Boele. Mitte Februar bringt Stefanie Hamel ihr Altpapier weg. Wenig später erhält sie einen dicken Bußgeldbescheid von den „Waste Watchern“

Sie sei eigentlich ein gewissenhafter Mensch, sagt Stefanie Hamel, und sie erziehe auch ihr Kind in diesem Sinne. Und gewissenhaft habe sie an jenem 12. Februar auch ihren Papierabfall zum Containerstandort auf dem Boeler Marktplatz gebracht und die Tüte mit dem Altpapier in einen der Behälter gestopft: „Der Container war schon ziemlich voll, aber mit Drücken und Quetschen passte mein Müll noch hinein.“Sie kann sich deshalb noch so genau an diesen Vorgang erinnern und sogar an die ungefähre Zeit, zu der sie den Abfall in den Container stopfte, erinnern, weil sie sich auf dem Weg zu ihrem Schwiegervater befand und die Gelegenheit nutzen wollte, ihren Papiermüll loszuwerden. Umso größer war ihre Verblüffung, ja Wut, als sie neulich ein Schreiben der Stadt Hagen in ihrem Briefkasten vorfand.

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Darin ein amtlicher Bescheid über eine „Verunreinigung durch Liegenlassen von Abfällen unbedeutender Art“, versehen mit einem Bußgeld in Höhe von 158 Euro. Stefanie Hamel wäre fast vom Stuhl gefallen. Sie habe ihren Abfall nicht wie vorgeschrieben entsorgt, sondern einfach auf dem Boden vor den Containern abgestellt. So in etwa lautet der Reim, den sich zwei „Waste Watcher“ machten, als sie die Tüte fanden, den Inhalt untersuchten und anhand der Notizen und Adressen schnell herausbekamen, dass der Müll wohl von Stefanie Hamel stammte.

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Bußgeld aus Sicht von Stefanie Hamel einfach „unverschämt“

Verstöße wie diese können ein Verwarngeld ab 55 Euro bis hin zu hohen Bußgeldern im mittleren dreistelligen Bereich nach sich ziehen. „Zu dem Bußgeld für die Ordnungswidrigkeit kommen eine Verwaltungsgebühr, Entsorgungskosten für den Müll sowie Auslagen für die Zustellung hinzu“, erläutert Clara Berwe, Sprecherin der Stadt Hagen. So entsteht, wie in diesem Fall, eine Strafe von 160 Euro.

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Was aber ist, wenn die Besitzerin des Abfalls gar nicht verantwortlich ist für die illegale Müllentsorgung? Wenn jemand anderes die Tüte von Stefanie Hamel wieder aus dem Container herausgezogen hat, um Platz für seinen eigenen Abfall zu schaffen? Die Mutter aus Boele, die als Integrationskraft tätig ist, lehnt die Zahlung des Bußgeldes jedenfalls kategorisch ab. Eine Strafe von zehn oder 20 Euro hätte sie vielleicht zähneknirschend akzeptiert und sich nicht den nun vor ihr liegenden Papier- und Nervenkrieg zugemutet, sagt sie: „Aber ein Bußgeld in dieser Höhe ist einfach unverschämt.“

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Für zu schnelles Fahren zahle man weniger als für illegales Entsorgen

Sie gehöre gewiss nicht zu den Menschen, die ständig nörgelten und über den Staat und die Politik schimpfen würden: „Aber in diesem Fall muss ich der Stadtverwaltung einfach den Vorwurf machen, den betroffenen Bürgern doch bitte schön zunächst Gelegenheit zur Aufklärung des Sachverhalts zu geben statt sofort eine solche Strafe zu verhängen.“

Für zu schnelles Fahren zahle man ja weniger Strafe als für das Abstellen einer Papiertüte, sieht sie auch die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewährleistet.

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Tatsächlich besitzt Hagen mit den „Waste Watchern“ eine Vorreiterfunktion in Deutschland, nur wenige andere Städte – etwa Hamburg und Pforzheim – schicken ebenfalls Müll-Sheriffs auf die Straßen. Um die Verursacher ihres Einsatzes ausfindig zu machen, öffnen die Waste Watcher auch Müllsäcke, um darin nach Hinweisen wie Krankmeldungen, Kontoauszügen oder Adressaufklebern zu fahnden.