Breckerfeld. Sie dürfen nicht zusammenkommen. Und doch feiern sie gemeinsam: „Gottesdienst im Wohnzimmer“ heißt das Projekt der Jakobus-Gemeinde Breckerfeld.

Eigentlich war genau das nicht vorstellbar. Eigentlich hatte das Pfarrteam der Evangelischen Jakobus-Gemeinde genau das ausgeschlossen: keine Gottesdienste mehr wegen der Corona-Krise. Aber das Wörtchen eigentlich bekommt in einer Zeit, in der sich die Nachrichten im Stunden-Rhythmus überschlagen, eine ganz neue Bedeutung.

Also steht Christin Hicks, die eigentlich am Palmsonntag in der Dorfkirche Zurstraße vor den Gemeindegliedern predigen wollte, schon jetzt in dem leeren Gotteshaus. Sie hat ihren Talar übergezogen und spricht in eine Kamera. „Gottesdienst im Wohnzimmer“, heißt dieses Projekt.

Die Menschen fehlen in der Dorfkirche

Video auch auf eigenem Youtube-Kanal

Die Gottesdienste werden auf dem neuen Youtube-Kanal, den die Gemeinde extra angelegt hat, am Samstagabend hochgeladen.

Sie sind aber auch über die Internetseite der Gemeinde unter www.ev-kg-breckerfeld.de abrufbar.

Jeder, der kann, soll sich das Video am Sonntag um 10 Uhr anschauen. So können alle aus der Gemeinde gemeinsam feiern, auch wenn sie nicht an einem Ort sind.

„Ganz ehrlich“, sagt die junge Pfarrerin, „das ist schon ein bisschen schräg. Ich bin es ja gewohnt, zu Menschen zu sprechen. Es kommt von den Gläubigen immer eine Reaktion auf das, was man vorne gerade sagt oder tut."

An Menschen mangelt es gerade in der Dorfkirche Zurstraße. Immerhin: Christoph Wippermann ist da, ein Mensch, ein Fotograf, der gerade in der Corona-Krise unfreiwillig viel mehr Zeit hat, als ihm lieb ist. Aufträge, die er dieser Tage eigentlich abarbeiten wollte, sind storniert worden. Die Wirtschaft ist komplett heruntergefahren, es gibt keine Familienfeiern, niemand kommt in das Atelier, um sich fotografieren zu lassen.

Fotograf entdeckt Videofunktion an seiner Kamera

Fotograf Christoph Wippermann zeichnet den kleinen Gottesdienst auf.
Fotograf Christoph Wippermann zeichnet den kleinen Gottesdienst auf. © Jens Stubbe | Jens Stubbe

Also hat Fotograf Wippermann die Videofunktion seines Apparats entdeckt, mutiert zum Kameramann und hat in der Dorfkirche Stativ und Licht aufgebaut, um das kleine Gotteshaus auszuleuchten. „Ich bin froh, dass zumindest Christoph da ist“, sagt Christin Hick, „so kann ich mich beim Sprechen auch mal auf ihn konzentrieren und nicht nur auf die Kamera.“

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Es ist Christin Hicks zweiter Auftritt vor laufender Kamera. Immer im Wechsel haben sich die drei Geistlichen der Gemeinde entschlossen, eine Andacht, eine Art kleinen Gottesdienst, zu halten. Unter der Woche wird aufgezeichnet. Am Wochenende im Netz ausgestrahlt.

Menschen nicht alleine lassen

„Als Mitte März klar wurde, dass wir uns nicht mehr zum Gottesdienst treffen können, ist die Idee in Foren, in denen ich mich mit anderen Pfarrern austausche, entstanden“, sagt Christin Hick, „es ist einfach eine schwere Zeit für viele Menschen. Die können, die wollen wir nicht alleine lassen.“

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Weil eine Idee nicht gleich Umsetzung bedeutet, zögerte die junge Pfarrerin zunächst: „Ich habe am Anfang gedacht: Das kriegen wir bestenfalls schlecht umgesetzt“, sagt Christin Hick, „dann aber ist Christoph auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob wir nicht Gottesdienste aufnehmen und online stellen wollen.“ Dabei wird die Gemeinde auf besondere Weise mit einbezogen. „Die erste Andacht war nur ein geistlicher Impuls“, sagt Christoph Wippermann, „jetzt zeichne ich hier auf und schneide das Video, das letztlich im Netz zu sehen ist, zusammen.“

Familien liefern die Musik

Zu den Worten der Pfarrerin kommt Musik, die Familien aus der Gemeinde einspielen. „Weil sie ja ohnehin unter einem Dach leben, können sie auch gemeinsam spielen“, sagt Christoph Wippermann, „so wie Familie Kemper, die mit Blasinstrumenten am Palmsonntag spielt.“

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Dazu kommt ein ganz besonderes Vaterunser. „Mitglieder aus der Gemeinde haben jeweils eine Kerze aufgestellt, per Handy gefilmt und das Vaterunser gesprochen“, sagt Christoph Wippermann, „daraus haben wir ein großes Gebet gemacht – einmal quer durch die Gemeinde – und das mit eingebunden. Das ist richtig schön geworden.“

Zugriffe auf Youtube wie in einem gute besuchten Weihnachtsgottesdienst

Die Menschen mögen es. „Wir hatten zuletzt so viele Zugriffe, wie Gläubige in einem gut besuchten Weihnachtsgottesdienst sitzen“, sagt Christin Hick, „und wenn man dann noch bedenkt, dass ja in vielen Fällen Familien auch gemeinsam zuschauen, dann ist das richtig toll.“

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Um 10 Uhr werden am Palmsonntag die Kirchenglocken läuten. Und dann, so ist es das Ziel, sollen sich möglichst viele zeitgleich das Video anschauen. So können sie gemeinsam feiern, obwohl sie nicht an einem Ort sind. Sie können gemeinsam feiern, obwohl sie das nicht dürfen. Eigentlich.