Breckerfeld/Hawaii. Es war sein letzter Ironman auf Hawaii: Florian Hanakam aus Breckerfeld kam bei der Triathlon-WM nach unter zehn Stunden ans Ziel.

Es ist dieser Moment. „Er entschädig nicht für alles, aber doch für manches“, sagt Florian Hanakam und nimmt einen Schluck heißen Tee. Es ist der Moment, in dem die Uhr über ihm bei 9 Stunden, 56 Minuten und 49 Sekunden stehenbleibt. Es ist der Moment, in dem klar ist, dass er das große Ziel, unter zehn Stunden zu finishen, erreicht hat. Hanakam, Sportler und Sportwissenschaftler zugleich, hebt die Arme, schreit alles heraus, genießt den Augenblick. Zwei Wochen ist das jetzt her.

Hinter ihm liegen in diesem Moment 3,8 Kilometer im Wasser, 180 Kilometer auf dem Rad und 42,2 Kilometer Laufen. Nicht irgendwo, sondern beim bedeutendsten Triathlon auf diesem Planeten. Bei der Weltmeisterschaft, dem Ironman, auf Hawaii.

Nicht durchgehend Spaß beim härtesten Triathlon

Seit 2014 nur deutsche Sieger auf Hawaii

Der Ironman Hawaii ist der älteste Triathlon über die Langdistanz mit 3,86 km (2,4 Meilen) Schwimmen, 180,2 km (112 Meilen) Radfahren und 42,195 km (26,2 Meilen) Laufen.

Erstmals wurde er 1978 ausgetragen, seit 1982 findet das Rennen als Weltmeisterschaft jährlich im Oktober statt.

Er gilt als einer der weltweit anspruchsvollsten Ausdauerwettkämpfe. Sowohl beim Radfahren als auch auf der weitgehend schattenlosen Laufstrecke sind die Teilnehmer Temperaturen von zum Teil erheblich über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Hinzu kommen Winde mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Stundenkilometer.

Die Bestzeit hat in diesem Jahr der deutsche Sieger Jan Frodeno aufgestellt, der noch im letzten Jahr wegen einer Verletzung absagen musst. Er erreichte das Ziel nach 7:51:13 Stunden. Insgesamt hat Frodeno das Rennen dreimal gewonnen. Seit 2014 gab es auf Hawaii bei den Männern nur deutsche Sieger (Frodeno, Patrick Lange, Sebastian Kienle).

Platz 45 von 300 Startern in seiner Altersklasse belegt der Breckerfelder nach diesem Martyrium, dass ein normaler Körper niemals bewältigen könnte. „Man kann nicht behaupten, dass ein solcher Triathlon durchgehend Spaß macht“, sagt Hanakam über die Veranstaltung bei extremer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit und lächelt, „es gibt Masochisten, Menschen, die Freude dabei empfinden, sich zu quälen. Dazu zähle ich nicht.“

Trotzdem trainiert er, trotzdem schindet er sich, geht er auf Hawaii an seine Grenzen und vielleicht sogar ein kleines Stück darüber hinaus. „Der Mensch sucht Herausforderungen“, sagt Florian Hanakam, „es gibt da so einen gewissen Schmerzpegel. Und man muss bereit sein, den für ein gutes Rennen zu ertragen. Das Ziel bei Tageslicht zu erreichen, ist eine Herausforderung, unter zehn Stunden zu bleiben erst recht. Und zugleich hat die Ankunft etwas ungemein Befriedigendes.“

Acht Sekunden fehlen zum großen Ziel

Geschafft: Florian Hanakam, der für den RC Lüdenscheid antritt, im Ziel in Kona auf Hawaii.
Geschafft: Florian Hanakam, der für den RC Lüdenscheid antritt, im Ziel in Kona auf Hawaii. © Florian Hanakam

Vor diesem einen Moment im Ziel liegen viele andere Momente. „Im Grunde genommen hat die Vorbereitung im letzten Jahr begonnen, als ich bei einem Triathlon in Italien die Qualifikation für den Ironman verpasst habe“, sagt Florian Hanakam. Acht Sekunden fehlten dem 47-Jährigen. Eine Winzigkeit, ein Nichts, lächerlich. „Da wollte ich es noch einmal wissen – ein letztes Mal.“

20 Stunden Training in der Woche, in der Spitze bis zu 30 Stunden liegen hinter Florian Hanakam. „Ich lese ja schon von beruflich viel über Ausdauersport, Wettkampf, Vorbereitung und Training“, sagt Hanakam, Inhaber eines Lehrstuhls für Trainingswissenschaften an der Ruhruniversität in Bochum und selbst Trainer von fünf Triathleten im Hochleistungsbereich, „ich habe mir meinen Trainingsplan selbst zusammengestellt, weiß ziemlich genau, was funktioniert und was nicht.“ Die Quali – diesmal in Frankfurt – funktioniert. Und der Breckerfelder landet zum dritten Mal auf Hawaii.

Familie feuert an der Strecke an

Nicht alleine – sondern mit seiner Mutter und seine Frau Antje. „Es ist schön zu wissen, dass da jemand ist, der einen unterstützt, der anfeuert“, sagt Florian Hanakam, „es gibt Wettkämpfe wie in Frankfurt, das sind regelrechte Volksfeste. Auf Hawaii geht es aber größtenteils über einsame Highways, an denen niemand steht. Aus den letzten Jahren kannte ich die Strecke, wusste, wo die Familie wartet. Darauf habe ich mich gefreut.“

Es sind kurze Momente, kurze Begegnungen gegen die allgegenwärtige Einsamkeit. „Auf dem Highway kann man unendlich weit geradeaus gucken“, sagt Florian Hanakam, „das kann auch sehr zermürbend sein. Man muss schon aufpassen, dass die Gedanken nicht abdriften, dass man sich nicht einredet, das schaffe ich nie. Man hat ja viel Zeit bei so einem Triathlon.“

Fokus auf drei Disziplinen

Hanakam aber, der sich beim TuS Breckerfeld als Trainer einbringt, fokussiert sich auf die Disziplinen. „Beim Schwimmen geht es ziemlich hektisch zu“, sagt er, „man muss sehen, dass man zwischen den Bojen auf einer geraden Linie bleibt, nicht abgedrängt wird.“ Um neun Minuten verbessert er – trotz schlechterer Bedingungen – seine Bestzeit.

„Beim Radfahren geht es zunächst darum, sicher aus der Stadt herauszukommen und dann möglichst schnell eine gute Position auf dem Rad zu finden“, so Hanakam. „Wie auch beim abschließenden Marathon denkt man von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation, muss darauf achten, dass man genug zu sich nimmt.“

Am Ende gibt Triathlet aus Breckerfeld noch einmal Gas

Und am Ende noch ein Marathon: Florian Hanakam.
Und am Ende noch ein Marathon: Florian Hanakam. © Florian Hanakam

Beim Marathon wird ihm ab Kilometer 30 klar, dass das große Ziel, unter zehn Stunden zu bleiben, zum Greifen nahe ist. „Selbst wenn die Beine mehr wollen, muss man ungemein aufpassen, dass man nicht überdreht“, sagt Florian Hanakam, „das Tempo entspricht im Grunde meinem langsamsten Trainingstempo. Am Ende habe ich dann noch einmal gepusht.“ Bis zu dem Moment, an dem er unter der Uhr die Arme in die Höhe reckt.

„In den folgenden beiden Nächten habe ich kaum schlafen können“, sagt Florian Hanakam. „Am dritten Tag kommt der große Muskelkater. Wenn wir unterwegs waren, habe ich jede Treppenstufe vermieden, beim Besuch im Restaurant die Rampe gesucht.“