Hagen. . Der Streit um die Eltern-Beiträge für die Kinderbetreuung in Hagen landet vorm Oberverwaltungsgericht. Eine Anwältin rät: Widerspruch einlegen.
Zufriedenheit auf beiden Seiten: Sowohl die Stadt Hagen als auch die Eltern, die gegen die Hagener Kita-Beitrags-Satzung geklagt haben, begrüßen den Richterspruch aus Münster. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg zugelassen (WP berichtete).Damit hat die Stadt Hagen formal ein Etappenziel erreicht, denn sie hatte die Berufungsverhandlung erwirken wollen.
Doch Freude herrscht auch bei den Eltern, die die Stadt verklagt hatten. „Jetzt besteht die Chance, dass in Münster endlich auch inhaltlich über die Höhe der Elternbeiträge in Hagen entschieden wird“, so Angela Heinssen, die eine Reihe von Eltern vertritt. Eine Entscheidung aus Münster wird aber wohl noch dauern: Im besten Fall dürfte sie gegen Ende des gerade begonnenen Jahres kommen.
Für mittel und gut verdienende Eltern Beiträge erhöht
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Zur Vorgeschichte: Die Stadt hatte im Jahr 2015 eine neue Elternbeitragssatzung auf den Weg gebracht. Zwar wurde die Schwelle des Brutto-Jahreseinkommens erhöht, ab dem überhaupt Beiträge fällig werden, insbesondere für mittel und gut verdienende Eltern erhöhten sich aber die Beiträge. Und sie steigen auch künftig in jedem Kindergarten-Jahr um zwei Prozent.
Gegen diese Beitragsbescheide hatte eine Reihe von Eltern geklagt, darunter auch Atilla Tasli und seine Frau Sabine, die beide Juristen sind und zwei Kindern haben: „Wir persönlich können uns diese Beträge sicherlich noch leisten. Es geht uns aber um Beitragsgerechtigkeit und um die, die es sich nicht leisten können.“ Letztlich gehe es auch darum, welches Signal Hagen an Familien sende.
Arnsberger Richter lassen Sazung scheitern
Doch bis zum Kern dieser Frage drang das Verwaltungsgericht Arnsberg in seiner ein Jahr zurückliegenden Entscheidung gar nicht vor. Schon an einer eher formalen Hürde ließ es die städtischen Beitragsbescheide als rechtswidrig scheitern. Denn die Beitragssatzung, auf der diese basierten, hätten die Ratsmitglieder beschlossen, ohne dass ihnen eine ausreichende Kostenkalkulation vorgelegen habe.
OVG Münster lässt Berufung zu
Diese Sichtweise stellen die Richter des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster nun aber in Frage. Schließlich gebe es andere höchstrichterliche Urteile aus dem Abgabenrecht, die besagten: Eine solche Kalkulation könne noch bis zum Ende eines im Falle einer Klage möglichen Berufungsverfahrens nachgereicht werden. „Man kann verkürzt sagen: Die Kommunalpolitiker müssen zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen, auf welcher Basis sie genau entscheiden“, so OVG-Sprecher Jörg Sander.
In dem Berufungsverfahren, das die Arnsberger Richter der Stadt noch verwehren wollten, das die Münsteraner Richter aber nun zulassen, kann es nun zweierlei Ergebnisse geben. Zum einen: Die Richter erklären das Zustandekommen der Satzung doch für rechtswidrig, dann muss die Stadt rückwirkend eine neue erlassen. Zum anderen: Sie bestätigen das Entstehen, dann aber wird über den eigentlichen Kern der Eltern-Klage entschieden: Sind die Beiträge zu hoch?
Vorwurf: Kalkulation intransparent
In beiden Fällen rechnet Anwältin Angela Heinssen damit, dass die Elternbeiträge sinken müssen. „Die Kalkulation ist völlig intransparent. Alles wird in einen Topf geworfen. So müssen die Eltern der Über-Dreijährigen die Kosten für die Unter-Dreijährigen, deren Betreuung viel kostenintensiver ist, mittragen.“ Auf der anderen Seite würden Landesmittel für die Unter-Dreijährigen-Betreuung nicht einbezogen, so dass am Ende für beide Gruppen die Beiträge sinken müssten.
Die Stadt, so deren Sprecher Thomas Bleicher, begrüßt die Entscheidung aus Münster ebenfalls. Allerdings unter anderen Vorzeichen: „Wir gehen weiter davon aus, dass unsere Satzung in Ordnung ist und in Münster Bestand hat.“
>> HINTERGRUND: Anwältin rät zu Widerspruch
- Sollten die klagenden Eltern am Ende Recht bekommen und die Stadt eine neue Satzung mit niedrigeren Beiträgen erlassen: Bekommen dann alle Eltern Geld zurück oder nur die, die geklagt haben? Diese Frage lässt sich derzeit noch nicht abschließend beantworten.
- Rechtsanwältin Angela Heinssen geht davon aus, dass dann alle Eltern profitieren und Rückzahlungen erhalten. „Das habe ich zuletzt im Landkreis Stade auch durchsetzen können.“ Sie rät aber allen Eltern, schon jetzt vorsichtshalber Widerspruch gegen die Bescheide einzulegen.
- Die Stadt konnte gestern aufgrund der Ferienzeit noch keine Angaben machen, ob sie für den Fall von Erstattungen an Eltern Rücklagen gebildet hat.