Hagen. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Hagen ist so angespannt wie selten zuvor. Der Grund ist nicht nur die Corona-Krise.
Einmal im Monat legt die Agentur für Arbeit ihre Zahlen vor. Ende Juli ist es an der Zeit, eine Halbjahresbilanz zu ziehen. Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung, tut das. Aber diese Bilanz, sie fällt in jenem Jahr, in dem die Corona-Krise die Welt im Griff hat, für Hagen ernüchternd aus. Das aber hat nicht nur mit der Pandemie zu tun.
12.684 Menschen (Quote 12,4 Prozent) sind in Hagen arbeitslos gemeldet. Immerhin: Das ist noch kein Allzeithoch. Aber der Wert liegt doch erheblich höher, als die Zahlen im Juli in den Jahren der großen Wirtschaftskrise 2008 und 2009 (10.648 bzw. 11.698). Im Vergleich zum März mit 10.717 Arbeitslosen ist das ein Anstieg innerhalb von kurzer Zeit um 2000 Arbeitslose.
Brexit und Handelsstreit wirken sich aus
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Ursache dafür ist aber nicht nur die weltweite Corona-Krise. „Bis September 2019 war die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten noch extrem hoch“, sagt Katja Heck, seit Juni in Amt und Würden, „dann war plötzlich nichts mehr wie zuvor.“ Der Brexit habe eine Rolle gespielt. Insbesondere in einer Region, die durch einen hohen Anteil an Zuliefererbetrieben für die Automobilindustrie geprägt sei. Auch der Handelsstreit zwischen den USA und China habe Auswirkungen bis nach Hagen. „Die ersten Unternehmen haben geschwächelt, die Zahl der Beschäftigten nahm ab. Und dann kam noch Corona hinzu.“
Dabei sind Entlassungen nicht die Hauptursache für die hohe Arbeitslosenquote. Noch gravierender: Es mangelt derzeit an freien Stellen. „Wir haben ein Problem auf der Abgangsseite“, wie es Ulrich Brauer, Sprecher der Agentur für Arbeit formuliert.
Weniger Maßnahmen für Menschen auf Jobsuche
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Auch im sogenannten Maßnahme-Geschäft tut sich coronabedingt wenig. Der Hintergrund: Wer bislang in einer solchen Maßnahme steckte, galt statistisch nicht als arbeitslos. Wenn allerdings die Angebote drastisch reduziert werden, schlägt sich das auch in den Zahlen nieder. „Teilweise haben Träger ihre Angebote umgestellt, Theorie, die sich auch ohne Präsenz vermitteln lässt, vorgezogen“, sagt Katja Heck. „Aber wer beispielsweise einen Schweiß- oder einen Staplerschein machen möchte, der muss auch an der Maschine ausgebildet werden.“
Wenn große Unternehmen weniger Menschen Arbeit geben, so trifft das zunächst die Personaldienstleister und damit die Leiharbeiter: Menschen mit geringer Qualifikation, in der Mehrzahl Männer, häufig mit Migrationshintergrund. „Hingegen gibt es eine Tendenz, Fachkräfte zu halten“, sagt Katja Heck.
Kurzarbeit weitet sich aus
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Diese Gesamtentwicklung spiegelt sich auch bei einem Blick auf die Kurzarbeiterstatistik wieder. Wenngleich genaue Zahlen lediglich für den gesamten Bezirk der Agentur (Hagen und Ennepe-Ruhr-Kreis) und noch nicht für die einzelnen Städt vorliegen. Fest steht: 1937 Betriebe haben im Bezirk Kurzarbeit umgesetzt. 15.000 Arbeitnehmer waren betroffen.
Im Februar hatten in Hagen lediglich zwölf Unternehmen Kurzarbeit angezeigt, im März waren es 330, im April bereits 1638. Aktuell sind es 1846. „Wie viel davon allerdings tatsächlich Kurzarbeit umsetzen und wie viele Mitarbeiter davon konkret betroffen sind, wissen wir noch nicht“, so Brauer.
Die Realisierungsquote im gesamten Bezirk lag im März bei 86,5 Prozent. „Und diese Quote“, so Brauer weiter, „ist im Vergleich zu anderen Regionen in NRW extrem hoch.“ Kein gutes Zeichen...