Hagen. . Im zweiten Teil unserer Gartenserie stellen wir Herbert Kotowski vor. Er sagt, er sei kein richtiger Gärtner. Und er liebt das Gärtnern.

Der Kleingarten von Herbert Kotowski entspricht so gar nicht dem Klischee des pedantisch gepflegten Kleinbürgeridylls mit gezirkelten, unkrautfreien Beeten und kurz gehaltenem Rasenteppich. Steine und Holz sind mit Moosen und Flechten überzogen, auf der selten gemähten Wiese gibt es einen Abschnitt, den Kotowski sich selbst überlässt und auf dem sich Margeriten ausgesät haben und ein Apfelbaum vermehrt.

„Naturnahes Gärtnern har für mich oberste Priorität“, sagt der ehemalige Elektromeister: „Ich spritze nicht und verwende keinen künstlichen Dünger.“

Die Philosophie des Gärtnerns

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    Unbändige Freunde an der Natur

    Die Parzelle von Herbert und Walli Kotowski befindet sich in der Kleingartenanlage am Stennesufer, die mit nur 25 Parzellen zu den kleineren Anlagen in Hagen gehört. Ihren Garten haben die Eheleute vor 33 Jahren erworben, obwohl Kotowski bis zu jenem Zeitpunkt der festen Überzeugung war, dass er – dem Drängen seiner Frau zum Trotz – nie Kleingärtner werden würde: „Dann kam es zu einem dummen Zufall. Wir haben Freunde in ihrem Garten besucht, just zu einem Zeitpunkt, als deren Nachbargarten frei wurde. Da hatte ich verloren.“

    Herbert Kotowski.
    Herbert Kotowski. © Michael Kleinrensing

    Im Nachhinein kann Kotowski auch von einem glücklichen Zufall sprechen. Denn obwohl er bis heute von sich behauptet, er sei eigentlich gar kein richtiger Kleingärtner, so hat er doch eine unbändige Freude an der Natur entwickelt und ist außerdem zu einem gewieften Obstbaumexperten herangereift. Nur mit Blumen hat er nichts am Hut: „Von den meisten Arten weiß ich nicht mal den Namen.“

    Winterhecke im Quark

    Kotowski ist jetzt 73 und seine Frau noch ein bisschen älter, so dass sie ihre Gartenarbeitswut ein wenig gedrosselt haben und zum Beispiel keine Kartoffeln mehr ziehen. Auch auf andere anstrengende Tätigkeiten verzichten sie. „Wir machen den Garten noch so lange es eben geht“, haben sie sich vorgenommen.

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    Da ist zum Beispiel das Hochbeet, das Kotowski schon vor 20 Jahren angelegt hat, als die meisten Gärtner von Hochbeeten noch nie etwas gehört hatten. Die Winterhecke, ein Lauchgewächs mit kräftigem Zwiebelgeschmack, sei das erste Gemüse, das man nach der kalten Jahreszeit ernten könne, berichtet Kotowski und gönnt sich einen Halm: „Wir essen es gern im Quark.“ Die Blüten sind beliebte Futterstellen für Bienen und Hummeln.

    Der Bohnen-Fan

    Nebenan hat Kotowski Möhren, Pastinaken und Radieschen gesetzt – ein bisschen spät vielleicht Mitte Mai, aber er sieht das gelassen: „Ich muss nicht der Erste sein.“ Dafür freut er sich schon auf den Genuss von Busch- und Stangenbohnen, die er jetzt bald legen will. Unter einem Vlies, das gegen die Kälte der Mainächte und die aufmerksamen Tauben schützt, gedeihen Salat und Zucchini.

    Herbert Kotowski
    Herbert Kotowski

    Wie gesagt, Kotowskis treten im Alter kürzer. Früher standen im Garten mehrere Sorten Obstbäume, jetzt sind nur noch Äpfel und Quitte übrig geblieben, doch die liefern zentnerweise Ertrag. „Wir können das gar nicht alles verarbeiten“, stöhnt Kotowski. Die Äpfel verwendet seine Frau für Kompott oder backt Kuchen, aus den Quitten werden Marmelade und Schnaps hergestellt.

    Kein Leimring am Stamm

    Anders als die meisten Gärtner schützt Kotowski seine Bäume nicht mit Leimringen vor Raupen, die am Stamm hochkriechen: „Daran würden ja auch alle anderen Insekten kleben bleiben.“ Er behilft sich, indem er angefressene Blätter entfernt und ansonsten auf die natürlichen Feinde der Schädlinge setzt.

    Sein Tipp an alle Gartenfreunde: „Lieber auf Birnbäume verzichten. Für die sind Mikroklima und Boden in Hagen ungeeignet, außerdem macht ihnen der Gitterrost, ein Pilz, zu schaffen.“

    Trittstein-Biotope

    Der Verantwortungsbereich von Herbert Kotowski endet nicht an der Einfriedung seiner Parzelle. Im Eingangsbereich der Anlage hat er ein Insektenhotel errichtet, und ein Stück Wiese, für das er verantwortlich ist, mäht er nur am Rand: „Ich will sehen, was sich dort so alles ansiedelt.“

    Die Kleingartenanlagen in Hagen und anderen Großstädten seien regelrechte Trittstein-Biotope mit zahlreichen Nahrungsquellen und Rückzugsmöglichkeiten für Vögel und Insekten. Über das dramatische Artensterben werde unter den Kleingärtnern schon lange diskutiert. „Wir haben schon vor Jahren bemerkt, dass die Zahl der Singvögel in unseren Gärten stark abgenommen hat.“

    Der Weißdorn

    Außerdem sei das Kleingartenwesen viel weniger reglementiert als es Außenstehenden erscheine. Das Wort Verbot komme im Kleingartengesetz überhaupt nicht vor, das Image der rigiden Ordnungsmenschen werde den Kleingärtnern keinesfalls gerecht: „Natürlich gibt es Richtlinien, das muss auch so sein, aber hier rennt niemand mit einem Zollstock durch die Anlage.“

    In Kotowskis Garten wächst dennoch nichts, was nicht erlaubt ist. Bis auf den Weißdorn. Dieser Baum ist kein typisches Gartengewächs und hat in einem Schrebergarten nichts verloren. Dass Kotowski ihn dennoch stehen lässt, liegt an seiner Biotop-Funktion: Die Blüten bieten Insekten, die Früchte Vögeln Nahrung. Und Respekt schwingt mit, wenn Kotowski sagt: „Dieser Baum ist vermutlich älter als der Garten. Der kommt erst weg, wenn sie mich mit den Füßen hier raustragen.“

    >>Unser April-Gärtner: Gerhard Nieft

    Im Garten von Gerhard Nieft, unserem April-Gärtner aus der Anlage Sonnenberg, hat sich in den letzten Wochen viel getan. Im Beet, das mit eigenem Kompost gedüngt ist, wachsen Salat, Paprika und viele Kräuter heran. Während der Nachtfröste, die der Mai mit sich brachte, hat er empfindliche Pflanzen wie das Basilikum abgedeckt, damit sie nicht erfrieren. „So komisch das klingt, aber an den Eisheiligen ist doch was dran“, sieht Nieft in den alten Bauernregeln durchaus ein Körnchen Wahrheit.

    Gerhard Nieft in seinem Garten.
    Gerhard Nieft in seinem Garten. © Kleinrensing

    Über die kräftigen Regengüsse am vergangenen Dienstag hat sich der Gärtner gefreut. „Das ist das richtige Wetter“, sagte er. „Abwechselnd Regen und Sonne, dann gedeiht alles gut.“ Aber im Prinzip fehle immer noch Wasser, das merke man, wenn man tiefer grabe: „Es muss noch mehr regnen.“

    Mit der Herrlichkeit der Tulpen seiner Frau ist es dagegen vorbei, die schönen Blumen sind verblüht. Doch die Stängel bleiben stehen, damit die Zwiebel im Boden sich die noch immer in der Pflanze steckende Vitalität zurückholen kann. „Die Tulpen kommen seit 25 Jahren immer wieder“, sagt Nieft.