Eilpe. An vielen Hagener Schulen ist der Unterricht am Donnerstag gestartet. In Eilpe fühlen sich Schüler und Lehrer sich wie Versuchskaninchen.

Als die Zehntklässler und Abiturienten der Gesamtschule Eilpe am Donnerstagmorgen zum ersten Mal seit fünf Wochen wieder in der Schule erschienen, wurden sie einzeln am Eingang von einer Lehrerin begrüßt. Die Pädagogin forderte sie zum Desinfizieren der Hände auf und übergab jedem einzelnen eine Schutzmaske sowie ein Merkblatt mit der neuen Hausordnung, die wegen der Corona-Bedrohung eingehalten werden müsse.

Dazu gehört vor allem ein Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern, der immer und überall einzuhalten ist. „Wer sich nicht daran hält, ist eine Gefahr für alle anderen und wird nach Hause geschickt“, kennt Schulleiter Frank Grabowski kein Pardon.

Ausnahmezustand an der Gesamtschule

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Das Hagener Schulleben hat seinen Betrieb wieder aufgenommen. Aber wie sehr es sich im Ausnahmezustand befindet, das war gestern in Eilpe sehr gut nachzuverfolgen. Obwohl nur die 127 Zehntklässler sowie 50 der rund 70 diesjährigen Abiturienten, denen die Teilnahme am Unterricht freigestellt war, gekommen waren, mussten aufgrund der Hygiene- und Abstandsvorschriften zahlreiche Klassenzimmer genutzt werden.

Maximal 14 Schüler befanden sich in einem Raum, die Pulte meterweit voneinander entfernt, viele mit Mundschutz, eine Flasche Desinfektionsmittel immer in Reichweite.

Lehrerkollegium unter Druck

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„Die Schule ist ein Labor, Schüler und Lehrer sind die Versuchskaninchen“, kommentierte Grabowski den seiner Meinung nach verfrühten Schulstart mit einer gehörigen Portion Sarkasmus. Denn das Kollegium stand unter gehörigem Druck, um all die Bedingungen, die das Schulministerium bezüglich der Unterrichtsteilnahme, dem Einsatz von Lehrern sowie den Anforderungen an die Hygiene gestellt hatte, zu erfüllen. „Was wir leisten mussten, war eine Zumutung. Wir hätten lieber noch gewartet, um einen sicheren Start zu gewährleisten.“

Chemielehrerin Kerstin Müller mischt Desinfektionsmittel im Chemielabor zusammen.
Chemielehrerin Kerstin Müller mischt Desinfektionsmittel im Chemielabor zusammen. © WP | Michael Kleinrensing

Die Stadtverwaltung hatte der Schule lediglich sechs Flaschen Desinfektionsmittel für die Hände und 100 Masken für die Gesichter zur Verfügung gestellt – viel zu wenig, um alle Schüler und Lehrer damit zu versorgen. Da kam es Grabowski und seinem Team gerade recht, dass ein Privatmann zahlreiche Mund- und Nasenschutze gespendet hatte.

Chemielehrerin stellt Desinfektionsmittel selber her

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Und für das Desinfektionsmittel sorgte Chemielehrerin Kerstin Müller, die das Gemisch im Labor aus Isopropylalkohol, Wasserstoffperoxid, Glycerin und destilliertem Wasser zusammenbraute. „Dabei habe ich mich an die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation gehalten“, sagte die Pädagogin. Schließlich standen in allen Unterrichtsräumen und Lehrerzimmern ausreichende Mengen des Konzentrats zur Verfügung.

Die Unterrichtszeit umfasste für jeden Schüler drei Stunden, im zehnten Jahrgang wurden ausschließlich Englisch, Deutsch und Mathematik sowie die Wahlpflichtfächer (in Eilpe sind das Französisch, Chinesisch, Naturwissenschaften, Hauswirtschaft und Technik) gelehrt. Da Lehrer über 60 oder mit Vorerkrankungen von der Präsenzpflicht ausgenommen waren, blieb ein Drittel des 90-köpfigen Kollegiums zu Hause. Sie wurden durch Fachkollegen ersetzt. Alle übrigen Fächer und auch all die Jahrgänge, die noch nicht wieder in der Schule erscheinen dürfen, werden weiterhin im Homeschooling betreut.

Mit Regeln Pandemie trotzen

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Schulleiter Grabowski, von Haus aus Mathematiker, hält sich gern an Zahlen. Da nur ein kleiner Teil der Bevölkerung infiziert ist, ist das Ansteckungsrisiko gering. Und mit festen Regeln und Maßnahmen könne man die Pandemie auch in den Griff kriegen, hofft er: „Aber ich gebe zu, ich bin hin- und hergerissen. Mit Corona ist es wie mit der Radioaktivität. Ich sehe es nicht. Ich weiß es nicht. Die ganze Situation ist sehr schwierig.“ Jedes Pult ist mit einer Nummer versehen, die den Schülern vorschreibt, wo sie zu sitzen haben, damit im Falle einer Infektion der Ansteckungsweg nachvollzogen werden kann.

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Einige Schüler hätten sich am Donnerstagmorgen gleich in den Arm genommen, so Grabowski: „Das sind die, die uns gefährlich werden können.“ Und nachdem er sie aufgefordert hatte, sich zu trennen, sprach er ihnen ins Gewissen: „Wir alle sind dabei zu lernen. Es liegt an uns, ob die Schule auch zukünftig geöffnet bleiben kann, ob ihr demnächst wieder ins Freibad gehen, ob ihr Urlaub machen könnt. Als Schule können wir zu all dem einen Beitrag leisten.“