Hohen. Auf einmal geht alles ganz schnell: Der Auszug des Kaltwalzmuseums aus Schloss Hohenlimburg hat begonnen. Der Fürst zeigt sich überrascht.
- Das kulturelle Erbe Hohenlimburgs wird seit Montag demontiert
- Umzug in Freilichtmuseum noch nicht in trockenen Tüchern
- Fürst zeigt sich von schnellem Auszug überrascht
Das kulturelle Erbe Hohenlimburgs wird seit Montag demontiert. Am frühen Morgen rückten neun starke Männer des Hagener Umzugsunternehmen Nockemann an, um die schweren Maschinen des Hohenlimburger Kaltwalzmuseums abzubauen und mit Gabelstaplern über das unebene Kopfsteinpflaster auf den Parkplatz zu bringen, diese dort auf einen Tieflader zu wuchten und nach Hagen zu fahren. Auf unbestimmte Zeit werden diese in Lagerräumen der Firma Nockemann und des heimischen Kaltwalzunternehmens C.D. Wälzholz eingelagert.
Damit ist eine Ära und ein gewichtiges Stück Hohenlimburger Geschichte beendet. Am Sonntag hatte das Deutsche Kaltwalzmuseum noch geöffnet. Gestern standen die Besucher vor verschlossenen Türen. So geheim wurde dieser Auszug gehalten.
Eine folgenschwere Entscheidung, schließlich gilt Hohenlimburg – national und international – noch immer als Wiege der deutschen Kaltwalzindustrie. Aus diesem Grund wurde vor drei Jahrzehnten das Museum von den führenden Hohenlimburger Unternehmen gegründet und im Schloss untergebracht.
Besucherzahlen rückläufig
Ein Grund für den kurzfristigen Auszug sind die kontinuierlich sinkenden Besucherzahlen. „Die Situation des Kaltwalzmuseums im Schloss hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 weiter verschlechtert. Das früher von der Schloss Hohenlimburg gGmbH betriebene ,Museum Fürstliches Wohnen’ ist geschlossen geblieben. Der dadurch verursachte Besucherrückgang im Kaltwalzmuseum hat sich drastisch verstärkt. Im ersten Halbjahr weist das Museum nur noch 934 Besucher aus. „Mit einer Verbesserung ist nicht zu rechnen“, betont Klaus von Werneburg, Vorstandsvorsitzender des Förderkreises. Deshalb erfolgt jetzt der Rückzug im Sauseschritt. Dieser soll Anfang Dezember abgeschlossen sein, wenn die Schloss Hohenlimburg gGmbH zum Weihnachtsmarkt einlädt.
Wie berichtet, gibt es seit Jahren Streit zwischen dem Schlossherren Maximilian Fürst zu Bentheim-Tecklenburg und dem Förderverein Deutsches Kaltwalzmuseum. Beide Seiten werfen sich seit Monaten vor, Verträge nicht einzuhalten und finanzielle Rahmenbedingungen nicht zu erfüllen oder erfüllt zu haben. Letztlich landete der Streit vor dem Landgericht in Hagen. Ein für April anberaumter Gerichtstermin wurde jedoch verschoben.
Abschließend gipfelte der Konflikt darin, dass sich der Förderkreis Deutsches Kaltwalzmuseum entschloss, sich nach einer neuen Heimat umzusehen und das Schloss zu verlassen. Aus diesem Grund gab es bereits zahlreiche Gespräche mit Landschaftsverband Westfalen-Lippe, das Museum ins Mäckinger Bachtal zu verlagern. Dort bietet nach Einschätzung von Jörg Büschler (Museumstechniker) das ehemalige Haus Letmathe die erforderlichen Voraussetzungen, zu einem noch nicht definierten Zeitpunkt das Kaltwalzmuseum beherbergen zu können. „Die Größe ist ausreichend.“ Probleme bereitet jedoch die Statik des Gebäudes. Diese muss nachgebessert werden. LWL-Museumsleiter Dr. Uwe Beckmann zeigte sich gestern optimistisch, dass die Finanzierung dafür zu verwirklichen sei. Diese ist aktuell jedoch noch nicht gesichert. „Der Förderverein Deutsches Kaltwalzmuseum ist für das Museumskonzept verantwortlich. Die Finanzierung der Ertüchtigung ist unsere Aufgabe.“
Von sieben Tonnen bis zwei Gramm
Am Montag hieß es zunächst einmal die schweren Maschinen und die leichten Exponate unter den Augen von Montageleiter Hermann Bauschulte (Firma Nockemann) und Jörg Büschler auseinanderzuschrauben und nach Hagen zur Einlagerung zu bringen. Angefangen bei einem sieben Tonnen schweren Glühtopf bis zu einer zwei Gramm leichten Rasierklinge. Insbesondere für Hermann Bauschulte ein besonderer Tag, hatte sein Unternehmen vor drei Jahrzehnten die schweren Maschinen hinauf in Höhenburg gebracht und dort aufgebaut. Jetzt heißt es: Alles muss raus.
„Wir wollen bis zum Ende der Woche fertig sein und die schweren Maschinen herausgeholt haben“, sagte Hermann Bauschulte. Grundvoraussetzung dafür ist, dass es nicht regnet. Denn auf dem glatten Kopfsteinpflaster des Schlosses können die Gabelstapler bei Nässe nicht fahren. Die weiteren Umzugsarbeiten, so die Demontage des VW-Käfer, werden sich noch über Wochen erstrecken, wie Jörg Büschler betonten.
Einige Besucher wurden am Montag vom Umzug überrascht, denn nicht nur das Kaltwalzmuseum konnte nicht mehr besucht werden. Auch der Wehrgang und der Schlossgarten blieben verschlossen. So auch für Susanne Sion und Andreas Nowak aus Wuppertal. Das Duo liebt Schlösser und Burgen. „Wir wollten uns das Schloss mit den Museen schon immer mal ansehen. Es ist schade, dass wir zu spät gekommen sind.“
Fürst zeigt sich überrascht
Auch Maximilian Fürst zu Bentheim-Tecklenburg zeigte sich auf Nachfrage dieser Zeitung vom Auszug des Förderkreises überrascht. „Wir hatten in der Vorwoche davon gehört. Ich habe aber nicht daran geglaubt. Zuletzt hat es nämlich gute Gespräche mit dem Kaltwalzverein gegeben.“ Angesichts der Aktualität konnte Fürst Bentheim nicht sagen, was im neuen Jahr mit den Museumsräumen geschehen wird.
>> HINTERGRUND: Aufbau Kaltwalzmuseum
- Das am 7. Dezember 1988 im Palasgebäude des Hohenlimburger Schlosses eröffnete Museum gliederte sich in einen technisch-historischen und einen sozial-historischen Teil.
- Die schweren Maschinen im Erdgeschoss, die gestern abgebaut und abtransportiert wurden, stammen aus der Zeit von 1905 bis 1952. Sie waren in der Reihenfolge der Produktion in einem Kaltwalzwerk aufstellt.