Hagen. Seit sieben Monaten ist Prof. Dr. Ada Pellert neue Fernuni-Rektorin. Jeden Tag zu Fuß ins Büro gehen zu können, empfindet die 54-Jährige als Luxus.

  • Seit sieben Monaten ist Prof. Dr. Ada Pellert die neue Rektorin der Fernuniversität
  • Jeden Tag zu Fuß ins Büro gehen zu können, empfindet die 54-Jährige als Luxus
  • Sie betrachtet es als ihre Aufgabe, dass ihre Hochschule noch enger an die Stadt heranrückt
  • Seit sieben Monaten ist Prof. Dr. Ada Pellert die neue Rektorin der Fernuniversität
  • Jeden Tag zu Fuß ins Büro gehen zu können, empfindet die 54-Jährige als Luxus
  • Sie betrachtet es als ihre Aufgabe, dass ihre Hochschule noch enger an die Stadt heranrückt

Augenzwinkernd ließe sich festhalten, dass sie die wesentlichen Karriereetappen, die man auf diesem Erdball erklimmen sollte, inzwischen erreicht hat: Wien, Berlin, Peking – und seit dem Frühjahr endlich auch Hagen. „Ja, ich bin schon Hagenerin – seit dem 27. Februar“, betont Frau Professor Dr. Ada Pellert mit fester Stimme. Als Bewohnerin des Hochschulviertels – wie könnte es anders sein – kommt die neue Rektorin der Fernuniversität jeden Morgen zu Fuß ins Büro: „Ein Traum, das habe ich noch nie während meiner beruflichen Tätigkeit gehabt. Das ist der absolute Luxus.“

Dr. Ada Pellert ist bei jedem Wetter unterwegs

Bei jedem Wetter macht sich die Frau, die aktuell gar kein Auto besitzt, auf den Weg. „Ich habe auch schon Gummistiefel.“ Zehn Minuten Fußweg morgens und abends, die den Kopf frei machen. „Da kann man eine Menge vergessen auf dem Weg von der einen Welt in die andere“, erzählt die leidenschaftliche Hochschulentwicklerin.

Sie war ohne konkrete Erwartungshaltung an diese neue Stadt nach Hagen gekommen. Auch wenn die Taxifahrer bei dem Fahrgast mit dem unverkennbaren Wiener Akzent kaum nachvollziehen können, was einen solchen Menschen an die Volme verschlägt, bekennt die Professorin bereits nach sieben Monaten: „Ich fühle mich hier wohl. Ich gehe 20 Minuten in die Stadt, ich habe eine Fußgängerzone, die mir alles bietet, es ist rundherum grün, ich bin verkehrstechnisch gut angebunden“, blickt sie bei kulturellen Unternehmungen auch gerne mal über die Stadtgrenze hinaus. Ebenso hat sie die Hagener Wälder schon für sich zum Abschalten entdeckt. Demnächst will sie aufs Rad steigen.

Wurzeln im österreichischen Bruck

Die Frau, die in Hohenlimburgs österreichischer Partnerstadt Bruck an der Mur geboren wurde und deren Mutter aus Essen stammt, ist kein ausgesprochener Metropolentyp. „Ich komme mit dem freundlichen und kommunikativen Menschenschlag hier gut aus.“ Für ihr erstes Wohlfühl-Schlüsselerlebnis sorgte ein Hagener Busfahrer. Am Campus-Hotel hatte sie Anfang Februar in den frühen Morgenstunden auf dem Weg zum Flughafen den Linienbus verpasst, als eine Dienstfahrt der Hagener Straßenbahn AG stoppte. Der Fahrer wollte sich in der nahen Bäckerei kurz einen Kaffee mit Frühstücksbrötchen besorgen. Pellert sprach ihn mit Koffer an der Hand an, ob er sie zum Bahnhof mitnehmen könne. Das sei ihm leider nicht erlaubt, verschwand er zunächst in der Bäckerei. Auf dem Rückweg fragte er sie bloß noch, ob sie Milch und Zucker in ihren Kaffee wolle und nahm die eilige Frau einfach mit.

Dr. Ada Pellert ist eine begeisterte Hochschulentwicklerin

Promoviert zur Doktorin der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften hatte sie 1987 an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Die 54-Jährige war von 2009 bis 2015 Gründungspräsidentin der Deutschen Universität für Weiterbildung in Berlin und gleichzeitig Professorin für Organisationsentwicklung und Bildungsmanagement.

Zudem war sie von 2011 bis Februar 2016 Präsidentin der Carl Benz Academy in Peking. Zuvor war Ada Pellert von 2005 bis 2008 Universitätsprofessorin für Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement sowie Vizerektorin für Lehre, Weiterbildung und Strukturfragen an der Donau-Universität Krems.

Die Weiterbildung von Hochschullehrenden sowie der Beratung von Hochschuleinrichtungen liegen Prof. Dr. Ada Pellert (54) am Herzen.
Die Weiterbildung von Hochschullehrenden sowie der Beratung von Hochschuleinrichtungen liegen Prof. Dr. Ada Pellert (54) am Herzen. © Fernuniversität

Als Außerordentliche Universitätsprofessorin arbeitete sie von 1998 bis 2005 an der Abteilung Hochschulforschung der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Uni Klagenfurt.

Von 1999 bis 2003 war sie Vizerektorin der Universität Graz für Lehre, Personalentwicklung und Frauenförderung. Seit den 1990er Jahren ist sie in der international vergleichenden Bildungs- und Hochschulforschung, der Weiterbildung von Hochschullehrenden sowie der Beratung von Hochschuleinrichtungen national und international tätig.

Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören insbesondere Bildungs- und Hochschulmanagement, Personalentwicklung und Organisationsentwicklung. Die Wirtschaftswissenschaftlerin beschäftigt sich zudem mit Internationaler Hochschul- und Weiterbildungsforschung, dem Gender- und Diversity-Management sowie dem lebenslangen Lernen.

„Das ist mir noch nirgendwo passiert“, fühlte sie sich prompt in Hagen angekommen. Anders noch als bei ihrem Neubürger-Erstkontakt im Bürgeramt, in dessen Mittelpunkt die feierliche Übergabe gelber Müllsäcke stand.

Das selbstkritische Hagener Grundgemüt, das ihr selbstverständlich auch schon begegnete, kann sie bis heute nicht erklären. „Ich bin oft begeisterter als der Alt-Hagener.“ Stärken wie das Museum, das Theater und den Hagener Impuls auch strukturell weiterzuentwickeln, will sie mit ihrer Hochschule künftig aktiv begleiten.

Arbeitgeber für 1900 Menschen

Ihre neue Büro-Adresse lässt eher vermuten, Ada Pellert habe als „Kaleun“ in einem U-Boot-Hafen anheuert. U47 lautet die Adresse des Rektorenbüros, Universitätsstraße 47. Dort ist sie Arbeitgeber für 1900 Menschen in der – beim Blick auf die Studierendenzahlen – größten Hochschule der Bundesrepublik.

Besucher aus der Region bewundern Hagener Campus 

Umso erstaunter nimmt die 54-Jährige wahr, wie Besucher aus der Region den Campus bewundern, der trotz der räumlichen Nähe für viele noch immer eine Stück „Terra incognita“ bedeutet. Für Pellert entpuppt es sich allmählich als eine der größten Herausforderungen, das Bild ihres Hauses, das zu den größten Arbeitgebern der Stadt zählt, abseits der klassischen Präsenzhochschulen bekannter zu machen. „Das ist jedoch nicht nur hier so, das mache ich in der Hochschulrektorenkonferenz genauso“, stellt sie fest.

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„Aber die Aufmerksamkeit steigt kontinuierlich. Immer mehr Leute versuchen, berufsbegleitend zu studieren. Die Organisation von lebenslangem Lernen oder auch die Digitalisierung sind Themen, die Hagen seit 40 Jahren bespielt und die jetzt immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken.“ Handwerker, die zwar kein Abitur, aber den Meisterbrief in der Tasche haben, gehören inzwischen ebenso zu den Studierenden, wie Familienväter und –mütter, die im fortgeschrittenen Alter noch einmal den Elan und Ehrgeiz entwickeln, einen Uni-Abschluss erwerben und damit ihren Lebenshorizont erweitern zu wollen.

Erfahrungsvorsprung von Präsenz- und Fernuni nutzen

Im Zeitalter der Digitalisierung will Pellert den Erfahrungsvorsprung von Präsenz- und Fernuni nutzen. „Wer Wirtschaft 4.0 will, entdeckt auch sehr schnell die Bildung 4.0 und sucht nach Wegen, wie sich beides koordinieren lässt. Und schon ist man bei uns“, gibt sich die Rektorin selbstbewusst. Erst recht in Südwestfalen, im drittstärksten Wirtschaftsraum Deutschlands.

Professorin Ada Pellert will Forschung stärker gewichten 

Entfaltungsmöglichkeiten sieht sie in dem Sektor, den Studienbetrieb durch erhöhte Forschungsaktivitäten zu unterfüttern. „Hier gibt es viele Professuren – sei es Psychologie, Erziehungswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften –, die sich auch mit den Phänomen der Digitalisierung der Gesellschaft, dem lebenslangen Lernen und Diversität forschend beschäftigen.“ Diese Potenziale, die außerhalb der Fernuni in Pellerts Augen noch gar nicht ausreichend wahrgenommen werden, will sie nicht bloß intern bündeln, sondern dafür auch Unterstützung des Landes und Bundes einwerben.

Lifelong-Learners bereits in Hagen

Ein Ansinnen, das sie erst in der vergangenen Woche beim Besuch des NRW-Landtagspräsidiums in ihrem Hause ausdrücklich formulierte. „Wir haben diese Lifelong-Learners bereits hier und könnten somit mit unserer Forschung eine Schlüsselrolle für das gesamte Bildungssystem übernehmen“, blickt sie bei dieser Transferaufgabe („ein nationaler Auftrag“) auf das gesamte Spektrum von den Schulen über die Erwachsenenbildung bis hin zu den klassischen Hochschulen. „Da sind wir bereits in guten Gesprächen mit dem Land“, glaubt Pellert bei der Politik bereits auf offene Ohren zu stoßen. Dabei geht es auch um die Frage, ob der Campus weiter wachsen kann, um die räumlichen Kapazitäten für diesen nächsten Entwicklungsschritt vorhalten zu können.

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Parallel richtet Pellert ihren Fokus in die Region und hat dort das Thema Umwelt/Nachhaltigkeit/Energie als weiteren Zukunftsschwerpunkt für ihr Haus identifiziert. Dabei betritt sie ein Terrain, das bislang traditionell eher den Fachhochschulen vorbehalten blieb: „Im Regionalen probiere ich etwas aus, was meine Spezialität ist, was aber auch für mein internationales Profil interessant ist. Wir sind sehr interessiert, berufsbegleitende Bildungsformate anzubieten. Dieser Ast ist für die regionalen Arbeitgeber sicherlich sehr interessant.“ Dabei will sie gar nicht in Konkurrenz zu den FHs treten, sondern beispielsweise mit „Blended Learning“ (Kombination aus E-Learning und Präsenzveranstaltungen) ganz neue Angebote passgenau anbieten.

Pellert scheut aber auch nicht das etwas populärere Parkett. So ist ihr Haus voll in die Vorbereitungen der angedachten Hagener Ausstellung zur Neuen Deutschen Welle eingebunden. Die Hochschule übernimmt die wissenschaftliche Betreuung, weil sie über einen Soziologen für Populärmusik verfügt.

Neben dem Campusfest soll die Fernuni in Hagen gesellschaftlich noch breiter etabliert werden.
Neben dem Campusfest soll die Fernuni in Hagen gesellschaftlich noch breiter etabliert werden. © WP Michael Kleinrensing

Aber auch darüber hinaus möchte sie – abseits des Campusfestes - durch regelmäßigere Kontakte in die Stadt hinein versuchen, ihr Haus über die Vertreter des Bildungsbürgertums hinaus breiter in der Stadtgesellschaft zu etablieren. Die Kontakte zur Stadt hat Pellert bereits enger geflochten: „Das sorgt dafür, dass man sich bei Projekten von Beginn an gegenseitig mitdenkt.“

In Hagen vermisst Pellert "ein Wiener Kaffeehaus"

Gerne auch bei einem gelungen Abend daheim mit gutem Essen und Trinken: „Das ist mir schon sehr wichtig. Ich koche manchmal selbst, werde aber auch gerne bekocht. Schmäh führen – damit entspanne ich mich. Ich brauche Leute mit gutem Humor um mich herum. Das darf dann auch mal spät werden“, erzählt die Mutter erwachsener Kinder, deren Partner sie immer im Hochschulviertel besucht. Was sie am meisten in Hagen vermisst? „Ein Wiener Kaffeehaus“, zögert Pellert keine Sekunde, „aber das habe ich auch in Peking vermisst.“