Dahl. Jetzt schlägt´s 10,50 Euro: So viel Pfand verlangt Brauer Christian Vormann aus Hagen-Dahl für einige seiner Biersorten. Aus gutem Grund.
Wer bei Christian Vormann einen Kasten Exportbier kauft, der wird, noch bevor er die erste Flasche geöffnet hat, kräftig schlucken müssen. Der Privatbrauer aus Dahlhat den Preis drastisch erhöht – von 17,10 auf 27,60 Euro. „Mir blieb gar keine andere Wahl, wenn ich nicht möchte, dass mein Betrieb zugrunde geht“, sagt Vormann.
Im Grunde hat der Unternehmer gar keine Preiserhöhung vorgenommen, sondern lediglich den Pfandpreis auf einige seiner Produkte um 10,50 Euro erhöht. Der Kunde bekommt sein Geld also zurück, sobald er den geleerten Kasten wieder zur Brauerei bringt. Doch Vormann hat das Pfand natürlich nicht unmotiviert so gravierend angehoben. Hinter der Erhöhung steckt eine Entwicklung, die seinen Betrieb, auch wenn der Umsatz dadurch zurückgegangen ist, letztlich vor dem Ruin bewahren soll.
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Vormann verkauft seine Produkte – in der Regel 20 Flaschen pro Kasten – mit einem Pfandaufschlag von 3,10 Euro. 1,50 Euro entfallen auf den Rahmen, 1,60 Euro auf das Leergut (8 Cent pro Flasche). Diese Summen basieren auf Berechnungen aus den 70er-Jahren und decken sich längst nicht mehr mit dem wirklichen Einkaufspreis des Pfandgutes. Aber immerhin: Wenn der Pfandkreislauf funktionierte und Vormann Kasten und Flaschen zurückbekäme, ergäbe sich für ihn nahezu ein Nullsummenspiel.
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Pfandgut wird von Verbrauchern oft nicht nach Dahl zurückgebracht
Sein Problem ist jedoch, dass viele Großhändler das Pfandgut nicht zu einem kleinen Bierbrauer in Dahl zurückbringen. Die Handelsstrukturen haben sich in den vergangenen Jahren stark geändert; entstanden sind riesige Logistikzentren in immer größerer Entfernung zu den Produzenten. „Für die Logistiker lohnt es sich deshalb nicht mehr, eine Palette Leergut beispielsweise von Duisburg nach Hagen zu schicken“, sagt Vormann.
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Auf einer Palette werden 40 Kästen (Pfandpreis jeweils 3,10 Euro) transportiert. Für 124 Euro sende niemand einen Lastwagen quer durchs Ruhrgebiet. Stattdessen ließen die Unternehmen das Pfandgut schreddern, für das Reziklat erhielten sie in etwa einen Preis, der dem Pfandwert entspreche. „Die Glasflaschen und der Rahmen aus stabilem Kunststoff werden dadurch wie ein Ein-Weg-Produkt behandelt“, so Vormann: „Das ist nicht nur ökologisch unsinnig. Für unser Pfandsystem ist es katastrophal.“
Und für seinen Betrieb in Dahl ruinös. Weil er das Pfandgut nicht zurückerhält, muss Vormann neue Rahmen und Flaschen kaufen. Dafür aber zahlt er rund 10,50 Euro (pro Flasche 28 Cent, pro Rahmen etwa 4,90 Euro) und damit 7,40 Euro mehr als jene 3,10 Euro, die er selbst pro verkauftem Kasten an Pfand erhält, die er aber auch selbst, wenn ihm das Leergut denn zurückgebracht würde, bezahlen müsste. „Ein exorbitanter Verlust“, sagt Vormann, dessen Argumentation von Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Privatbrauereien, bestätigt wird: „Seit Jahren fordern wir höhere Pfandpreise, doch die Großbrauereien sträuben sich.“
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Einige Händler haben Biersorten auch schon aus dem Sortiment genommen
Deshalb hat Vormann jetzt im Alleingang damit begonnen, einige seiner Produkte mit einem Pfandpreis von 10,50 Euro zu belegen. Das sei eine Summe, für die sich die Großhändler auch auf den Weg nach Dahl machten, hofft er. Doch seine Rechnung sei nicht so ganz aufgegangen, gibt er zu, denn einige Händler hätten die betroffenen Biersorten (neben Export auch Weizen und Rotgold) kurzerhand aus ihrem Sortiment entfernt. Dadurch sei sein Umsatz zwar gesunken, so Vormann: „Aber das nehme ich in Kauf. Denn letztendlich habe ich mein Geschäft auf diese Weise gestärkt, weil ich nicht mehr die hohen Verluste über das Pfand generiere.“
Seit 1995, schätzt Vormann, hat er rund 350.000 neue Bierkästen gekauft. Nur 350 davon stehen heute noch auf seinem Hof, der Rest ist geschreddert worden. Ein ökologischer Wahnsinn und die Pervertierung des Pfandsystems, sagt er.