Hagen. Das Arbeitsgericht Hagen hat den Betriebsrat beim Möbel-Discounter Poco abgesetzt – die Hintergründe zu einem ungewöhnlichen Urteil.

Das ist ein wirklich ungewöhnlicher Vorgang: Die 5. Kammer des Arbeitsgerichts hat gestern den Betriebsrat des Möbeldiscounters Poco für aufgelöst erklärt. Begründung: Die Arbeitnehmervertretung habe ihre gesetzlichen Pflichten grob verletzt (Az. 5 BV 1/20).

Der Antrag, den eigenen Betriebsrat gerichtlich abzusetzen, kam von einem großen Teil der Hagener Poco-Belegschaft. Ursprünglich hatten ihn 36 Mitarbeiter (von gut 60 Mitarbeitern) unterstützt. Vier Beschäftigte sind zwischenzeitlich dort ausgeschieden. Das Hauptargument der restlichen Antragsteller: Der von ihnen gewählte Betriebrat vertrete nicht ihre Interessen. Ganz im Gegenteil: Das fünfköpfige Gremium würde sich weigern, mit dem Arbeitgeber zusammenzuarbeiten, was zu einer Gefährdung von Arbeitsplätzen führe.

Betriebsräte nur an zwei Standorten

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Zu dem in Bergkamen ansässigen Möbel-Unternehmen gehören 125 Einrichtungsmärkte in ganz Deutschland, mit rund 8000 Beschäftigten. Doch an nur zwei Standorten, in Iserlohn und Hagen, gibt es bislang gewählte Betriebsräte. Für die Gewerkschaft Verdi ist offensichtlich: Poco setze alles daran, die gewählten Arbeitnehmervertreter wieder los zu werden. So sei es der Geschäftsleitung in Hagen gelungen, „einen Keil in die Belegschaft zu treiben“, zeigt sich die zuständige Gewerkschaftssekretärin Monica Grothe überzeugt.

Das sahen die Antragsteller vor Gericht jedoch ganz anders: Obwohl der Betriebsrat bereits seit Februar 2019 im Amt sei, hätte bis heute keine ordentliche Betriebsversammlung bei Poco in Vorhalle stattgefunden. Zudem sei eine Arbeitnehmerbeschwerde, die sich gegen ein Betriebsratsmitglied gerichtet habe, vom Betriebrat strikt „nicht behandelt worden“.

Kammer wirft Betriebsrat grobe Pflichtverletzung vor

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Insbesondere darauf stützte die Kammer ihren Beschluss, dem Gremium eine grobe Pflichtverletzung vorzuwerfen: „Der Betriebsrat hätte der Beschwerde nachgehen müssen“, begründete Richter Michael Seidel, „um für Klarheit und Beruhigung in der Belegschaft zu sorgen.“