Hagen. Die Unternehmer Toni Junius und Hennig Kreke schreiben den OB-Kandidaten ins Stammbuch, worauf es auf dem Terrain der Wirtschaft ankommt.
Mit C.D.-Waelzholz-Chef Toni Junius und dem Douglas-Aufsichtsratsvorsitzenden Henning Kreke formulierten als „Vorgruppe“, wie WP-Chefredakteur Jost Lübben durchaus selbstironisch dieses Wahlarena-Entree im Interview-Format titulierte, zwei echte Schwergewichte der heimischen Wirtschaft ihre klaren Erwartungshaltungen an die Kommune.
Hagen hat auch Stärken
Von Vorteil sei an dem Standort Hagen, so die Einschätzung von Waelzholz-Chef Toni Junius, die Mitarbeiterakquise, weil es in der Region keine Vollbeschäftigung gebe.
Zudem verfüge die Stadt über eine Vielfalt an Bildungsmöglichkeiten, nennt der Unternehmer beispielhaft Institutionen wie SIHK, Fachhochschule und Fernuni, die über qualitätsvolle und vor allem für Betriebe passgenaue Angebote verfügten.
„Aus meiner Funktion bei Waelzholz heraus muss ich einige Punkte nennen, die verbesserungswürdig sind“, sieht Junius die Stadt sogar schlechter als die Bürger, die der Stadt im Rahmen des WP-Heimatchecks zumindest ein schwaches „befriedigend“ attestiert hatten. Dabei blickte Junius, trotz aller regionaler Verwurzelung seines Betriebes, mit der internationalen Brille auf Hagen: „Da gibt es Nachteile“, verwies er auf hohe Gewerbesteuern und Abgaben sowie eine mangelhafte Geschwindigkeit bei der Bearbeitung von Anliegen.
Junius fordert Standort-Akzente
„Hier muss man die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Hagen stärken“, erinnerte Junius beispielhaft an die florierende Entwicklung auf der Phoenix-Brache in Dortmund. „Da sind offensichtlich Anreize da, auf einer Industriebrache etwas Neues zu schaffen. Und solch eine Chance muss Hagen ebenfalls finden, um Neuansiedlungen zu ermöglichen oder Raum für Erweiterungen zu schaffen. Da muss Hagen, trotz der finanziellen Situation, Akzente setzen. Im internationalen Wettbewerb sind wir da einfach schlecht.“
Dazu gehöre auch die Lösung von Verkehrsproblemen, beispielsweise die Verbesserung des Straßenzustandes, um den Lkw-Abfluss zu verbessern. Weitere wesentliche Faktoren seien die perfekte digitale Anbindung und eine verlässliche Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Konditionen. Hier könne die Stadt durch ein besseres Industrieverständnis den Betrieben eine Perspektive geben.
Als Anforderungsprofil an den künftigen Oberbürgermeister in puncto Führungsqualitäten formulierte Junius die Maxime: „A leader needs followers – wer eine Verwaltung führt, muss in der Lage sein, diese Mitarbeiter zu gewinnen und den Weg und die wesentlichen Ziele klar zu skizzieren, den diese dann auch verfolgen.“ Daher müssten sich die Kandidaten auch fragen, ob sie es schaffen, dass die komplette Stadtverwaltung hinter ihnen stehe und dann auch marschiere. „Diese Führungsfähigkeit ist besonders gefordert.“
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Douglas-Aufsichtsratschef Kreke erteilt abseits seiner Unternehmer-Funktion als Hagener Familienvater dem Standort immerhin noch die Note 2-, trotz aller Sauberkeitsprobleme und der gefühlten Sicherheitssorgen. „Im Großen und Ganzen leben wir hier aber wirklich gerne. Man muss schon sehen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis in Hagen sensationell ist“, verwies der Hasper vorzugsweise auf die günstige Wohnraumsituation, auch wenn er deutliches Verbesserungspotenzial sieht. Deutlich kritischer blickte Kreke auf den Wirtschaftsstandort Hagen und erinnerte wie Junius an den Negativ-Dreiklang hohe Gewerbesteuern, Gewerbeflächen-Mangel und hohe Arbeitslosigkeit: „Hagen muss hier besser werden.“ Die Stadt müsse sich Gedanken machen, wo sie in zehn Jahren stehen möchte und entsprechende Weichen stellen.
Kreke fordert bessere Erreichbarkeit des Handels
Das gelte auch für den Handel in der Innenstadt, dem im Rahmen des Heimatchecks der Charme der 70er- und 80er-Jahre attestiert wurde. „Der Handel braucht bessere Erreichbarkeit“, forderte Kreke nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Corona-Krise, die den Online-Einkaufskanal deutlich gestärkt habe. In den vergangenen sechs Monaten habe die dortige Entwicklung quasi einen Zehn-Jahres-Sprung gemacht, der auch nicht mehr rückholbar sei. „Die Kunden mögen nun einmal beide Einkaufskanäle, zumal sie gemerkt haben: Das funktioniert sogar. Der stationäre Handel muss sich also revolutionieren, um den Kunden überhaupt wieder einen Anlass zu geben, um dort hinzukommen.“ Dazu sei Erreichbarkeit der Schlüssel, zumal der größte Konkurrent jetzt die Lieferung nach Hause sei.
„Hinzu kommt der Dreiklang: hell, sauber, freundlich“, musste auch Kreke konstatieren, dass Hagen da in den 70er-Jahren steckengeblieben sei.
Außerdem verfüge die City mit zwei Einkaufsgalerien über ein Überangebot, das nicht nur zu zwei halbgefüllten Shopping-Malls, sondern auch zu einer zunehmend leeren Elberfelder Straße geführt habe. „Das wird sehr schwer, die alle wieder mit Handelskonzepten zu befüllen. Daher muss investiert werden – da sind auch die Hausbesitzer gefordert –, aber auch das Stadtmarketing muss hier das Notwendige leisten, um wieder positive Impulse für die Hagener Händler zu setzen,“ so Henning Kreke.