern man aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl glauben könne, sei aus Hagener Friday-for-future-Sicht aber fraglich. Das Jungwählerpotenzial sei bei dieser Wahl riesig. Doch während man in der Hochphase der Proteste vor Corona von 300.000 jungen Teilnehmern ausging, steht diesem Potenzial das Wahlrecht entgegen. In NRW dürfen 16- und 17-Jährige zwar bei Kommunalwahlen an die Urnen gehen, nicht aber bei Bundestagswahlen. Rosenbaum: „Alle Generationen sind von der Klimakrise betroffen. Wir wollen junge und alte Wähler mobilisieren.“

Die Bewegung schaffte es, in Hagen 2000 Schüler auf die Straße zu bringen.
Die Bewegung schaffte es, in Hagen 2000 Schüler auf die Straße zu bringen. © Michael Kleinrensing

Pandemie hat die Hagener Ortsgruppe in der Wahrnehmbarkeit eingeschränkt

Die Pandemie habe die Bewegung in ihrer Wahrnehmbarkeit möglicherweise ausgebremst, sagt Svea Rosenbaum. „Sie ist trotzdem noch da, auch hier in Hagen“, sagt die 20-Jährige. Die Ortsgruppe bestehe aktuell aus 15 bis 20 aktiv organisierenden Mitgliedern. Für den 24. September (Start um 14 Uhr vor dem Hagener Hauptbahnhof) erhoffen sich Rosenbaum und Co. wieder Tausende hinter sich zu haben. „Es gibt klimatechnisch kein einziges Jahr mehr zu verlieren“, sagt Svea Rosenbaum. Details zur Veranstaltung wird unsere Zeitung vor dem Termin noch veröffentlichen.