Vorhalle. Trotz konjunktureller Einbrüche hat die Firma Bechem in Hagen die Pandemie relativ glimpflich überstanden. Führungskräfte bekommen weniger Geld.

Carl Bechem, der Firmengründer, war sein Ur-ur-ur-Großvater. Er gehörte zu jener Reihe innovativer und mutiger Unternehmer, denen Hagen im 19. Jahrhundert seinen Aufstieg zur Industriestadt verdankte. Doch auf jenen Lorbeeren kann sich Christoph Hundertmark (40), der das Unternehmen Firma Bechem in der sechsten Generation leitet, nicht ausruhen: „Jede Zeit muss sich dem Wandel stellen. Und diese stetige Veränderung leben wir. Sonst hätten wir nicht durchgehalten seit 1834.“

Wandel, Veränderung, Weiterentwicklung sind die Beschwörungsformeln, mit denen eine der ältesten noch existierenden Unternehmen in Hagen sich selbst definiert. Und das mag dem Unternehmen geholfen haben, trotz konjunktureller Einbrüche die Corona-Monate bislang relativ glimpflich überstanden zu haben. „Wir wollen in der Krise die Grundlage dafür schaffen, nach der Krise wieder voll angreifen zu können“, sagt Hundertmark: „Bei den Spezialschmierstoffen wollen wir in fünf Jahren zu den Top 3 auf der Welt gehören.“

Vier Mitarbeiter bilden Krisenstab

Bechem reagierte unverzüglich auf die Gefahr durch das Virus. Bereits im März wurde ein aus vier Mitarbeitern bestehender Krisenstab eingerichtet, der bis heute täglich zusammentritt, um auf eine veränderte Corona-Lage umgehend reagieren zu können. Die Hälfte des Personals (am Hauptsitz in Vorhalle arbeiten 250 Menschen) wurde ins Homeoffice geschickt, ein großer Teil der Belegschaft befindet sich in Kurzarbeit oder übt Lohnverzicht.

Bechem-Geschäftsführer Christoph Hundertmark vor einem Amaturenprüfstand.
Bechem-Geschäftsführer Christoph Hundertmark vor einem Amaturenprüfstand. © WP | Michael Kleinrensing

Für die Führungskräfte bedeutet das 12,5 Prozent weniger Gehalt – auf freiwilliger Basis, wie Hundertmark betont: „Es hat keinen Widerspruch gegeben. Die Belegschaft ist in der Krise noch einmal enger zusammengerückt.“

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Die rückläufige Auftragslage zwingt zum Sparen, aber die Geschäftsführung greift dabei nicht zum Rasiermesser. Die Verwirklichung eines neuen IT-Systems – ein millionenschweres Projekt, das sich über mehrere Jahre zieht – wird nicht angetastet.

Große Forschungsabteilung

Die Forschungsabteilung, in der Chemiker, Laboranten, Maschinenbauer und Ingenieure ständig an der Entwicklung neuer Schmierstoffe tüfteln, bleibt von Kürzungen weitgehend verschont.

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Dafür hat sich an anderer Stelle Sparpotenzial quasi von allein ergeben: Die Zahl der Dienstreisen ist stark gesunken, Webinare und Online-Konferenzen ersetzen die analogen Schulungen und Fortbildungen. Über die neu gegründete Bechem Academy, ein neu entwickeltes Online-Trainingsangebot auf Basis von Meeting- und Seminar-Software, schult das Unternehmen seine Angestellten, aber auch die Mitarbeiter von Partnerfirmen und Kunden weltweit. „Der Bedarf an Schulungen ist exponentiell gestiegen“, weiß Marketingleiter Kai-Uwe Vieweg zu berichten: „Bei unseren Online-Seminaren verzeichnen wir bis zu 80 Teilnehmer.“

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Bechem gehört zu den „hidden champions“, den heimlichen Weltmarktführern in Hagen. Und obwohl die Produkte aus den Laboren und Fabrikationshallen an der Weststraße kaum jemand jemals zu Gesicht bekommt, so werden wir im Alltag ständig mit ihnen konfrontiert.

Reibungslos und geräuscharm

Im Auto und im Haushalt sorgen Schmierstoffe aus Hagen dafür, dass mechanische Vorrichtungen reibungslos und geräuscharm funktionieren. Und diese Schmierstoffe – Fette, Öle, Pasten, Dispersionen, Emulsionen und mehr – werden von Bechem entwickelt und hergestellt. „Wobei wir uns auf Nischenprodukte, auf Spezialschmierstoffe konzentrieren“, betont Hundertmark, der den Markt stets im Auge behält, um potenziell neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Lange Geschichte

Carl Bechem (1806 bis 1891) zog 1828 von Wuppertal nach Hagen und gründete sechs Jahre später die erste deutsche Ölfabrik, die noch heute nach ihm benannte Firma Bechem.

Bechem hat weltweit rund 670 Mitarbeiter. Tochterunternehmen gibt es in China, Frankreich, Indien, Mexiko, in der Schweiz und den USA.

Denn der stetige Wandel ist bei Bechem Unternehmensstrategie. Die schnelle Anpassung an sich verändernde Marktbedingungen haben die Firma erfolgreich wachsen lassen in jenen langen 186 Jahren, seitdem der legendäre Ur-ur-ur-Großvater die erste Schmierstofffabrik in Deutschland gründete.