Emst. Die Fronten zwischen den Anwohnern des Felsentals und der Hagener Straßenbahn AG scheinen verhärtet. Nun schlägt ein Ehepaar mildere Töne an.

Es ging hoch her bei dem Ortstermin im Januar. Aufgebrachte Anwohner des Felsentals beschwerten sich lautstark über die neue Linienführung, so dass Verkehrsmanager Hartmut Koch von der Hagener Straßenbahn AG sich kaum verständlich machen konnte. Als dann noch ein Anlieger sein Auto auf der Fahrbahn abstellte und den herannahenden Linienbus blockierte, drohte die Situation zu eskalieren. Bis zuletzt wollten sich die Wogen nicht glätten, wenngleich der Bus schließlich passieren konnte.

Inzwischen sind sechs Monate ins Land gegangen, doch grundlegend geändert hat sich die Situation im Felsental nicht. Jetzt wollen Anwohner noch einmal die Initiative ergreifen und die zwischenzeitlich verhärteten Fronten aufweichen.

Seit der Fahrplanumstellung am 15. Dezember führt die Route der Linie 527, gut 60 Mal pro Tag rollt ein großer Bus durch das idyllische Wohngebiet. Tatsächlich ist die Straße bisweilen gerade vier Meter breit, an der engsten Stelle misst das Felsental gar nur 3,70 Meter.

Ausweichen auf den Bürgersteig

Wenn sich hier zwei Busse begegnen oder auch nur einem Transporter bzw. einem Müllwagen entgegenkommen, ist ein Ausweichen auf den Bürgersteig unvermeidlich. Anliegerin Melanie Müller-Wiehl hatte schon beim Ortstermin auf die Gefahrenlage hingewiesen: „Hier wohnen 15 Kinder, die immer auf der Straße gespielt haben. Meine Familie lebt seit 70 Jahren hier. Jetzt fährt der Bus 60 Mal am Tag quasi durch unser Schlafzimmer.“

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Auf der anderen Seite standen Befürworter der neuen Buslinie – Menschen, die vor allem Am Waldesrand leben und froh sind, eine Bushaltestelle ganz in der Nähe ihrer Wohnung zu finden. „Ich nutze selbst den Bus und kenne viele andere Menschen, die von der neuen Regelung begeistert sind“, erklärte zum Beispiel Torsten Rack. Seine Aussage dürfte ganz im Sinne der Straßenbahn AG sein, die mit der Linienführung genau dies erreichen wollte: mehr Bürger für den Öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen.

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Weil keinerlei Annäherung der Standpunkte möglich schien, beschloss der Hagener Umweltausschuss, die Lage im Felsental ein halbes Jahr lang zu beobachten, dann solle die Straßenbahn AG die bis dahin gesammelten Erfahrungen darlegen. In einigen Tagen läuft die Frist ab, und so lange will das Unternehmen die Angelegenheit auch nicht kommentieren: „Aber dann legen wir alle Fakten vor“, kündigte Unternehmenssprecher Dirk Thorbow an.

Sonnenschein und Schatten

Indes haben Petra Nijhuis und Thomas Rosenberg vom Hasenlauf, einem Nebensträßchen des Felsentals, die Initiative übernommen. Sie wollen den Gesprächsfaden aufgreifen. Alle Seiten seien in der Vergangenheit übers Ziel hinausgeschossen, sagt Petra Nijhuis: „Wir wollen nicht als Wutbürger und schon gar nichts als Upper class verschrieen werden. Wir sind ganz normale Bürger, haben aber den Eindruck, dass unsere Argumente nicht wahrgenommen werden.“

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Dabei zolle sie der Straßenbahn AG und allen für den Nahverkehr verantwortlichen Kommunalpolitikern durchaus Respekt, so Frau Nijhuis. Dass der Waldesrand nun endlich an den ÖPNV angebunden sei und die so lange vergessenen Menschen endlich die öffentlichen Verkehrsmittel besser nutzen könnten, solle auch nicht in Frage gestellt werden: „Leider gibt es bei so viel Sonnenschein auch sehr viel Schatten und an anderer Stelle großen Unmut.“ Dieser Schatten falle auf die Menschen, die jetzt nicht mehr in der benötigten Weise an den ÖPNV angebunden seien, da die Streckenführung sich zu Gunsten des Waldesrandes geändert habe.

Überdimensionierte Taktzeiten

Leider werde diese Tatsache von den Verantwortlichen in despektierlicher Weise heruntergespielt und in keiner Weise darauf eingegangen, obwohl es seit der Umsetzung viele dokumentierte Beispiele gebe, die eine Gefährdung durch die neue Linienführung der 527 durch das Felsental belegten – vom regelmäßigen Befahren der Bürgersteige beim Begegnungsverkehr bis zu nicht angemessener Fahrweise und überhöhter Geschwindigkeit der Busse: „Ein verkehrssicheres Begehen der Gehwege und der Straße des Felsentals ist für Kinder, alte Menschen und überhaupt Fußgänger nicht mehr möglich“, sagt Petra Nijhuis. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis es zu größeren Personen- oder Sachschaden kommen werde.

Beschluss des Rates

Für die Fahrplanumstellung im Dezember war das Hagener Busnetz komplett überarbeitet worden. Der Rat der Stadt hatte die Ausweitung des Angebots beschlossen.

Kern des neuen Netzes ist eine Taktfrequenz von zehn Minuten auf den Hauptachsen (vorher 15 Minuten).

Hinzu kommt die Ausweitung des Angebots abends sowie an den Wochenenden.

Hinzu komme, dass die Taktzeiten der Linie 527 zu vielen Tageszeiten überdimensioniert seien und sich nur wenige oder keine Fahrgäste in den Bussen befänden: „So tragen diese Geisterbusse nicht nur zur Gefährdung, sondern auch zu Lärm und ungesunder Emission bei.“

Die betroffenen Anwohner erwarteten von der Kommunalpolitik als auch von den Verkehrsplanern einen Dialog: „Wir wollen ernstgenommen werden, wir wollen, dass die Gefährdungen beseitigt und akzeptable Lösungen für alle Betroffenen umgesetzt werden.“ Es gehe um das Grundrechte auf Unversehrtheit in Bezug auf Gefährdung, Lärm und Emission.