Hengstey. Sind die Tage der Eisenbrücke an der Wehranlage des Hengsteysees gezählt? Besitzer Amprion benötigt sie bald nicht mehr und will sich trennen,
Die 1928 errichtete Stahlbrücke, die vor der Wehranlage des Hengsteysees die Städte Hagen und Herdecke miteinander verbindet, steht auf der Kippe. Stromnetzbetreiber Amprion ist Besitzer des Bauwerks und will im Jahr 2021 einen letzten Trafo-Transport Richtung Koepchenwerk über die Brücke rollen lassen. Danach verliert sie für Amprion die Bedeutung. Doch kann überhaupt jemand die auch für den Ruhrtalradweg und Zehntausende Freizeitsuchende bedeutende Brücke übernehmen oder ist sie dem Ende geweiht?
Auch interessant
Amprion versteht die Brücke nur als reinen Transportweg
Die wohl wichtigste Frage in der Brücken-Diskussion ist: Für wen ist die Brücke wichtig und zu welchem Zweck? Aus technischer Sicht, so erklärt man bei Amprion, sei die Brücke nicht mehr als ein Transportweg für die von 1927 bis 1930 errichtete und heute denkmalgeschützte Koepchenwerk-Anlage und die 1984 daneben errichtete Neu-Anlage auf Herdecker Stadtgebiet. Ihr Zweck war folglich nie, Joggern oder Radfahrern rund um den See oder Spaziergängern einen Überweg zu bieten. Das ist die Brücke aber heute. Zeichen der Verbindung zwischen den Städten. Ein Wahrzeichen der großen Energie-Pionierleistung durch Artur Koepchen und sein Pumpspeicherwerk, aber auch durch das Laufwasserkraftwerk von RWE mit seiner Wehranlage.
Auch interessant
CDU-Ratsherr Martin Erlmann und Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt kennen die Absichten von Amprion und setzen sich für den Erhalt der Brücke ein. Martin Erlmann: „Die Brücke zählt zu den Stellen im Ruhrtal, von denen aus Industriegeschichte und Technik aus unmittelbarer Nähe erlebbar werden“.
Fünf Akteure spielen eine Rolle
„Die Gemengelage ist groß“, heißt es aus der Pressestelle von Amprion. Auf Hinweis des Wirtschaftsbetriebs Hagen hat das Unternehmen dieser Tage Schäden beseitigt, die Autos und Lkw verursacht haben, die verbotenerweise über die Brücke fahren. Dicke Betonklötze versperren nun den Weg. Radfahrer müssen ohnehin schieben, zu viele sind in den Schienen schon gestürzt.
Wenn Amprion von Gemengelage spricht, sind fünf Akteure gemeint, die mit Blick auf die Brücke wichtig sind: Die Stadt Hagen, die Stadt Herdecke, der Ruhrverband als Betreiber des Hengsteysees, der Regionalverband Ruhr (RVR) als Klammer für die Städte des Ruhrgebiets und eben Amprion. Im Herbst sollen gemeinsame Gespräche beginnen.
Brücke zu 78 Prozent auf Hagener Stadtgebiet und zu 22 Prozent in Herdecke
Hagens Baudezernent Henning Keune sagt sehr zurückhaltend mit Blick auf die Brücke: „Das ist alles noch unklar. “ Daneben hat es aber schon längst Gespräche zwischen den Städten und auch mit Amprion gegeben, wie es aus der Pressestelle der Stadt Herdecke heißt. „Wir wissen um die Problematik und um die hohe Bedeutung der Brücke für die Verbindung zwischen den Städten, aber auch mit Blick auf den Ruhrtalradweg und die Internationale Gartenausstellung“, sagt Dennis Osberg, Pressesprecher der Stadt Herdecke. Die Brücke liegt zu 78 Prozent auf Hagener Stadtgebiet und zu 22 Prozent auf Herdecker Seite. Der RVR und der Ruhrverband hingegen sehen sich auf Anfrage nur in einer „moderierenden“ Rolle.
Auch interessant
Industrie- und Denkmalstiftung nimmt Brücke nicht in ihren Bestand auf
Die Industrie-Denkmalstiftung NRW, die auch die Alt-Anlage des Koepchenwerks in ihren Bestand übernommen hat, will die Brücke auf Anfrage nicht in ihren Besitz nehmen. Dafür kämen nur „hochrangige“ Denkmäler infrage.
Erst unter der Woche war der Spatenstich für die einen Kilometer entfernte Fuß- und Radweg-Brücke über die Volmemündung in die Ruhr an der B 54 zwischen Vorhalle und Herdecke gesetzt worden, über die man vom Hengsteysee zum Südufer des Harkortsees radeln können soll. Eine Ergänzungsroute zum Ruhrtalradweg. Ende Mai 2021 soll die Brücke freigegeben werden, dann wird es möglich sein, Harkort- und Hengsteysee in Form einer 8 zu umrunden, ohne einen Abschnitt zweimal befahren zu müssen. Aber nur, wenn die Brücke am Wehr auch weiterhin bestehen bleibt.