Boele. Die Waste Watcher haben in Boele einen illegal entsorgten Müllbeutel mit verräterischem Inhalt entdeckt. Nun soll eine 86-jährige Seniorin zahlen.
Hat man so etwas jemals gehört? Das Ordnungsamt der Stadt Hagen hat ein Bußgeldverfahren gegen eine 86-jährige Dame aus Boele eröffnet, weil sie ihren Müll neben den Containern auf dem Boeler Marktplatz abgelegt haben soll.
Als die städtischen Beamten erfahren, dass die Frau im Rollstuhl sitzt und gar nicht dazu in der Lage ist, ihren Abfall selbst zu entsorgen, verlangen sie, dass sie „einen Verursacher mit ladungsfähiger Anschrift“ benennen soll. Für den Sohn der Frau, die fünf Kinder groß gezogen und sich ihr Leben lang nichts hat zuschulden kommen lassen, ist das Maß voll. „Ich finde es unverschämt, meiner alten Mutter in dieser Weise die Pistole auf die Brust zu setzen“, sagt Reinhold Urban.
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Es ist eine dieser Geschichten, von denen es inzwischen, seitdem die Waste watcher unterwegs sind, um Müllsünder ausfindig zu machen, mehrere gibt. Und man kann den Mülldetektiven, die von der Stadtverwaltung und vom Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) ausgesandt werden, auch keinen Vorwurf machen. Sie entdeckten Mitte Juli vor den Containern auf dem Boeler Marktplatz einen Abfallbeutel, den jemand dort achtlos entsorgt hatte. Darin befanden sich Unterlagen, die auf Marianne Urban (86) aus der Knüwenstraße hinwiesen.
Bußgeldverfahren eröffnet
Und so nahmen die Dinge ihren Gang. Das Ordnungsamt eröffnete ein Bußgeldverfahren gegen die alte Dame und schickte ihr einen Anhörungsbogen. Sie schrieb zurück, dass sie im Rollstuhl sitze und in ihrer Wohnung im siebten Stock von einem Betreuungsdienst versorgt werde: „Ich bin nicht in der Lage, nach Boele auf den Marktplatz zu gehen.“ An besagtem Abend habe ihr Sohn Roland den Müllbeutel mitgenommen, um ihn im Container vor dem Mehrfamilienhaus in der Knüwenstraße zu entsorgen: „Ich habe keine Erklärung dafür, wie der Müll auf den Boeler Marktplatz gekommen ist.“
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Doch anstatt sich nun an den Sohn oder dessen Bruder zu wenden, die ihre Mutter regelmäßig besuchen, tat der diensthabende Mitarbeiter im Rathaus den Hinweis auf den Sohn als „Vermutung“ ab und schrieb der Seniorin, sie selbst sei für die ordnungsgemäße Entsorgung ihrer Abfälle verantwortlich und könne nicht entlastet werden: „Ich gebe Ihnen letztmalig Gelegenheit, mir bis zum 31. August den Verursacher zu nennen. Andernfalls wird der Bußgeldbescheid gegen Sie erlassen.“
Sohn empört über Tonfall
Man kann sich vorstellen, dass ein solcher Tonfall eine unbescholtene alte Dame in nicht geringe Aufregung versetzt. Reinhold Urban (64) ist denn auch empört, dass die Stadtverwaltung seiner Mutter derart zusetzt: „Sie ist immer eine rechtschaffene Frau gewesen.“
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Er oder sein Bruder hätten den Müllbeutel ganz gewiss nicht zum Marktplatz getragen: „Das wäre ja auch Schwachsinn.“ Zum einen gebe es ja die vor dem Wohnhaus stehenden Container, in die sie stets den Abfall aus dem Haushalt der Mutter werfen würden, zum anderen führe ihr Heimweg nach dem Besuch bei der Mutter nicht am Marktplatz vorbei.
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Warum die Waste watcher den Beutel am nächsten Tag trotzdem auf dem Marktplatz entdeckten, kann sich Reinhold Urban nicht erklären. Niemand kann das nach derzeitigem Stand. Die Stadtverwaltung sagt, wenn jemand glaubhaft darlegen könne, dass er den Müll nicht illegal entsorgt habe, dann werde das Verfahren eingestellt. Aber jeder Einzelfall müsse geprüft werden.
Im Fall von Marianne Urban hat das Ordnungsamt die Prüfung noch nicht abgeschlossen.