Hagen. Für die Hagener Diesel-Autobesitzer wird dieser Dienstag zu einem wichtigen Tag: Wird es womöglich Fahrverbote in der Innenstadt geben?
Für die Hagener Besitzer von Diesel-Fahrzeugen wird der heutige Dienstag zum Tag der Entscheidung.
In Vergleichsverhandlungen mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) versucht das Land Nordrhein-Westfalen beim Oberverwaltungsgericht in Münster eine Kompromisslinie mit der Verbraucherschutzorganisation auszuloten, um Fahrverbote in Hagen noch abzuwenden. Sollte dies nicht gelingen, kommt es absehbar zu einer Fortsetzung des bereits eingefädelten Klageverfahrens und damit zu einem Urteilsspruch des Gerichts.
Stillschweigen vereinbart
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Bei dem jetzt zunächst anstehenden Schlichtungsgespräch, das heute um 14 Uhr beginnt und über dessen Ausgang zunächst Stillschweigen bewahrt werden soll, sitzen als Vertreter des beklagten Landes Nordrhein-Westfalen unter anderem Umweltministerin Ursula Heinen-Esser und der Arnsberger Regierungspräsident Hans-Josef Vogel mit am Tisch. Während es am Vormittag noch um die Luftsituation in Wuppertal geht, steht nach der Mittagspause ab 14 Uhr Hagen im Fokus. Am Mittwoch werden dann noch Verkehrs- und Umweltmaßnahmen für Oberhausen, Gelsenkirchen, Düren, Paderborn, Bochum und Bielefeld betrachtet.
Geladen ist selbstverständlich auch die Stadt Hagen, deren vielköpfige Delegation von Oberbürgermeister Erik O. Schulz angeführt wird. Außerdem treten heute Umweltdezernent Thomas Huyeng, Stadtbaurat Henning Keune sowie Vertreter der kommunalen Fachressorts für Umwelt, Verkehr und Mobilität die Fahrt in die Stadt des Westfälischen Friedens an. Im Mittelpunkt der Gespräche mit der DUH steht dabei der Luftreinhalteplan für die Stadt Hagen, dessen zahlreiche Maßnahmen es zuletzt zwar geschafft haben, die Feinstaubbelastung auf ein tolerables Maß zu drücken. Allerdings sind an den Hotspots am Hauptbahnhof (Graf-von-Galen-Ring) sowie auf dem Innenstadtring (Finanzamtsschlucht) die Stickstoffdioxidwerte (NO₂) weiterhin viel zu hoch.
Zwei Hotspots entschärft
Der EU-weit verbindliche Grenzwert für Stickstoffdioxid liegt bei 40 µg/m³ und wird inzwischen an den einstigen Hagener Hotspots am Bodelschwinghplatz durch die Eröffnung des ersten Bauabschnitts der Bahnhofshinterfahrung sowie an der Enneper Straße in Höhe der Brandt-Brücken durch die verordneten Temporeduzierungen und Abrissmaßnahmen auch unterschritten. Allerdings wurden am Graf-von-Galen-Ring sowie in der Finanzamtsschlucht zuletzt im Jahresmittel noch immer etwa 45 µg/m³ ermittelt. Allerdings gibt es verwaltungsintern die durchaus berechtigte Hoffnung, dass durch die Tempo-30-Regelung auf dem Märkischen Ring der kritische Wert weiter sinkt – immerhin hatten Gutachter aufgrund der verordneten Geschwindigkeitsreduzierung einen Rückgang der Emissionen von vier bis zehn Prozent prognostiziert. Am Bahnhof sollen durch die Eröffnung der Bahnhofshinterfahrung am 13. März und die parallele Sperrung der Arbeitsamtsrampe die Verkehrszahlen und somit die NO₂-Werte entscheidend sinken.
Der 40 µg/m³-Grenzwert fußt auf einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Schweiz und in Österreich liegen die Grenzwerte bereits bei 30 bzw. 35 µg/m³. Regelmäßig wird dieses Limit von der WHO, die bereits 2013 feststellte, dass es schon bei 20 Mikrogramm Stickstoffdioxid zu einer Gesundheitsbelastung komme, hinterfragt. Somit ist davon auszugehen, dass die Grenzwerte mittelfristig noch strenger definiert werden.
Grenzwert ist schon zehn Jahre alt
Die Deutsche Umwelthilfe hatte im Fall der Stadt Hagen vor gut einem Jahr Klage gegen das Land NRW erhoben, um den bereits seit zehn Jahren verbindlich geltenden NO₂-Grenzwert endgültig durchzusetzen. „Der EU-Grenzwert dient dem Schutz unserer Gesundheit. Er steht nicht zur Debatte“, begründete seinerzeit DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch diesen Schritt und forderte zugleich eine Verkehrswende. „Doch die Landesregierung verweigert den Bürgern die ihnen rechtlich zustehende saubere Luft.“ Diese sei in Hagen nur durch kurzfristig wirksame Maßnahmen wie Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge möglich, die im realen Betrieb die Grenzwerte um ein Mehrfaches übersteigen, so die These der DUH.