Breckerfeld. Die Breckerfelder Milchbauern sind sauer: Aldi sei nicht bereit, höhere Preise für die Milch zu zahlen. Der Discounter sieht das anders.

Die Breckerfelder Bauern sind es gewohnt, sich gegen Ungerechtigkeiten und für eine starke Landwirtschaft vor Ort einzusetzen. Dass sie sich nun wieder an die Öffentlichkeit wenden, unterstreicht nach Ansicht von Ortslandwirt Heiner Born nur, wie groß das Dilemma diesmal ist, in dem die Landwirte stecken. Weil der Discounter Aldi die für Frühjahr terminierten Preisverhandlungen ausgesetzt habe, drohten jetzt hohe Verluste. Der Discounter allerdings erklärt, dass diese Behauptung nicht zutreffe.

Bei Born und seinen Kollegen herrscht Frust: „Ich kann diese Lippenbekenntnisse aus den Landwirtschaftsministerien, durch die Politik und auch durch die Supermarkt-Ketten nicht mehr hören. Die Landwirte lässt man im Regen stehen.“

Trockenheit trifft Bauern drei Jahre lang

Dieser Regen fällt dieser Tage immer wieder mal vom Himmel. Und das ist eine der wenigen positiven Nachrichten, die das Jahr 2021 von den letzten dreien unterscheidet. Da war es über Monate so trocken wie in der Wüste Gobi. „Im ersten Jahr haben wir gedacht, dass es sich um eine Ausnahme handelt. Im zweiten dann waren wir uns sicher, dass uns diese Trockenheit kein drittes Mal treffen würde“, so Born.

Die Landwirte aber irrten. Und die Hitzesommer kamen sie teuer zu stehen. „Auf Feldern und Wiesen ist ja nichts so gewachsen, wie wir das gewohnt waren“, sagt Heiner Born, „viele mussten Unmengen an Futter zukaufen. Einige haben sich verschulden müssen.“

Immer neue Vorgaben für Landwirtschaft

Hinzu kamen neue Vorgaben, die die Landwirte trafen, die internationale Konkurrenz aber kalt lassen. „Die Düngeverordnung führt dazu, dass die Landwirte für neue Maschinen bis zu 120.000 Euro in die Hand nehmen müssen“, sagt Born. Hinzu kommen Investitionen in das Tierwohl, in neue Ställe, die viele Landwirte getätigt haben.

Vor diesem Hintergrund war bei den Landwirten die Hoffnung auf einen warmen Regen gewachsen. „Die Milchpreise auf dem internationalen Markt sind gestiegen. Wir haben uns zum ersten Mal seit Jahren Hoffnungen auf einen halbwegs auskömmlichen Abschluss gemacht“, so Born, „die Betriebe hätten einmal Luft zum Durchatmen bekommen.“ Fehlanzeige – denn die mit schöner Regelmäßigkeit terminierten Verhandlungen (im Frühjahr und im Herbst) fänden nun nicht statt. „Aldi ist der Vorreiter, alle anderen ziehen nach“, sagt Born. „Der Discounter missbraucht an dieser Stelle seine Markt-Macht.“

Die Sicht des Discounters

Breckerfeld: Proteste im Februar

Ortslandwirt Heiner Born und zahlreiche seiner Berufskollegen sind mit ihren Traktoren Anfang Februar vor dem Bundesumweltministerium in Bonn vorgefahren.

Die Bauern protestieren gegen das sogenannte Aktionsprogramm Insektenschutz der Regierung.

Das sieht man bei Aldi komplett anders. „Einerseits haben wir mit einigen Molkereien im Zuge der letzten Verhandlungsrunde mittelfristige Lieferverträge vereinbart. Die Preisfindung obliegt hierbei dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, beeinflusst von vielen weiteren Faktoren“, sagt Sprecherin Verena Lissek. „Mit weiteren Molkereien haben wir längerfristige Verträge vereinbart, in dessen Rahmen die Einkaufspreise von den aktuellen Rohstoffpreisen abhängen. Auf diese Weise können wir den Molkereien und den Landwirten langfristige Mengenabnahmen zusichern.“

Man woll dazu beitragen, dass weltmarktbedingte Rohstoffschwankungen nicht zu Lasten der deutschen Landwirte gehen. So wolle man einen Beitrag dazu leisten, die angespannte Situation weiter zu lösen. Aldi habe keinen Einfluss auf die Erzeugerpreise, den die Molkereien den Landwirten bezahlten. „Wo immer es möglich ist, beziehen wir schon heute Milch aus deutscher Herkunft, um die Wertschätzung für Produkte aus heimischer Landwirtschaft zu fördern“, so Verena Lissek.

Wenige Cent zeigen Effekt für Bauern

Aussagen, die Born so nicht teilt. Letztlich gehe es pro Liter nur um ein paar Cent. „Auf eine Milchtüte kommen vielleicht zehn Cent mehr als bislang, von denen wiederum nur die Hälfte tatsächlich bei uns ankommt“, so Heiner Born. „Aber wenn man bedenkt, dass eine Kuh rund 9500 Liter pro Jahr gibt und bei uns beispielsweise 85 Milchkühe im Stall stehen, dann sind das schnell zwischen 700 und 800 Euro mehr pro Monat.“ Wenn sich nichts ändere, so fürchtet Born, werde sich das Höfesterben weiter fortsetzen.