Breckerfeld. Klimawandel und anhaltende Hitze machen Bauern aus Breckerfeld zu schaffen. Viele bangen um ihre Existenz.
Es war das Wochenende des Bauernmarkts in Breckerfeld. Es war das Wochenende, an dem die Landwirte sich und ihre Arbeit präsentiert hätten und mit den Verbrauchern ins Gespräch gekommen wären. Der Bauernmarkt am letzten September-Wochenende ist in der Corona-Krise ausgefallen. Ein Austausch fand auf dem Marktplatz nicht statt. Dafür beantworten Ortslandwirt Ulrich Ferron und Heiner Born, Vorsitzender des landwirtschaftlichen Ortsvereins Breckerfeld, die Fragen der Leser und der Redaktion.
Angeblich klagen die Landwirte ja immer nur - was ist denn 2020 die positive Botschaft?
Heiner Born: Der Milchpreis ist zuletzt sehr stabil geblieben. Das muss man wirklich mal hervorheben. Über Jahre hinweg hat es da starke Schwankungen gegeben. Die Abstürze bis teilweise an die 20-Cent-Marke pro Liter heran haben uns immer wieder große Sorgen bereitet. Damit mussten wir uns zuletzt nicht mehr auseinandersetzen.
Womit denn dann?
Heiner Born: Der Klimawandel trifft uns hier mit voller Wucht. Auf unseren Feldern wächst nichts mehr. Drei Jahre lang sind wir deshalb jetzt schon gezwungen, Futter für unsere Milchkühe zuzukaufen. Das Geld, das wir dafür ausgeben mussten, hätten wir viel lieber in unsere Ställe und in Maschinen investiert.
Ulrich Ferron: In all den Jahren, in denen ich Landwirt bin, habe ich so etwas noch nicht erlebt. Ich kann mich noch an den Sommer 1976 erinnern. Da hat die Bundeswehr die Landwirte in Breckerfeld unterstützt und Heuballen zu uns gefahren. Aber drei Jahre Trockenheit hintereinander? Südlich der Mainlinie kennen die Landwirte diese Problematik nicht. Aber uns fehlen hier die Niederschläge. Die Nordwest-Wetterlagen, die wir hier früher hatten, die Wolken, die sich an den Hängen abgeregnet haben – das fehlt völlig. Dazu kommt auf der Höhe der ständige Wind, der die Böden austrocknet.
Hat die Hitze denn auch Einfluss auf die Tiere?
Heiner Born: Eine normale Milchkuh fühlt sich bei einer Temperatur von 5 Grad am wohlsten. Die andauernde Hitze bedeutet für die Tiere Stress. Wir versuchen dem mit Ventilatoren und Beregnungsanlagen im Stall entgegenzuwirken. Aber das kostet natürlich auch wieder Geld. Wenn sich aber die Tiere nicht wohlfühlen, beeinträchtigt das die Leistung.
Ulrich Ferron: Das erinnert schon an israelische Verhältnisse. Die Israelis gelten international als hervorragende Milchproduzenten. Aber sie müssen ihre Stallungen kühlen. Die Kosten hier sind für die Landwirte so hoch, weil sie bereit sind, in das Tierwohl zu investieren.
Heiner Born: Letztlich machen wir an jedem Tag Öffentlichkeitsarbeit. Die Menschen können sehen, wie es auf den Höfen zugeht und wie es den Tieren auf der Weide geht.
Also ist die Landwirtschaft trotz stabiler Preise nicht wirtschaftlich?
Heiner Born: Viele kommen mit einer schwarzen Null vielleicht gerade so über die Runden. Aber da sind die Abschreibungen für Investitionen noch nicht mitgerechnet.
Viele Landwirte haben auch Forstflächen – ist das ein Ausweg?
Heiner Born: Ich kenne hier in Breckerfeld keinen Bauern, der nicht auch Waldflächen besitzt. Der Wald galt jahrelang als Sparkasse der Landwirte. Aber auch das ist in der Klima-Krise vorbei.
Ulrich Ferron: Von den rund 2200 Hektar Waldfläche sind in Breckerfeld 800 Hektar Fichtenbestände. Die sind allesamt durch den Borkenkäfer betroffen. Auch Buchen leiden unter den klimatischen Verhältnissen.
Heiner Born: Vor der Krise gab es rund 100 Euro für einen Festmeter Fichtenholz, jetzt sind es – so man sein Holz überhaupt los wird – noch 30 Euro. Wenn man dann die Kosten für das Einschlagen gegenrechnet, bleibt zumindest an den Hanglagen kein Cent mehr übrig.
Ist es denn möglich, über die Zucht Gewinne zu erzielen?
Heiner Born: In der momentanen Situation: ein klares Nein. Es gibt für Kälber einfach keinen Markt. Es fehlt an Landwirten, die ihre Bestände ausbauen wollen. Der Kälbchenpreis liegt nur zwischen einem und acht Euro. Niemand züchtet mehr Jungvieh, das über den eigenen Bedarf hinausgeht. Die Fleischproduktion wandert zunehmend ins Ausland ab. Das ist schon ein perverses System: Da wird in Südamerika Regenwald abgeholzt, um Fleisch für den europäischen Markt zu produzieren, und hier wissen die Landwirte nicht, wie sie über die Runden kommen sollen.
Immerhin: Es gibt hier vor Ort die Idee eines Regional-Geschäftes. Kann ein solcher Laden helfen?
Uli Ferron: Das ist mit Sicherheit ein sehr guter Gedanke. Es kann helfen, die Wertschätzung für heimische Produkte zu steigern. Aber wirtschaftlich betrachtet ist das eine Nische. Ob es funktioniert, wird davon abhängen, ob sich genügend Menschen finden, die sich ehrenamtlich einbringen. Die Rettung für die Breckerfelder Landwirte kann ein solcher Laden aber nicht sein.
Wie können die Landwirte denn angesichts dieser düsteren Perspektiven überleben?
Ulrich Ferron: Eine Chance liegt darin, sich für andere Dinge zu öffnen. Ferien auf dem Bauernhof bieten eine Perspektive. Wir haben das riesige Ruhrgebiet mit Millionen von Menschen als Einzugsgebiet direkt vor der Tür. Wir müssen über den eigenen Kirchturm hinausblicken, und endlich die Möglichkeiten nutzen, die uns die Landschaft hier gibt.