Hagen. . Wie geplant krachten am Samstag die Pfeiler der Lennetalbrücke zu Boden. Reichlich Zuschauer verfolgten aus sicherer Distanz die Sprengung.
- Zwei Brückenpfeiler der Lennetalbrücke sind am Samstag gesprengt worden
- Die Betonkolosse sanken wie geplant neben dem Flusslauf zu Boden
- Zahlreiche Zuschauer verfolgten die Aktion aus sicherer Distanz
Der Knall ist laut, die beiden Pfeiler mit den großen Fahrbahnplatten oben drauf fallen bilderbuchmäßig nach links und rechts – und eben nicht in die Lenne. Ein geradezu anmutiges Bild, wie in einer perfekten Choreographie (hier das Video).
Doch wer nicht aufpasst, der läuft Gefahr, den entscheidenden Moment an diesem Samstagnachmittag an der Lennetalbrücke der Autobahn 45 in Hagen zu verpassen. Denn die Sprengung der Pfeiler dauert nur wenige Sekunden, dann kann man nur noch längere Zeit auf eine große Staubwolke schauen. Die Sprengung an einer der spektakulärsten Autobahn-Baustellen Deutschlands aus drei Perspektiven:
Die Zuschauer
„Das war’s schon?“, ist die spontane Reaktion von Monika Caspari. Zusammen mit Benjamin und Vanessa Rath aus Wehringhausen und deren Sohn Lian (3) ist die Emsterin ins Lennetal gekommen. So wie viele Hundert weitere Schaulustige, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollen. Ob auf der Brücke der Industriestraße, ob am Baubüro nahe der Verbandstraße oder an vielen anderen Stellen, die einen Blick auf die beiden Pfeiler, die direkt an der Lenne stehen, erlauben.
„Wir haben die Sprengung des Langen Oskars, der Hagener Sparkassen-Zentrale, damals verpasst“, sagt Monika Caspari. „Da wollten wir hier dabei sein.“ Natürlich auch, damit Lian etwas zu sehen bekommt. Und der Dreijährige wird nicht enttäuscht: „Das war toll.“
Sogar aus Menden-Halingen sind Ingrid und Wolfgang Sikora gekommen. „Das war schon spektakulär“, ist ihr Fazit. In der Zeitung hatten sie von der Sprengung gelesen und sind mit Enkel Lasse sowie Sohn Hendrik und dessen Kumpel Andree Mausolf aus Hemer im Schlepptau angereist. „Ich wollte eigentlich mit der Kamera einen Film machen“, schmunzelt Wolfgang Sikora. „Aber als es so gekracht hat, habe ich vor Schrecken den Knopf losgelassen.“
Der Sprengmeister
Martin Hopfe hat eine Sprengung wie diese schon sehr oft erlebt. Noch mehr: Er hat sie schon sehr viele Male selbst ausgelöst. Für die Sprengung des Hagener Sparkassen-Hochhauses, des „Langen Oskars“, im Jahr 2004 mitten in der Stadt ist er verantwortlich.
Er erinnert sich gerne daran und fasst es sehr schön so verkürzt zusammen, als er hätte er damals die ganze Stadt dem Erdboden gleich gemacht: „Als wir 2004 Hagen gesprengt haben, war das deutschlandweit der Durchbruch für unsere Firma.“ Natürlich war das damals in Wahrheit eine Präzisionsarbeit, die Rest-Stadt blieb heile.
Sind da die beiden Autobahnpfeiler an der Lennetalbrücke nicht eher Routine, bei der er nicht mehr aufgeregt ist? „Das werde ich komischerweise oft gefragt“, sagt Hopfe. „Ich mache den Beruf seit 34 Jahren. Aber wenn ich das nicht mehr mit vollem Interesse, Konzentration und auch ein bisschen Anspannung mache, dann kann ich aufhören. Jede Sprengung ist anders. Da muss man so viel bedenken.“
An der Lennetalbrücke ist er zufrieden. Alles ist nach Plan gelaufen. 2,5 Kilogramm Sprengstoff stecken in jedem der zwei 21 Meter hohen und rund 150 Tonnen schweren Pfeiler. Wie beim Baumfällen sind Keile in den Beton gehämmert worden. So fallen sie präzise nach links und nach rechts.
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„So nah an der neuen Autobahnbrücke, das war schon eine Herausforderung“, sagt Manfred Hopfe erleichtert. Es ist für ihn ein Referenzobjekt: „Alte Autobahnbrücken wird es in den kommenden Jahren in Deutschland noch viele zu sprengen geben.“
Der Projektleiter
Wochenlang hat er diese Minuten vorbereitet. Michael Neumann vom Landesbetrieb Straßen.NRW ist Projektleiter des Neubaus der Lennetalbrücke. Und damit ist er natürlich auch für den Abriss verantwortlich, den er in Abstimmung mit anderen Behörden, mit Sicherheitskräften und mit den benachbarten Firmen organisiert hat.
„Wir haben hier hohe Umweltauflagen. Es dürfen keine Betonteile in die Lenne fallen, wir dürfen auch keine Bagger in den Fluss stellen. Deshalb haben wir uns für die Sprengung entschieden.“
Doch die entscheidenden Sekunden bekommt er gar nicht live mit. Er sitzt in einem Container der Feuerwehr, der Einsatzzentrale für diesen Tag, und schaut auf einem Monitor die Bilder an, die mit einer Drohne gefilmt werden.
Und auch nach der erfolgreichen Sprengung, wird es für ihn noch mal hektisch. Seit 14.55 Uhr ist die viel befahrene Autobahn A 45 gesperrt. Die Fahrzeuge stauen sich jetzt. Und es ist an Michael Neumann, das entscheidende Signal zu geben, dass sie wieder geöffnet werden kann.
„Wir müssen erst sicher sein, dass auch alle Sprengladungen gezündet haben“, sagt er. Zudem verläuft eine der ganz wichtigen Hauptgasleitungen der Republik in unmittelbarer Nähe der Lennetalbrücke.
Sie ist hier an einigen Stellen freigelegt worden, Messegeräte sind installiert. „Auch hier müssen wir erst kontrollieren, ob sie keine Schäden genommen hat“, sagt Neumann. Und dann fährt noch die Autobahnpolizei nach der Sprengung die Brücke ab, um zu schauen, ob nicht doch Brocken bis dort oben hin geflogen sind.
Das alles dauert ein bisschen länger als die geplanten zehn Minuten. „Am Ende waren es 20 Minuten“, sagt Michael Neumann. Trotzdem darf er aufatmen. Doch nach der Sprengung ist vor der Sprengung: Wohl im August sind zwei weitere Pfeiler dran, diesmal in direkter Nähe der Bahnlinie. „Das werden wir wohl nachts machen müssen“, sagt Neumann. Eine neue Herausforderung.
Sprengung der A45-Brückenpfeiler