Hagen. Nach dem Hitzesommer 2019 gab es in Hagen den Vorstoß, öffentliche Trinkwasserstellen für die Bürger einzurichten. Seitdem ist nichts geschehen.
Die Idee, in Hagen eine öffentliche Trinkwasserstelle einzurichten, an der sich durstige Bürger bei Gluthitze und Trockenheit erfrischen können, ist mindestens eineinhalb Jahre alt. Doch trotz entsprechender Anträge und Initiativen ist die Stadtverwaltung mit der Installierung eines Brunnens nicht wirklich vorangekommen. Diese Untätigkeit nahmen Politiker in der Bezirksvertretung Nord zum Anlass, mit dem Phlegma im Rathaus einmal grundsätzlich abzurechnen: „Keiner weiß etwas und niemand ist zuständig. Auf Dauer ist das nicht zu ertragen“, schimpfte der erboste SPD-Fraktionschef Günter Mosch.
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Mosch selbst war es gewesen, der 2019 die Installation einer frei zugänglichen Trinkwasserstelle an einem zentralen Ort im Hagener Norden vorgeschlagen hatte: „An heißen Tagen ist es vor allem für Senioren wichtig, ausreichend Wasser zu sich zu nehmen. An einem öffentlichen Trinkwasserspender könnten sie ihren Durst löschen oder sich abkühlen.“ In der Bezirksvertretung Eilpe hatte sein Parteifreund Eckhard Jobst einen ähnlich lautenden Vorschlag eingebracht.
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In den vergangen Sommern herrschten in Hagen „südliche Temperaturen“
In den vergangenen Jahren herrschten bekanntlich auch hierzulande „südliche“ Temperaturen. In Hagen wurde am 25. Juli 2019 erstmals die 40-Grad-Marke überschritten, die Zunahme der heißen Tage hat sich seit den 50er-Jahren verdoppelt. Der Hagener Wetterexperte Bastian Rissling listet eine Zunahme von Hitzewellen auf: „2018 war der zweittrockenste und zweitheißeste Sommer in Hagen, 2019 folgte in beiden Kategorien auf Rang drei und vier.“ Der Sommer 2020 lag von den Temperaturen her auf Rang 19, bei der Trockenheit auf Rang sechs.
Beim heimischen Energieversorger stößt der Vorschlag auf Sympathie
In Hamburg gibt es Trinkwassersäulen, die jeweils über eine automatische Spülvorrichtung verfügen und auch bei geringer Nutzung und Temperaturen über 30 Grad immer für erfrischend kühles und vor allem qualitativ einwandfreies Trinkwasser aus dem Hahn sorgen. Auch in Bremen wurden mehrere Wasserzapfstellen, aus denen es per Knopfdruck sprudelt, in Betrieb genommen. „Und in südlichen Ländern sind Trinkwasserbrunnen ja noch viel weiter verbreitet“, sagt Mosch.
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Beim heimischen Wasserversorger Mark-E, der die Hasper Talsperre und das Wasserwerk Hengstey betreibt, stößt der Vorstoß ebenfalls auf Sympathie. „Wir halten es grundsätzlich für eine gute Idee, Trinkwasser öffentlich zugänglich zu machen“, sagte Unternehmenssprecher Andreas Köster.
Rahmenbedingungen und hygienische Voraussetzungen müssen geprüft werden
Schließlich sei Wasser das am besten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland, auch in Hagen könne man eine hohe Qualität garantieren: „Warum also sollten wir es im Sommer nicht öffentlich anbieten?“ Wenn man den Umwelt- und Klimaschutz weiterdenke, dann sei ja gerade das Hagener Wasser angesichts der besonders kurzen Wege, auf denen es geliefert werden könne, eine ideale Wahl: „Wir haben eine gute Kohlendioxid-Bilanz – anders als die Mineralwassersorten, die vor dem Verkauf hunderte von Kilometern durch die Gegend gefahren werden.“
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Bevor eine öffentliche Trinkwasserstelle in Hagen realisiert werde, müssten natürlich die Rahmenbedingungen, etwa die hygienischen Voraussetzungen, geklärt werden. Aber die seien sicherlich kein Hindernis, so Köster: „Bislang ist mit diesem Ansinnen allerdings niemand an uns herangetreten.“
Saisonaler Betrieb denkbar, Betreiber bleibt allerdings noch unklar
Die Stadt Hagen erklärte auf Anfrage unserer Zeitung, sie führe aktuell Gespräche, um zu prüfen, wer der Betreiber einer solchen Anlage in Hagen sein könnte. Erfahrungen von anderen Kommunen zeigten, dass Trinkwasserbrunnen im Dauerbetrieb und saisonal betrieben werden sollten, so Stadtsprecherin Clara Treude: „Betreiber könnten sowohl Kommunen als auch Wasserversorger sein.“
Mit Allgemeinplätzen will sich die Politik nicht länger abspeisen lassen. Heinz-Dieter Kohaupt, Bezirksbürgermeister im Hagener Norden, warf den Verantwortlichen im Rathaus vor, Hagen zu Tode zu verwalten statt zu gestalten: „Viele andere Städte haben längst auf das extreme Klima reagiert. Nur wir nicht.“ Er kündigte an, sich jetzt direkt mit Oberbürgermeister Erik O. Schulz in Verbindung zu setzen: „Es muss mal einer den Hut aufsetzen, damit es vorangeht.“ Denn der nächste Dürresommer kommt.