Fley. Das Erbbegräbnis der Familie Vincke im Fleyer Wald verfällt. Dabei atmet dieser Ort Geschichte. Doch nun scheint Rettung in Sicht.

Wäre da nicht der hässliche Bauzaun, der das kreisrunde Vincke-Erbbegräbnis umgibt, würde das Bauwerk ein bisschen an Schloss Dornröschen erinnern. Verwunschen sieht es aus mit dem rissigen Mauerwerk, den von Efeu und Kriechpflanzen überwucherten Grabplatten, dem zwischen zwei mit Kapitellen bestückten Pfeilern stakenden Eisentor. „Das ist westfälische Geschichte, und das ist Hagener Geschichte“, sagt Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt und atmet tief die gute Luft im Fleyer Wald ein.

Doch es gibt nun einmal diesen Zaun, der das Denkmal vor Vandalen und Schmierfinken bewahren soll, es gibt die schnöden Dächer aus wetterfestem Holz, die auf der Mauerkrone hocken und das Gestein vor dem weiteren Eindringen von Regenwasser bewahren. Diese gemeinen Elemente der modernen Baukultur nehmen der Grablege jeden Zauber und schrecken die zahlreichen Spaziergänger davon ab, sich näher an diesen uralten Totenacker heranzupirschen. „Niemand würde meinen, dass es sich hier um ein Denkmal handelt und dass hier einige der wichtigsten Personen der Hagener Zeitgeschichte begraben liegen“, sagt Kohaupt.

Volkstümlicher Landesvater

Keine Frage, es gilt, das Vincke-Grab vor dem totalen Zerfall zu bewahren. In sechs Jahren wird die Begräbnisstätte 200 Jahre alt. 1827 ließ Ludwig von Vincke (1774 bis 1844) sie etwa 700 Meter entfernt vom Familienbesitz – dem Haus Busch – errichten. Der Freiherr war preußischer Oberpräsident der Provinz Westfalen, baute eine moderne Verwaltung auf, ließ Straßen herrichten, die Ruhr schiffbar machen und den Duisburger Hafen, heute der größte Binnenhafen der Welt, ausbauen.

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Ihm zu Ehren wurde der Vincke-Turm neben der Hohensyburg errichtet. Außerdem tragen heute eine Straße in Altenhagen sowie die Grundschule in Boele den Namen des adeligen Verwaltungsreformers. „Sein Charakter und die Ausstrahlung sorgten bereits zu Lebens- und Amtszeit für einen volkstümlichen Nimbus als Landesvater“, sagt Dr. Ralf Blank, Leiter des Stadtarchivs und der historischen Museen in Hagen.

Legendäres Pistolenduell

Auch Vinckes Sohn Georg (1811 bis 1875), der ebenfalls in der runden Anlage mit einem Durchmesser von 25 Metern bestattet wurde, war im 19. Jahrhundert eine Berühmtheit – nicht weil er Landrat des Kreises Hagen war, sondern als Politiker in Berlin zeitweise der führende Kontrahent Otto von Bismarcks, mit dem er sich im Jahr 1852 am Tegeler See ein legendäres Pistolenduell, bei dem sich beide gegenseitig verfehlten, lieferte.

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Nicht auszudenken, er hätte Bismarck seinerzeit erschossen – die Geschichte Deutschlands wäre womöglich anders verlaufen. „Sein Pistolen-Duell mit dem späteren Reichskanzler Bismarck bildet die Ausgangsbasis für vielfältige Legenden und Deutungen“, bestätigt Blank: „Tatsächlich verband Bismarck und Vincke eine lange und in zahlreichen parlamentarischen Reden ausgefochtene Abneigung bis hin zur Feindschaft.“

Gelegentliche Gartenarbeiten

Wer aus der Vincke-Sippe wo auf dem Areal sein Grab hat, ist allerdings aufgrund der von Efeu überwucherten Grabplatten nicht festzustellen. Der Stadt Hagen fehlen seit Jahren die finanziellen Mittel, um den Niedergang der Ruhestätte aufzuhalten. So bleibt es derzeit bei gelegentlichen Gartenarbeiten durch den Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH). Ab und zu wird das Laub zusammengefegt, das wuchernde Grünzeug zurückgeschnitten und gemessen, ob und wie stark sich die Umfassungsmauer bewegt hat. „Dabei handelt es sich um ein bedeutendes Denkmal von erinnerungskultureller Bedeutung weit über Hagen hinaus“, so Blank.

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Nachdem sich auch die Bezirksvertretung Nord und der inzwischen nicht mehr existente Verein „Schöneres Fley-Helfe“ jahrelang vergeblich um eine Sanierung des Denkmals bemüht hatte, scheint nun endlich Bewegung in die Bemühungen um die Bewahrung dieser historischen Stätte zu kommen.

Für 330.000 Euro soll das Vincke-Grab saniert werden. 160.000 Euro bringt der WBH aus Eigenmitteln auf, die restliche Summe stammt aus diversen Fördertöpfen des Denkmalschutzes. „Für alle, die im Fleyer Wald spazieren gehen, ist dies ein Anlaufpunkt, um sich die Geschichte unserer Stadt zu vergegenwärtigen“, sagt Bezirksbürgermeister Kohaupt.

Er hofft, dass die Sanierung noch im Sommer dieses Jahres angegangen wird.