Hagen. Die SPD drückt in der Schulpolitik aufs Tempo: Die Genossen befürchten, dass Hagen bald keinen Platz mehr für Grundschüler hat.
„Uns läuft die Zeit davon“, läutet SPD-Fraktionschef Claus Rudel selbst in den Osterferien die schulpolitische Alarmglocke. Denn die Genossen treibt die Befürchtung um, dass Hagen bereits im Schuljahr 2021/22 nicht mehr genügend Grundschulplätze anbieten kann.
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„In der Innenstadt platzen die Schulen schon heute aus allen Nähten. Wir müssen jetzt schnell für Abhilfe sorgen“, erwartet der schulpolitische Sprecher Friedrich-Wilhelm Geiersbach, dass trotz der Corona-Pandemie wesentliche zukunftsweisende Planungen nicht zum Erliegen kommen. Obwohl mit dem umfangreichen Gutachten von Wolf Krämer-Mandeau (Biregio-Institut) die Fakten längst auf dem Tisch liegen, gehe es in der Verwaltung nur sehr schleppend voran.
So werden in diesem Sommer 1671 i-Männchen an den Hagener Grundschulen erwartet. Sechs Jahre später, das ergeben die aktuellen Geburtenzahlen, dürften es 1944 Erstklässler sein – ein Anstieg von 273 Lernanfängern. Für diese Mädchen und Jungen müssen zwölf weitere Eingangsklassen gebildet werden, was dem Volumen von exakt vier weiteren dreizügigen Grundschulen in Hagen entspricht.
Jörg: Probleme sind alle hausgemacht
„Seit 2016 wissen wir, dass 1500 Kinder mehr sich im Hagener Kita-Betrieb bewegen, aber nichts ist passiert“, ärgert sich der SPD-Landtagsabgeordnete und OB-Kandidat Wolfgang Jörg. „Die Klassen sind heute schon randvoll, wir haben zu wenige Kita- und OGS-Plätze und jetzt fehlen auch noch die Grundschulplätze. Bildungspolitisch laufen wir ins Chaos, und das Schlimmste daran ist: Das ist auch noch alles hausgemacht.“
Block-1-Schulprojekt bewegt sich im Schneckentempo
Obwohl die neue Grundschule in Wehringhausen auf dem Block-1-Areal, die als eine Außenstelle der Emil-Schumacher-Grundschule angedacht ist, seit Monaten durch die Schuldiskussion wabert, liegt bis heute nichts Konkretes zu diesem Thema auf dem Tisch.
Die Stadtverwaltung hat bislang lediglich durchblicken lassen, dass die Immobilie von der Gemeinnützigen Wohnstättengenossenschaft Hagen (GWG) realisiert und dann von der Stadt über mindestens zwei Jahrzehnte angemietet werde.
Zwar hat die GWG zwischen Minerva- und Lange Straße durch den Abriss des alten Wohnblocks längst den Platz für den Schulneubau mit Turnhalle sowie einen Kita-Komplex geschaffen, doch gestalterisch und inhaltlich liegt das Millionen-Projekt weiterhin im Nebel.
Zuletzt hakten die konzeptionellen Überlegungen an der CDU-Idee, in dem Komplex auch ein Lehrschwimmbeckenzu etablieren, um die Nichtschwimmerquote bei Grundschülern zu verbessern. Allerdings gibt es bislang noch keinen Konsens zwischen GWG und Stadt über mögliche Investitions- und Folgekosten eines solchen Angebotes.
„Wir haben im politischen Raum bislang nicht ein einziges Mal darüber gesprochen, wie diese Schule aussehen soll. Wir kennen weder Ansprüche noch Planungen“, bemängelt SPD-Fraktionschef Claus Rudel. „Bis die ersten Schüler in Wehringhausen unterrichtet werden, gehen noch Jahre ins Land“, drängt er auf schnelle umsetzbare Lösungen.
„Wenn wir in Wehringhausen eine neue Schule benötigen, dann sollten wir gewissenhaft und nach den modernsten Aspekten mit einem zeitgemäßen Raumprogramm und einem dazu abgestimmten pädagogischen Konzept planen“, fordert der schulpolitische Sprecher der SPD Hagen, Friedrich-Wilhelm Geiersbach, die fachliche Unterstützung der GWG durch eine Baukommission ein.
Seine Begründung: Wer Mietshäuser plane und baue, der habe nicht automatisch die Expertise dafür, welche Ansprüche heute an moderne Grundschulen gestellt würden.
Vor diesem Hintergrund haben die Genossen bereits für die März-Sitzung des Schulausschusses auf Grundlage der Gutachter-Analysen einen Vorschlag entwickelt, den Geiersbach ganz unbescheiden als „geniale Lösung für den Innenstadt-Bereich“ und „Königsweg“ präsentiert. Dies vor allem deshalb, weil mit der Idee bereits nach der Sommerpause 2021 in der Innenstadt zusätzlicher Grundschulraum geschaffen werde. Doch aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Sitzung gestrichen und der Gestaltungsprozess erlahmte.
Grundschule statt Sekundarschule
Das SPD-Konzept sieht vor, dass zum Schuljahr 2021/22 in der City eine neue dreizügige Grundschule sowie eine sechszügige Gesamtschule an den Start gehen. Für die Primarschüler soll künftig die Liselotte-Funcke-Sekundarschule bereitstehen, die sowohl baulich als auch mit ihrer Lage am Remberg bestens geeignet sei. Das würde bedeuten, dass gleichzeitig die bestehende Sekundarschule keine neuen Schüler mehr aufnehmen kann, weil sie ja ohnehin zugunsten einer Innenstadt-Gesamtschule verzichtbar werde.
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Diese wiederum soll im Ricarda-Huch-Gymnasium etabliert werden, für das auch Gutachter Krämer-Mandeau ab 2021 keine Zukunft mehr sieht. Da das Gebäude lediglich Raum für ein vierzügiges System bietet, liegt es für die SPD nahe, das benachbarte Berufskolleg Kaufmannsschule I als Teil einer sechszügigen Gesamtschule zu integrieren. Für die Berufsschüler, die ja meist mobil sind, kämen als Alternativen das Schulzentrum Vossacker in Vorhalle, die Commerzbank in der Bahnhofstraße oder auch das Telekom-Gebäude am Höing in Frage. Außerdem regen die Genossen an, die einstige Eickertschule, die heute noch zur künftig obsoleten Sekundarschule gehört, mittelfristig dem Albrecht-Dürer-Gymnasium anzugliedern, um die dortigen Kapazitätsprobleme zu lösen.
Forderung nach Investitionsprogramm
„All diese Punkte sind schnell umsetzbar und lösen unsere akutesten Probleme“, erwartet der SPD-Bildungspolitiker Geiersbach, dass die Thematik im Haupt- und Finanzausschuss am 30. April seriös diskutiert wird. Parallel dazu müssten aber auch die übrigen Maßnahmen an weiteren Grundschulen (Goldbergschule, Henry-van-de-Velde-Schule, Block 1, Janucz-Korczak-Schule) endlich mit Nachdruck verfolgt werden: „Nach der Fertigstellung der Bahnhofshinterfahrung brauchen wir jetzt ein Investitionsprogramm in ähnlicher Größenordnung für die Schulen.“ Die Straße kostete gut 60 Millionen Euro.