Hagen. . Hagen ist eine Stadt der Gärten, allein der Bezirksverband der Kleingärtner hat 3500 Mitglieder. Wir zeigen, was im Laufe des Jahres zu tun ist.
Aus dem Gemüsebeet sprießt noch kein zartes Grün, einen Teil des akkurat vom Rasen abgetrennten Rechtecks hat Gerhard Nieft (62) sogar noch nicht umgegraben. Doch in den Rabatten neben dem Gehweg, der vom Eingangstörchen der Parzelle in leichtem Anstieg hinauf zur Laube führt, leuchten die gelben und roten Tulpen in fantastischer Pracht.
Auch Bergenien, Traubenhyazinthen, Anemonen, Zwergmargariten und Pflox blühen um die Wette. „Dafür ist meine Frau verantwortlich“, sagt Nieft: „Man merkt, dass sie gelernte Floristin ist.“
3500 organisierte Kleingärtner
Der Frühling ist da. Auf den Parzellen der 3500 Hagener Kleingärtner hat die Arbeit längst begonnen. Zahlreiche Dinge im Garten müssen jetzt angegangen werden, die für ausgeprägtes Wachstum, üppige Blüten und ausgiebige Ernte im Sommer und Herbst sorgen.
Es ist die Zeit der Aussaat, des Düngens, des Vorbereitens, doch in vielen Gärten sorgen die Frühlingsblüher schon jetzt für ein Blumenmeer. Auf dem Grundstück von Gerhard und Petra Nieft, gelegen in der Anlage Sonnenberg auf dem Kuhlerkamp mit herrlichem Blick über Hagen, manifestiert sich die deutsche Schrebergarten-Idylle in ihrer vollen Ausprägung.
Kein geborener Kleingärtner
Nieft steht zu dem, was er tut und wie er es tut: „Unser Garten dient dem Anbau von Gartenerzeugnissen für den Eigenbedarf. So sagt es ja auch das Gesetz“, verweist er auf Paragraph 1, Absatz 1, des Deutschen Kleingartengesetzes.
Dabei ist Gerd Nieft keineswegs ein geborener Kleingärtner, im Gegenteil. Als seine Schwiegermutter, Vorbesitzerin der Parzelle, verstarb, war er ein junger Mann, fuhr Motorrad und hatte mit der Gärtnerei nichts im Sinn. „Ich ein Schrebergärtner? Das erschien mir kaum vorstellbar.“ Dann ließ er sich auf einen Kompromiss ein und von seiner Frau zu einer vierwöchigen Probezeit überreden: „Aus den vier Wochen sind inzwischen 26 Jahre geworden. Und jede Woche, jedes Jahr genieße ich diese Tätigkeit mehr“, berichtet der ehemalige Betriebsleiter der Demag in Wetter.
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Arbeit statt Party
Und das, was Gerd Nieft macht, macht er richtig. Wie es im Gesetz steht. Ein Kleingartenverein sei keine Freizeitanlage mit Wochenend-Häuschen, in dem man Partys feiern könne, sagt er. Sondern so eine Parzelle – seine eigene ist stattliche 400 Quadratmeter groß – mache sehr viel Arbeit: „Wenn man sein Grundstück einigermaßen in Ordnung halten will, muss man sehr viel Zeit investieren.“
Als er noch berufstätig war, fuhr er nach Feierband um 18 Uhr nicht nach Hause, um auf dem Sofa auszuspannen, sondern in den Garten, um Unkraut zu jäten oder den Rasen zu mähen: „Aber wenn das Spaß macht, empfindet man das nicht als Arbeit.“
Auf der Terrasse vorgezogen
Derzeit setzt er die Pflanzen, die er zu Hause auf der Terrasse vorgezogen und vereinzelt hat, in den Garten um. Das Gemüsebeet hat er von Unkraut befreit, die Erde aufgelockert und Kompost eingearbeitet. Zudem greift er auf Anpflanzerde aus dem Gartencenter zurück: „Weil die vorgedüngt ist.“
Dann setzt er zum Beispiel Paprika und Zwiebeln, Schnittlauch, Petersilie und Salat aus und versorgt sie reichlich aus der Gießkanne, denn eine gute Bewässerung im April ist die Basis für das Gedeihen von Blumen, Obst, Kräutern und Gemüse. „Der Wasserverbrauch im Garten ist hoch“, sagt Nieft.
Wachstum im Zeitraffer
Auch um die Beerensträucher und Ranken muss sich Nieft jetzt kümmern. Nun kennt der gemeine deutsche Gärtner Himbeeren und Brombeeren. En vogue sind jedoch diverse Kreuzungen, darunter die Him-Brombeere.
Auch Nieft konnte (und wollte) sich diesem Trend der Zeit nicht verschließen und unterstützt das im Zeitraffer sich ausbreitende Gewächs dabei, sich um ein Gestell zu winden, sonst würde es in kürzester Zeit die Umgebung zuwuchern. Die trockenen, alten Triebe schneidet er ab, ebenso von Parasiten befallene Blätter und Ableger, die nach innen wachsen. Der Aufwand lohne die Mühe, blickt er voraus: „Die Ernte ist sehr ertragreich. Und die Beeren sind ausgesprochen lecker, ich esse sie gern im Pudding oder Quark.“
Rasen frühzeitig mähen
Derzeit ist der Rentner häufig von zehn Uhr morgens bis zum Einbruch der Dunkelheit in seinem Garten tätig. Den Rasen hat er bereits vor den Ostertagen erstmals gemäht, nun folgt bald das Schneiden der Kanten. Auch der grüne Teppich muss früh im Jahr ausreichend besprengt werden, vor allem wenn viele regenlose und sonnenreiche Tage aufeinander folgen.
Ohnehin sollte man nicht zu lange mit dem ersten Mähen warten: „Meine Erfahrung ist, dass das keine negativen Auswirkungen auf das Gedeihen der Halme hat.“ Andernfalls wachse das Gras zu hoch und der Rasenmäher sei in kürzester Zeit verstopft: „Das nimmt einem die Freude an der Arbeit.“
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Und dann sind da die drei Apfelbäume, die Nieft ebenfalls noch in diesen Tagen beschneiden wird, damit sich ihre Zweige ins Spalier hinein orientieren. Zudem soll ein um den Stamm befestigter Leimring Schädlinge davon abhalten, sich über das Obst herzumachen.
Der Garten und die Ehe
Den Pflaumenbaum schützt der Hobbygärtner vom Sonnenhang auf die gleiche Weise, chemische Pflanzenschutzmittel setzt er dagegen grundsätzlich nicht ein. „Ich freue mich auf die Gartensaison“, blickt Gerhard Nieft trotz der vielen Arbeit frohgemut voraus.
Durch den Anbau von Gemüse und Obst ist er auch zu einem leidenschaftlichen Koch geworden, der gern Neues ausprobiert und eigene Gerichte entwickelt: „Ich weiß nicht, ob es Einbildung ist, aber was man selbst zieht, schmeckt einfach besser.“
Vor allem aber sei die Gärtnerei ein Hobby, das man – im Gegensatz zum Motorradfahren oder Fußballgucken – als Ehepartner gemeinsam betreiben könne. Insofern ist die Arbeit im Garten das beste Rezept für eine lange, glückliche Ehe.