Hohenlimburg. Fotografin und Dreifach-Mutter Tanja Muennich erzählt, wie Eltern in der Corona-Krise im Home-Office Beruf und Kinderbetreuung meistern.

Drei Kinder, selbstständig, aber seit zwei Wochen zu Hause: Tanja und Stephan Münnich sind Eltern von drei Kindern und arbeiten als selbstständige Fotografen. Durch das Corona-Virus und die damit einhergehenden Kontaktverbote, Schulausfälle und generellen Einschränkungen im Alltag sind die beiden nun auf unbestimmte Zeit daheim. Die Mutter erzählt, wie sich ihr gewohnter Alltag vom momentanen unterscheidet, was es aktuell bedeutet, selbstständig zu sein und warum sie trotzdem glaubt, dass es wichtig ist, zu Hause zu sein.

Sie arbeiten beide als selbstständige Fotografen und haben nicht wie Festangestellte eine vorgegebene, geregelte Stundenwoche. Wie sieht Ihr Arbeitsalltag und privater Alltag für gewöhnlich aus?

Einen wirklich typischen Arbeitstag gibt es nicht. In aller Regel haben wir unter der Woche vormittags, wenn die Kinder in der Schule sind, unsere Babybauch-, Baby- und Familienshootings, aber auch Businessporträts oder Unternehmensreportagen. Außerdem bin ich natürlich an Wochentagen oft in Kitas und Schulen für Fotografie unterwegs. An Tagen ohne Außentermine habe ich Bürozeit von etwa 8 bis 14 Uhr. In die Zeit fällt dann Bildbearbeitung, Buchhaltung, Marketing, Website und Social Media, Materialbestellungen, Terminverwaltung. Nachmittags ist dann für ein paar Stunden Familienzeit, bei der Stephan und ich uns abwechseln. Abends werden dann oft weitere Stunden im Büro verbracht. Und am Wochenende kommen dann von April bis Oktober noch Hochzeiten dazu – da ist man dann schon mal für zehn, zwölf Stunden beim Job.

Notbetreuung ist möglich

Für Kinder von Eltern aus systemrelevanten Berufsgruppen (Nachweis des Arbeitgebers ist erforderlich) hat die Stadt Hagen in den jeweiligen Kitas oder Tagespflegestellen eine Notbetreuung in kleinen Gruppen organisiert.

Ein entsprechendes Betreuungsangebot wird auch an den Schulen für Kinder der Klassenstufen 1 bis 6 sichergestellt. Diese Notbetreuung ist jetzt vom Land NRW auf das Wochenende sowie die Osterferien 2020 ausgeweitet worden.

Weitere Infos unter 207-4441(Kita) und in den Schulen.

Aufgrund des Corona-Virus fällt momentan aber die Schule aus und Ihre Kinder sind zu Hause. Wie sieht der Alltag aktuell aus? Haben Sie trotzdem feste Strukturen und Tagesabläufe geplant?

Unser aktueller Alltag ist komplett auf den Kopf gestellt. Wir versuchen, feste Zeiten für Schulaufgaben und Büro einzuplanen. Genauso haben wir auch ein Zeitfenster, um am späten Nachmittag alle gemeinsam eine Runde in den Wald zu gehen, damit der Lagerkoller uns nicht erwischt. Kleinere Routinen (die Maus am späten Vormittag, die „Sportstunde“) wechseln sich ab mit einem immer wieder neuen Hinschauen. Wie geht es gerade jedem einzelnen von uns? Wer braucht gerade was?Die Schulen organisieren ihren Unterricht momentan online.

Wie läuft das ab und wie gestaltet sich die außerschulische Freizeitphase, wenn man an die eigenen vier Wände gebunden ist?

Alle drei Kinder haben Material von den Schulen bekommen. Die Herangehensweise dabei variiert sehr deutlich. Vom digitalen Klassenzimmer des Gymnasiums Hohenlimburg, das wirklich toll funktioniert, mit Lehrern die online ansprechbar sind, Austausch über Chats, klaren Zeitfenstern, über Arbeitsaufträge per Mail, wie es an der Hildegardisschule läuft, bis zu viel Elternaustausch rund um die Wesselbachschule. Da gibt es WhatsApp-Gruppen mit vielen Ideen, und Anregungen. Wir haben in Sachen Schule tatsächlich keine großen Probleme, unsere Kids machen das super mit. Ich versuche aber auch bewusst, keinen Druck aufzubauen. Es gibt gerade, weiß Gott, Wichtigeres, als nach dieser Zeit nahtlos im Stoff weitermachen zu können. Was aber am meisten fehlt, ist der Sport. Beide Mädchen spielen Fußball bei der SG Hohenlimburg/Holthausen, das heißt wir müssen zweimal pro Woche das Training und einmal die Woche ein Spiel kompensieren für beide. Dazu kommt das ausfallende Judo-Training. Fußball auf der Terrasse und raus in den Wald ist daher gerade sehr beliebt. Einmal die Woche ist Online-Gruppenstunde bei den Pfadfindern. Die Alba-Sportstunde hilft ein bisschen. Ansonsten lesen sie sehr viel, hören Hörbücher und die Große probiert sich am Zeichnen.

Das heißt, sie verbringen 24 Stunden am Tag miteinander. Gibt es da Konfliktpunkte?

Klar ist es anstrengend, wenn die Kinder ihre Energie nicht oder nur begrenzt rauslassen können. Bei uns Erwachsenen werden die Nerven natürlich auch dünner, gerade weil wir uns nicht nur um die gesundheitlichen Folgen einen Kopf machen, sondern ständig hin und her rechnen und überlegen, wie man das eigene Business durch diese Zeit bringt. Aber uns geht es dennoch gut – wir haben genug Platz, damit sich jeder mal zurückziehen kann. Absolute Grundregel: Geschlossene Türen werden respektiert. Wir haben die Möglichkeit, in den Garten zu gehen oder sind in ein paar Schritten im Wald. Ich bin gerade unendlich dankbar für diese Dinge. Und auch wenn’s mal kracht, ziehen wir gerade alle fünf sehr deutlich an einem Strang.

Können Sie trotzdem weiterarbeiten? Gibt es Aufträge oder haben Sie Bedenken in Bezug auf die kommenden Monate?

Aktuell arbeiten wir nur einige wenige Aufträge ab, die vor dem Shutdown fotografiert wurden. Alle Shootings, Veranstaltungen und Hochzeiten sind seit dem 11. März auf ungewisse Zeit verschoben. Das macht natürlich Angst, weil wir nicht wissen, wie lange unsere Rücklagen halten. Gleichzeitig versuchen wir, alternative Ideen zu entwickeln. Ich fotografiere weiterhin jeden Tag und biete Bilder über eine Stockfoto-Agentur an. Viele unserer Stammkunden stärken uns den Rücken und kaufen Gutscheine für Shootings. Außerdem können wir Produktfotos im heimischen Studio erstellen. Wer also gerade Bilder seiner Produkte für den eigenen Onlineshop oder die Website benötigt, kann sich sehr gerne bei uns melden.

Außerdem führen Sie online ein Instagram-Tagebuch, auf dem die Menschen Ihren Alltag verfolgen können. Warum zeigen Sie diese Einblicke?

Mein privater Instagram-Account ist tatsächlich eine Art visuelles Tagebuch. Ursprünglich war es für mich einfach eine Sammlung privater Momente. Seit etwa einem Jahr führe ich das hauptsächlich, um meine eigene Kreativität durch verschiedene Challenges zu fördern. Kreativjobs bergen immer das Risiko, sich irgendwann nur noch selbst zu kopieren. Daher meine verschiedenen 100-Tage-Projekte. Außerdem habe ich schon immer gerne geschrieben. Hier kann ich beides ausleben.