Lennetal. Gewerkschaft und Management des Unternehmens bringt die Corona-Krise näher zueinander. Der Umgang sei lobenswert.

Für gewöhnlich rappelt es richtig, wenn Gewerkschaften sich zu Stellenstreichungen äußern. Der Fall C.D. Wälzholz, wo man am Mittwoch bekannt gab, dass man sich corona-bedingt von zehn Prozent der Belegschaft trennen muss (wir berichteten), ist anders. Und er steht damit repräsentativ für den gewerkschaftlichen Blick auf den Kampf eines ganzen Industriezweigs, der durch Corona unter der schlechten Auftragslage in der Automobilindustrie leidet.

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Weltmarktführer Wälzholz, Hersteller von kaltgewalzten und wärmebehandelten Stahlbändern mit Werken in Deutschland, USA, Brasilien, China, Österreich und Italien, muss seine Belegschaft der stark eingebrochenen Auftragslage anpassen, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Alle Prognosen besagen, dass die Automobilproduktion noch bis zum Jahr 2023 das Vor-Corona-Niveau nicht wieder erreichen wird. In Deutschland, so heißt es bei Wälzholz, wolle man die Produktion und Entwicklung künftig nur noch mit 1500 Kollegen stemmen.

Jens Mütze ist erster Bevollmächtigter der IG Metall in Hagen.
Jens Mütze ist erster Bevollmächtigter der IG Metall in Hagen. © Michael Kleinrensing

Kaltwalzindustrie an der gesamten Lenneschiene hat es hart erwischt

„Die Kaltwalzindustrie hat es hart erwischt“, sagt Jens Mütze, der erste Bevollmächtigte der IG Metall in Hagen. „Wenn man in der Kaltwalzindustrie angestellt ist, hat man einen sicheren Arbeitsplatz. Das wird auch in Zukunft so bleiben“, sagt Mütze. „Darüber hinaus hat jedes Unternehmen aber durch die Corona-Krise andere Herausforderungen, so wie das bei Wälzholz der Fall ist. Ich kann aus gewerkschaftlicher Sicht nur sagen, dass der Umgang mit den Mitarbeitern dort sehr gut bislang gelaufen ist. Auch wenn jeder Arbeitsplatz, den man verliert, natürlich einer zu viel ist.“

Früh auf Betriebsrat zugegangen und Gespräche mit Kollegen gesucht

Für Mütze und die IG Metall mache es einen Unterschied, ob Unternehmen Menschen auf die Straße setzen würden, um noch mehr Rendite aus dem Geschäft zu pressen oder ob sie notgedrungen ihre Belegschaft anpassen müssten wegen einer Krise, die sie trotz gutem Managements nicht zu verschulden hätten. „Wälzholz ist sehr früh auf den Betriebsrat und auf uns zugekommen und wir haben alle über einen Sozialplan und Interessenausgleich gute Lösungen gefunden. Und klar ist auch: Bei Wälzholz hat es bislang keine betriebsbedingte Kündigung gegeben. Man hat fair mit Kollegen gesprochen, die der Rente nah sind oder die freiwillig ausscheiden möchten. Wenn es nur um Profit gehen würde, würden Sie ganz andere Sätze von mir hören. Dann hätte das Unternehmen die Pflicht, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. Aber das ist hier einfach nicht der Fall.“

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Alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um Trennungen zu vermeiden

Wälzholz habe zuvor sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft, um Trennungen von Mitarbeitern zu vermeiden. Dazu würden das Abfeiern von Resturlaub, die Leerung von Stundenkontos, Kurzarbeit gehören und das Auslaufen von Befristungen gehören.

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Mütze erwähnt in diesem Zusammenhang auch den corona-bedingten Solidar-Tarifvertrag, den Gewerkschaften und Industrie geschlossen hätten, um der speziellen Situation gerecht zu werden. Zwei wesentliche Punkte: Die Jahressonderzahlung kann durch zwölf geteilt und auf die einzelnen Monate verrechnet werden.

Solidartopf in den Betrieben eingerichtet: 350 Euro für jeden Beschäftigten

Und: In den Betrieben wird ein Solidartopf eingerichtet, in den die Arbeitgeber 350 Euro für jeden Beschäftigten einzahlen. Das Geld kann für Härtefälle im Betrieb verwendet werden. Wo Kurzarbeitergeld aufgestockt wird, kann der Arbeitgeber die 350 Euro verrechnen.