Hagen. Bestens vorbereitet auf den Unterricht in Corona-Zeiten präsentiert sich die Grundschule Henry van de Velde in Hagen. Kaum etwas ist, wie es war.
An mehreren Pulten, auf denen Bücher und Hefte gestapelt sind, sitzt Monika Klostermann und korrigiert Arbeitsblätter. Die Lehrerin gehört zu jenen 14 Pädagogen der Grundschule Henry van de Velde in Hagen-Mitte, die derzeit keinen Unterricht erteilen dürfen, weil sie über 60 sind oder eine Vorerkrankung aufweisen. An der Lehranstalt in der Blücherstraße machen sie die Hälfte des Kollegiums aus. „Aber auf diesem Platz hier kann ich immerhin direkt mit Kindern und Kollegen sprechen und muss meine Kommunikation nicht auf WhatsApp reduzieren“, sagt die dienstwillige Lehrerin.
Neben ihr liegt ein Diensthandy. Denn zu den Aufgaben von Monika Klostermann gehört es auch, telefonisch mit Eltern zu kommunizieren, die wissen möchten, ob ihre Kinder im Unterricht eine Maske tragen müssen, ob der Offene Ganztag geöffnet hat und überhaupt: Ob es denn wirklich notwendig ist, die Schulen wieder zu öffnen, wo doch die Pandemie noch nicht vorüber ist?
Nur ein Kind pro Station
Normalität sieht anders aus an der van-de-Velde-Schule. Am ersten Unterrichtstag nach fünf Wochen Corona-Zwangspause und zwei Wochen Osterferien wirkt die Lehranstalt fast unbelebt. Normalerweise tummeln sich in den Pausen 320 Kinder auf dem Schulhof, jetzt sind es acht. Denn nur 65 Viertklässler sind gekommen, und die haben Schulleiterin Barbara Brück und ihre Konrektorin Annette Rexa in acht Gruppen eingeteilt. Und jede Gruppe darf zwischen den Unterrichtseinheiten eine Viertelstunde lang zur „Bewegungspause“ auf den Hof. Hier haben Pädagogen eine Fläche abgesteckt und einen Parcours aufgebaut, den die Schüler, natürlich immer nur einer pro Station, durchlaufen. „Auf diese Weise wollen wir die Abstandsregelungen wahren und den Gesundheitsschutz gewährleisten“, erläutert Barbara Brück.
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Nach der Pause reihen sich die Kinder, Jungen und Mädchen getrennt, im Gänsemarsch vor den Sanitärräumen auf, waschen brav mit Seife ihre Hände und begeben sich auf einem markierten Weg, der sie auch an Monika Klostermann vorbei führt, in den für sie vorgesehenen Klassenraum. Maskenpflicht besteht nicht, aber in engen Fluren und Durchgängen sind die Kinder gehalten, den Mund- und Nasen-Schutz zu tragen. Und siehe da: „Alle Kinder haben eine Maske von zu Hause mitgebracht“, freut sich die Rektorin.
Perfekt organisiert
Dieser erste Schultag unter Corona-Bedingungen ist perfekt organisiert. Die Kinder sind diszipliniert und bedächtig, als ahnten sie, was in diesen Zeiten auf dem Spiel steht und als wollten sie das fragile Gleichgewicht nicht aus der Balance bringen. „Die Gesundheit ist das höchste Gut“, gibt Schulrätin Dagmar Speckmann, die sich vor Ort gemeinsam mit Dezernentin Margarita Kaufmann und Schulamtsleiterin Regina Pott über diesen so ganz anderen Schulalltag informieren will, die Richtung vor. Während der gesamten Unterrichtszeit, die immerhin bis 12.45 Uhr dauert, ist eine Reinigungskraft im Gebäude unterwegs und wischt zum x-ten Mal Oberflächen, Schulbänke, Armaturen, Türgriffe und Toiletten ab. Einige Lehrer tragen Masken, die Konrektorin Rexa genäht hat: „Aus Baumwollstoff, damit man sie bei 60 Grad waschen kann.“
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Oft sind es die kleinen Geschichten hinter der Kulisse, die dieser Corona-Zeit ihren hellen Stempel aufdrücken. Während der unterrichtsfreien Zeit haben einige Lehrer insgesamt 80 Schülern die Arbeitsmaterialien nach Hause gebracht, weil die Eltern nicht erreichbar waren oder auf E-Mails und Anrufe nicht reagierten.
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Von digitalem Präsenzunterricht kann keine Rede sein; jetzt rächt sich, dass Deutschland den Ausbau des Internets vernachlässigt hat. Dabei wird dem Homeschooling in den kommenden Wochen, wenn auch die anderen Jahrgänge etappenweise in die Schulen zurückkehren dürfen, weiterhin eine entscheidende Rolle zukommen.
Im Sekretariat wird bereits daran getüftelt, wie es bis zu den Sommerferien weiter geht und an welchem Tag welche Schüler und welche Lehrer welche Aufgaben zu erfüllen haben. Kein Wort des Murrens über schwierige Rahmenbedingungen und fehlende Unterstützung aus Politik und Bürokratie. Die Henry-van-de-Velde-Schule packt es an.