Hagen. .
Beim Hagener Standesamt ist die Liebe ein Verwaltungsvorgang. Hier wird aus einem bislang ganz normalen Paar ein Ehepaar, womit viele Menschen ein noch deutlicheres und tieferes Bekenntnis zueinander abgeben. Doch wo die Liebe auf die Verwaltung trifft, da geschehen auch Kuriositäten, die nur allzu menschlich sind und bei gestandenen Standesbeamten für Kopfschütteln oder Schmunzler sorgen. Claudia Engel gehört zum Team der Standesbeamten in Hagen. In ihrer Freizeit hat sie die schönsten Anekdoten, die vor und bei vielen Vermählungen vorgekommen sind, aufgeschrieben. Natürlich anonym – und weil es die ganz menschliche Seite zeigt, wenn die Liebe bei der Verwaltung vorstellig wird. Acht Szenen, die so in Hagen passiert sind und die wir aus den Aufzeichnungen von Claudia Engel abschreiben durften.
1. Szene Die Heiratswilligen, im Folgenden „E“ genannt, werden bei der Standesbeamtin, im Folgenden „S“ genannt, vorstellig. Sie sind erwartungsfroh und wollen einen Termin vereinbaren.
S: „Haben Sie ein bestimmtes Datum ins Auge gefasst?“
E: „So schnell wie möglich.“
S: „An wann hatten Sie gedacht?“
E: „Haben Sie am 1.1. noch einen Termin frei?“
S: „An diesem Tag werden keine Trauungen vorgenommen.‘‘
E: „Auch nicht am Nachmittag?“
(S zeigt sich sprachlos)
(E schaut erwartungsvoll)
S: „Eventuell noch einen anderen Wunschtermin?“
E: „Dann ist es auch egal.“
2. Szene Die Trauung ist vollzogen. Alle sind glücklich. Aber das Brautpaar will sicher gehen.
Brautpaar: „Müssen wir noch etwas bezahlen?“
Standesbeamtin: „Nein.“
Brautpaar: „Bekommen Sie ein Trinkgeld?“
3. Szene: Ein Paar kommt zur Anmeldung ins Hagener Standesamt. Es will heiraten. Beim Anmeldungsvorgang fällt allerdings auf, dass er schon mal verheiratet war – oder es noch immer ist. Trauungsort war eine Kapelle in der Zockerstadt Las Vegas. „Ja, das kann schon sein“, sagt er kleinlaut, „es hat da so eine Heirat gegeben.“ Unangenehm für die Standesbeamtin ist nur, dass sie nun die Szene mitbekommt, in der ihr Gegenüber seiner Zukünftigen die Jugendsünde beichtet. Man erzählt manchmal wohl doch nicht alles über sich, bevor es an die Eheschließung geht.
Entscheidend aber ist: Das Paar hat das aufgeflogene Geheimnis gut verkraftet und später tatsächlich geheiratet.
4. Szene: Eine Eheschließung setzt immer eine Anmeldung voraus. Einer der beiden Ehewilligen muss das erledigen, am besten mit der Vollmacht des anderen. Im Falle eines Paares fehlten dazu nötige Unterlagen. Die Standesbeamtin nahm freundlicherweise schon mal die an, die vorhanden waren, vermerkte aber, dass die anderen Dokumente dringend nachgereicht werden müssten. Die künftige Braut, die zur Anmeldung gekommen war, reservierte unter Vorbehalt trotzdem einen Termin und kaufte auch schon mal ein Familienstammbuch – nicht ahnend, dass die Hochzeit unter diesen Voraussetzungen nicht stattfinden können wird. Sie reichte die nötigen Unterlagen nämlich nicht mehr nach.
Dennoch erschien die gesamte Hochzeitsgesellschaft am gewünschten Trauungstag im Foyer des Standesamtes. Die Braut kam mit dem Stammbuch winkend zum Vorbereich.
Braut: „Ich heirate heute.“
Standesbeamter: „Nein, tun Sie nicht. Sie haben sich nicht angemeldet.
Braut: „Aber ich habe doch ein Stammbuch gekauft.“
Da nicht mehr viel an Nacharbeit nötig war, konnte die Anmeldung noch fix getätigt werden und die Trauung fand doch noch statt.
5. Szene: Im Standesamt werden Stehtische zur Verfügung gestellt, an denen Paare auf den neuen Familienstand anstoßen können. Nicht aber Getränke und weitere Dinge, die dort zu sehen sein sollen. Kurz vor der Trauung ruft die Braut bei der Hagener Standesbeamtin an.
Braut: „Ich nehme Orangensaft.“
Standesbeamtin: „Aha, in welchem Zusammenhang?“
Braut: „Nach der Trauung richten Sie doch einen Sektempfang aus und weil ich schwanger bin, können Sie für mich Orangensaft einplanen.“
Standesbeamtin: „Die gewünschten Getränke sind von Ihnen mitzubringen.“
6. Szene: Die meistens normale Abfolge ist: Heirat, Geburt des Kindes. Eigentlich.
Ein Freitagmorgen, das Brautpaar kommt zur Trauung. Die Braut erzählt, dass sie noch wegen des Kindes im Krankenhaus gewesen sei. Die Standesbeamtin ging davon aus, dass es sich um eine Untersuchung der schwangeren Frau gehandelt habe. Von wegen. Vor der Beamtin stand eine putzmuntere Frau, die am Tag zuvor ein Kind bekommen hatte, heute heiratet und bei der morgigen großen Feier daheim alle mit der freudigen Nachricht überraschen will. Nach der Trauung sollte das Kind aus dem Krankenhaus abgeholt werden. Alles im Lot!
7. Szene: Die Braut kommt in einer quietschrosafarbenen Limousine beim Standesamt vorgefahren. Als sie aussteigt und auf die Standesbeamtin zustöckelt, ruft sie der Beamtin entgegen: „Aber die Traurede gleich bitte nicht kitschig.“
8. Szene: Haare oder Schleier haben bei Trauungen öfter schon mal gebrannt. Eine Braut in Hagen musste aber noch andere heiße Qualen erleiden. Sie war zu ihrem Jawort rückenfrei unterwegs. Während einer Ambientetrauung stand sie neben einer erhöhten Kerze, von der aus überlaufendes heißes Wachs auf den bezaubernden Rücken niederprasselte und an der Braut herunterlief. Eine – im Wortsinne – heiße Trauung.