Hagen. . Rapper Nuhsan C. ist vom Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er blieb wegen einer Lebensmittelvergiftung dem Urteil fern.

Da kommt der Hagener Skandal-Rapper Nuhsan C. so gerade noch mit einem blauen Auge davon: Die 8. Kleine Berufungskammer des Hagener Landgerichts unter Vorsitz von Richter Dieter Krause hat den Angeklagten zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Hinzu kommt eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro. Von dem Betrag fließen 5000 Euro an die Staatskasse, 7500 Euro an Bahnhofsmission sowie 7500 Euro an das Hagener Hospiz.

Bereits im Vorfeld des Urteilsspruchs, der der Forderung der Staatsanwaltschaft entspricht, sorgte Nuhsan C. am letzten Verhandlungstag durch Abwesenheit noch einmal für erhebliche Irritationen. Angeblich hatte er sich am Dienstag eine Lebensmittelvergiftung zugezogen. Er hält sich nach Auffassung seiner beiden Verteidiger „irgendwo in Norden“, „eventuell in Braunschweig“ auf. Ein Attest liegt nicht vor. Für kursierende Spekulationen, er wolle sich einer drohenden Abschiebung entziehen, gab es zunächst keine Bestätigung.

Die Verteidiger wollten ohne ihn plädieren – und drängten auf eine Urteilsverkündung ohne ihn. Die Kammer und Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli waren zunächst der Auffassung, dass das juristisch nicht geht.

Nach einem Rechtsgespräch ging es dann aber doch weiter mit den Plädoyers: Da es sich um eine Berufungsverhandlung handelt, sprach zuerst der Verteidiger, Dr. Christof Miseré. Er hatte in seiner Forderung keine Angaben zu einem möglichen Strafmaß für Nuhsan C. gemacht. Er sagte nur: „Eine größere Geldsumme an soziale Einrichtung könnte gezahlt werden“.

Im Anschluss plädierte Oberstaatsanwalt Pauli: „Er hat die Machete gezogen und damit mit Mitteln vorgegangen, die ihm auch als Notwehr nicht zustanden.“ Trotzdem müsse Nuhsan C. seiner Ansicht nach nicht in den Knast: Ein Jahr und neun Monate Haft - „mit Bauchschmerzen ausnahmsweise zur Bewährung.“ Als Geldauflage soll er 20.000 Euro zahlen, davon mindestens 5.000 Euro an die Staatskasse und 15.000 Euro an gemeinnützige Organisationen.

Zwischenzeitlich hat der Pole, den Nuhsan C. auf dem Wilhelmsplatz in Hagen-Wehringhausen niedergestochen hatte und sich im Sitzungssaal befand, 2500 Euro Schadenswiedergutmachung von den beiden Verteidigern zugesichert bekommen. Die wurden noch im Gerichtssal per Handy überwiesen.

Die lange Vorgeschichte im Fall Nuhsan C.

Der Hagener Rapper Nuhsan C. alias „Jigzaw“ hat eine gewisse Berühmtheit erlangt, weil er nach der Messerattacke auf dem Wilhelmsplatz in Hagen-Wehringhausen monatelang auf der Flucht vor der Polizei war und aus dem Untergrund die Behörden via Rap-Videos auf Youtube verhöhnt hatte.

Nun beschäftigt schon seit rund sieben Monaten die Berufungsverhandlung das Landgericht Hagen: Nuhsan C. wehrt sich gegen die Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung durch das Amtsgericht Hagen. Er hatte einen Polen im Juli 2017 auf dem Wilhelmsplatz in Wehringhausen niedergestochen, war dann geflüchtet und vier Monate lang untergetaucht. Er wurde mit Haftbefehl gesucht. Aus dem Untergrund produzierte er Jigzaw-Rapper-Videos, in denen er die Verfolgungsbehörden und Ermittler verhöhnte.

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SEK schnappt Nuhsan C. nach monatelanger Flucht

Spezialeinsatzkräfte konnten ihn am 21. November 2017 in Holzwickede aufspüren und festnehmen. Nuhsan C. war zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach vorbestraft. So verbüßte er nach einer Messerstecherei eine viereinhalbjährige Jugendstrafe. Die Behörden wollten ihn deshalb auch schon kurz vor der Tat auf dem Wilhelmsplatz in die Türkei ausweisen. Zwar ist der heute 25-Jährige in Hagen geboren, er ist aber weiterhin türkischer Staatsbürger. Als Angehöriger einer armenischen Minderheit hatte er kurz vor der drohenden Abschiebung einen Asylantrag eingereicht: Er sei in der Türkei von Verfolgung bedroht. Doch der wurde abgelehnt, Gerichte haben bislang auch diese Haltung bestätigt. Nun wird aber erst das Ende des Strafprozesses erwartet.

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Nachdem Nuhsan C. im April vergangenen Jahres zu der dreieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, saß er weiter in Untersuchungshaft. Am 1. Juni 2018 holte ihn dann aber der ebenfalls umstrittene, aber deutschlandweit bekannte und erfolgreiche Rapper Kollegah aus der Justizvollzugsanstalt Hagen: Er hatte eine Kaution von 40.000 Euro in bar hinterlegt für den Mann, den er fortan auch musikalisch produzierte.

Massive Sicherheitsvorkehrungen zu Prozessbeginn

Nuhsan C. nutzte seine wiedergewonnene Freiheit für öffentlichkeitswirksame Auftritte. Während einer Promotion-Aktion in der Hagener Innenstadt, bei der er T-Shirts verteilte, brach zeitweise der Verkehr zusammen, weil seine meist jugendlichen Fans ihm durch die Stadt folgten. Und zu Beginn der Berufungsverhandlung im August war ein großer Zuschauerandrang am Landgericht Hagen erwartet worden. Ein Extra-Gerichtssaal und ein massives Polizeiaufgebot waren die Folgen, letztlich allerdings kamen nur wenig Fans. Zuletzt hatte die sich zäh dahin ziehende Berufungsverhandlung quasi ohne Zuschauer stattgefunden.

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Rechtlich könnte die Berufungsverhandlung für Nuhsan C. aber letztendlich positiv enden. Nach einem Rechtsgespräch am jüngsten Verhandlungstag scheint möglich, dass der Prozess schnell zu Ende geht – eventuell auch mit einer Bewährungsstrafe. Die Prozessparteien gehen davon aus, dass zum Tatzeitpunkt „eine Notwehrlage gegeben war“ und „die Verletzungsfolgen nicht so erheblich waren“ und deshalb bei einer Verurteilung die Strafe herabgesetzt werden müsste. Ganz straffrei wird er aber wohl nicht davonkommen.

Rechtsstreit mit TV-Familie „Die Geissens“

Für Schlagzeilen hatte Nuhsan C. auch gesorgt, weil er die Töchter der aus der Reality-TV-Serie „Die Geissens“ bekannten Familie von Robert Geiss in einem Song bedroht und beleidigt haben soll. Die Passage wurde inzwischen von einem Gericht verboten. Die WESTFALENPOST hatte zuletzt berichtet, dass die Geissens nun fast 200.000 Euro Entschädigung gerichtlich einklagen wollen.