Hagen. . Sind die Hagener Kita-Elternbeiträge rechtswidrig? Die Frage beschäftigt noch immer Gerichte. Eine Anwältin ist sich sicher: Sie müssen sinken.

Sind die Kita-Beiträge in Hagen rechtswidrig? Auch gut ein Jahr nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg, in der die Hagener Elternbeitrags-Satzung gekippt wurde, ist diese Frage noch nicht geklärt. Denn das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat immer noch nicht entscheiden, ob eine Berufung der Stadt Hagen gegen das Urteil überhaupt zugelassen wird. „Die zuständige Kammer wird wohl im Januar eine Entscheidung treffen“, so OVG-Sprecherin Dr. Gudrun Dahme aus Anfrage der WESTFALENPOST.

Das Verwaltungsgericht Arnsberg hatte die 2016 erlassene und höchst umstrittene Beitragssatzung für die Kindertagespflege für rechtswidrig erklärt. Eine praktische Auswirkung für die Eltern hat das aber wegen des sich lang hinziehende juristische Verfahrens bislang noch nicht: Sie zahlen ganz vorwiegend weiter ihre Beiträge.

Nur wenige Eltern verweigern nach Urteil Zahlung

Ein Beispiel: Eine Familie mit einem Jahreseinkomen von 50 000 Euro zahlt für 35 Stunden Betreuung für Unter-Dreijährige derzeit 252 Euro im Monat, ab 1. August 257 Euro.

Trotz der schwebenden Rechtslage zahlen die allermeisten Eltern weiter ihre Beiträge. „Es gibt nur sehr wenige, die mit Verweis auf das Urteil die Zahlung verweigern“, so Stadtsprecher Raab.

Aber auch die werden irgendwann zahlen müssen: Hat das Arnsberger Urteil Bestand, dann muss die Stadt zwar d ie Elternbeiträge zurückzahlen, allerdings kann rückwirkend eine neue Satzung erlassen werden.

Kritik an Beitragshöhe

Und die sind oft sehr hoch. Insbesondere bei durchschnittlich und gut verdienenden Eltern war nach der Verabschiedung der Satzung massive Kritik laut geworden: Die Mittelstandsfamilien würden unzulässig hoch belastet. Zwar wurde die Schwelle, ab der überhaupt Elternbeiträge gezahlt werden müssen, von 17 500 auf 24 000 Euro erhöht. Darüber hinaus gehend sind die Beiträge aber teilweise stark angestiegen – gekoppelt an das Elterneinkommen. Und sie steigen weiter: Denn es wurde eine jährliche „Dynamisierung“ von zwei Prozent beschlossen.

Eine Reihe von Eltern war – vertreten durch die Anwältin Angela Heinssen – gerichtlich gegen die Satzung vorgegangen. Die Stadt hingegen hatte argumentiert, dass sie als Stärkungspakt-Kommune verpflichtet sei, den Elternanteil an der Kita-Finanzierung zu erhöhen. Und dies habe man so sozial ausgewogen wie möglich getan.

Gericht sagt: Rat wurde nicht ausreichend informiert

Vor Gericht unterlag die Stadt dann aber. Allerdings wurde damals nicht inhaltlich darüber entschieden, ob die Elternbeiträge tatsächlich zu hoch sind. Vielmehr scheiterte die Satzung schon einen Schritt vorher: Die Verwaltung habe die Ratsmitglieder vor dem Beschluss nicht ausreichend informiert. Eine Berufung ließen die Arnsberger Richter nicht zu. Doch dagegen hatte die Stadt eben jene Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt.

Die Stadt ist auch weiter der Ansicht, dass die Elternbeitragssatzung Rechtskraft behält, wie Stadtsprecher Karsten-Thilo Raab betont: „Deshalb haben wir die beschlossene Satzung nicht überarbeitet.“ Man arbeite auch nicht an einem neuen Entwurf: „Das werden wir nur tun, wenn das Urteil aus Arnsberg Rechtskraft erlangen sollte. Wie sich in diesem Fall die Elternbeiträge entwickeln, ist noch nicht bekannt.“

Anwältin: Hagener Beiträge müssen sinken

Das sieht Anwältin Angela Heinssen, die seit dem Arnsberger Urteil noch mehr Hagener Eltern als Klienten gewonnen hat, ganz anders: „Wenn die Stadt Hagen eine neue Satzung verabschieden muss, dann wird sie eine Senkung der Elternbeiträge nicht vermeiden können. Ansonsten wird sie wieder vor Gericht scheitern.“ Dies habe sie schon vor einem Jahr gesagt, ihr Optimismus habe sich inzwischen aber noch gesteigert. Es gebe ein neues Urteil des Bundesverwaltungsgericht, das zwar nicht auf den ersten Blick mit dem Hagener Fall zu und habe, in dem die obersten Richter aber deutliche Hinweise zur Zumutbarkeit von Elternbeiträge formuliert hätten.