Hagen. . Die pünktliche Fertigstellung der Hagener Bahnhofshinterfahrung noch in diesem Jahr ist in Gefahr: Mit der letzte Brücke gibt es Probleme.
Die pünktliche Eröffnung der Bahnhofshinterfahrung steht auf der Kippe: Während der Politik seitens der Verwaltung stets verkündet wird, dass sich das gesamte Projekte im geplanten Fahrwasser bewege und somit einer feierlichen Eröffnung nach der Sommerpause nichts im Wege stehe, werden bei genauerem Hinsehen dramatische Verzögerungen offensichtlich. Der letzte Bauabschnitt – die Ennepe-Brücke hinter der Taubenstraße – droht in diesem Jahr nicht mehr pünktlich fertig zu werden.
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Zwar hat die ausführende Firma Heinrich Walter Bau aus Borken nach diversen Krisengesprächen jetzt einen neuen Bauzeitenplan vorgelegt, der eine Fertigstellung bis zum 1. November verspricht. Dennoch dominiert beim federführenden Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) die Skepsis: „Das ist ein sehr ehrgeiziger Plan“, meint Projektleiter Matthias Hegerding. „Dann darf tatsächlich nichts mehr schief laufen.“
Brücke sollte im August 2018 stehen
Das Unternehmen, das sich den Zuschlag für diese entscheidende Schlüsselstelle bereits im Frühjahr 2017 gesichert hatte, ist bislang nicht dadurch aufgefallen, zuverlässig Termine einzuhalten. Im Gegenteil: Ursprünglich war vertraglich vereinbart, dass die 59 Meter lange, schiefwinkelige Querung im August 2018 stehen solle. Ein Termin, der seit einem halben Jahr verstrichen ist.
Die obligatorische Vertragsstrafe von 150.000 Euro (fünf Prozent der Auftragssumme) wird das Unternehmen, das sich zu den Vorgängen auf WP-Anfragen nicht äußern möchte, angesichts der Goldgräberstimmung in der Branche verschmerzen können.
Mit dem rosafarbenen Haus fing es an
Das kurze Teilstück zwischen erstem und zweitem Bauabschnitt der insgesamt 1,6 Kilometer langen Umgehungsstraße stand von Beginn an unter keinem günstigen Stern. Zunächst ließ das zähe juristische Ringen um den Abriss des rosafarbenen Hauses den angepeilten Zeitplan aus den Fugen geraten.
Die Brücke wurde aufgrund der Verzögerungen aus dem ersten Bauabschnitt herausgenommen und separat neu ausgeschrieben. Doch nachdem der Zuschlag erteilt war, erlosch bei den Borkener die Leidenschaft, den Auftrag tatsächlich zielorientiert umzusetzen.
Probleme schon bei der Planung
Die Firma habe im Rahmen des Baubooms sehr schnell gemerkt, dass sich andernorts mehr Geld verdienen lasse, versucht man sich beim WBH diese fehlende Dynamik zu erklären. Zunächst überwarf sich das Unternehmen mit den ausgeguckten Ingenieuren, dann wurde mit einem neuen Planer ein verändertes Gründungskonzept entwickelt.
Dringende Entlastung für den Graf-von-Galen-Ring
Die Bahnhofshinterfahrung wird zu einer deutlichen Entlastung des Graf-von-Galen-Rings, insbesondere vom Schwerlast- und Durchgangsverkehr führen. Dort sind die Stickstoffdioxidwerte weiterhin viel zu hoch, so dass dort angesichts der Klage der Deutschen Umwelthilfe konkrete Fahrverbote drohen.
Bislang liegt die 2012 begonnene Baumaßnahme, die als das größte kommunale NRW-Bauprojekt gilt, voll im Kostenrahmen von kalkulierten 65 Millionen Euro. Darin enthalten sind Fördermittel von Bund und Land in Höhe von 42,5 Millionen Euro.
Angesichts der aktuellen Goldgräberstimmung in der Baubranche mit den entsprechenden Kostenzuschlägen würden die Kosten heute etwa um ein Drittel höher ausfallen.
Als im Herbst 2018 dann endlich 27 Bohrpfähle für die Widerlager des Brückenbauwerks acht Meter tief im Felsuntergrund versenkt waren, hatte Matthias Hegerding plötzlich die vage Hoffnung, dass das Bauwerk doch noch bis zum Sommer 2019 stehen könnte. Aber über die Wintermonate bewegte sich an beiden Ufern der Ennepe fast nichts mehr. Bis heute steht nicht einmal die Verschalung für die Stahlbeton-Konstruktion.
WBH kann keinen Druck ausüben
Somit bleibt der WBH-Projektleiter mit weiteren Prognosen zum Fertigstellungstermin – auch eine Lärmschutzwand muss noch entstehen – äußerst zurückhaltend: „Wir werden das Ding fertig kriegen – die Frage ist nur wann.“
Weitere Daumenschrauben, die man dem Auftragnehmer anlegen könnte, sieht die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) nicht vor: „Die VOB kennt den Fall nicht, dass jemand nicht bauen will“, meint Hegerding. „Den größten Gefallen würden wir der Firma tun, wenn wir den Vertrag kündigen.“ Aber daran denkt beim Blick auf die aktuellen Marktpreise und angesichts des erheblichen Zeitdrucks natürlich niemand.