Hagen. . Jetzt hat er Alexander und Lisa Durst getraut: Hagens OB Erik O. Schulz fungiert auch als Standesbeamter. So denkt er selbst über die Ehe.

An ihren Standesbeamten werden sich Alexander Philipp (28) und Lisa (28) Durst, geb. Schulte, garantiert noch erinnern, wenn sie in 50 Jahren Goldhochzeit feiern. Das junge Paar wurde am Samstag im Rathaus von Oberbürgermeister Erik O. Schulz (53) höchstpersönlich getraut. „Hört euch gut zu, auch auf die unausgesprochenen Worte zwischen den Zeilen, sagt und zeigt euch, was ihr denkt und fühlt“, gab Schulz den jungen Leuten mit auf den Weg.

In die Rolle eines Standesbeamtenschlüpfte Hagens Stadtoberhaupt nicht zum ersten Mal. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2014 haben sich 15 Paare im Angesicht von Schulz das Jawort gegeben. Für den Oberbürgermeister ist die feierliche Zeremonie mit der Frage an die Brautleute, ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen und die abschließende Feststellung, dass sie nunmehr rechtmäßig verbundene Eheleute sind, ein schöner, persönlicher Moment: „Es mag pathetisch klingen, aber ich mag es, ein Paar ins Leben hinein zu begleiten. Es ist ein würdevoller Akt, der Eindruck hinterlässt bei mir.“

OB muss erst zugelassen werden

Tatsächlich mag der eloquente Schulz als Idealbesetzung eines Standesbeamten erscheinen. Um Ehen schließen zu können, musste der Oberbürgermeister aber zunächst von der eigenen Verwaltung in einem formalen Akt als Standesbeamter zugelassen werden. Schulz hat die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung absolviert; allerdings nie, wie die „normalen“ Hagener Standesbeamten, die Akademie für Personenstandswesen besucht. Dennoch hat er seinen Part verinnerlicht: „Eine Trauung muss nicht steif vor sich gehen, aber doch würdevoll und ohne Klamauk. Die Ehe ist für mich kein überkommenes Signet für eine Lebensverbindung, das Grundgesetz spricht ihr und der Familie einen besonderen Schutz zu.“

Trauung zur Not auch im Gefängnis

848 Paare gaben sich 2018 vor dem Hagener Standesamt das Jawort. Davon waren 214 Ambientetrauungen: 105 samstags im Trauzimmer, 30 im Wasserschloss Werdringen, 51 im Schloss Hohenlimburg und 28 an weiteren Orten (Kirche, Arcadeon, Hohenhof, Freilichtmuseum oder das Ausflugsschiff Freiherr vom Stein).

Hin und wieder kommen Trauungen an ganz „besonderen“ Orten dazu, etwa im Gefängnis oder zu Hause bzw. im Krankenhaus,
wenn eine Nottrauung erforderlich ist.

611 Trauungen fanden demnach werktags im Trauzimmer des Rathauses an der Volme statt, 23 im Trauzimmer Hohenlimburg.

In der Woche werden die Trauungen von s echs Standesbeamten durchgeführt, die am Wochenende von sechs weiteren Standesbeamten unterstützt werden.

Und das sollte bei einer Trauung auch zum Ausdruck kommen: „In Zeiten, in denen sich die Welt in rasantem Tempo ändert, sind Anker der Beständigkeit besonders wichtig. Und die Ehe ist eine solche Institution.“

Wenn sich ein Paar dafür entscheide, Verantwortung füreinander und für Kinder mit Verzicht auf eine Eheschließung zu übernehmen, dann sei das auch in Ordnung und von niemandem zu kommentieren: „Jeder soll selbst entscheiden, was für ihn richtig ist.“ Deshalb hat Schulz auch die Ehe für Homosexuelle begrüßt und bereits ein lesbisches Paar getraut.

Seit 22 Jahre selbst verheiratet

Der OB selbst ist seit 22 Jahren mit Kerstin Würfel glücklich verheiratet und kann daher bei seinen Ansprachen als Standesbeamter auf einen gehörigen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Er hält eine gesunde Mischung aus Nähe und Distanz für einen fundamentalen Eckpfeiler einer Beziehung: „Keine Ehe funktioniert, wenn man nicht gemeinsame Vorlieben oder Interessen hat.“

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Jeder Partner brauche das Eigene ebenso wie das gemeinsame, das ihn mit dem Lebensgefährten verbinde. Solche und ähnliche Gedanken gibt er den Paaren, die er traut, gern mit auf den Weg. In jeder Ehe stellten sich irgendwann die Krisen ein, so Schulz, und dann könne ein guter Rat, in der Traurede gegeben, vielleicht hilfreich sein.

Kennen ist Voraussetzung

Welche Hagener aber können den Oberbürgermeister als Standesbeamten gewinnen? Nur solche, die ihn kennen, sonst wäre er zeitlich überfordert und außerdem der Mehrwert einer „persönlichen“ Trauung nicht mehr gegeben. Am Samstag war es Corinna Niemann, die Mutter des Bräutigams, die das Engagement des Oberbürgermeisters eingefädelt hatte: „Ich kenne Erik Schulz schon sehr lange und freue mich sehr, dass er zugesagt hat. Das ist ein tolles Erlebnis für meinen Sohn und seine Frau.“

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Ja, an ihren Standesbeamten werden sich Alexander und Lisa Durst noch lange erinnern – so wie der Standesbeamte Schulz sich an den Standesbeamten seiner eigenen Hochzeit am 21. März 1997 erinnert: „Der hieß Peter Handwerker. Er hat uns getraut, hier im Rathaus. Das werde ich nie vergessen.“