Hagen. Rektorenwechsel an der Fernuniversität Hage: Helmut Hoyer ist stolz auf mehr Chancengerechtigkeit. Nachfolger Ada Pellert will Rolle beim lebenslangen Lernen ausbauen.
- Mehr internationale Forschungskooperation angestrebt
- Digitalisierung brachte großen Schub.
- Studium auch im Massenbetrieb individualisieren
- Mehr internationale Forschungskooperation angestrebt
- Digitalisierung brachte großen Schub.
- Studium auch im Massenbetrieb individualisieren
Nach 18 Jahren, 11 Monaten und einem Tag gibt Prof. Dr.-Ing. Helmut Hoyer am 2. März sein Amt als Rektor der Fernuniversität Hagen an Prof. Dr. Ada Pellert ab. Gefeiert wird die Übergabe am Freitag im Theater Hagen. Zeit für eine Bilanz und einen Ausblick.
Auf was sind Sie besonders stolz, Herr Hoyer?
Helmut Hoyer: Auf den Satz von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft anlässlich der 40-Jahr-Feier: „Wenn es die Fernuniversität nicht gäbe, müsste man sie erfinden.“ Das heißt, dass wir unverzichtbar geworden sind - ein kleiner Ritterschlag, denn nicht immer war unsere Akzeptanz so groß wie heute.
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Wie sehen Sie die Fernuni, Frau Pellert?
Ada Pellert: Sie ist nach 40 Jahren Erfahrung führende Spezialistin auf dem Gebiet Lebenslanges Lernen. An den Präsenz-Unis kommt man langsam auf die Fragen, die wir schon gelöst haben. Diesen Vorsprung müssen wir nutzen.
Wie?
Pellert: Es könnten noch mehr Scheinwerfer auf die Fernuniversität gerichtet werden. Wenn wir in der Forschung zu Spezialgebieten wie Vielfalt oder Neue Medien auch mittels internationaler Kooperationen unsere Vorreiterrolle untermauern, wird Hagen bundesweit noch sichtbarer. Das könnte helfen, noch weitere Verbündete bei der Finanzierung zu gewinnen.
Sind Sie in der Frage gescheitert, Herr Hoyer?
Hoyer: Noch immer sind wir in der Situation, dass NRW die Fernuni zu zwei Dritteln finanziert, obwohl weniger als ein Drittel der jetzt knapp 80 000 Studierenden aus unserem Bundesland kommt. Wir haben unermüdlich eine breitere Finanzierung eingefordert. Da hätte ich mir mehr Mut von der Politik gewünscht, denn jeder in Hagen investierte Euro wird sich zigfach verzinsen.
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Wo fehlt es denn?
Hoyer: Wir haben fast doppelt so viele Studenten wie vor 20 Jahren, aber fast genau so viele Professoren – 86. Deshalb mussten wir unser Wachstum begrenzen. Bei 88 000 Studierenden haben wir durch verkürzte Einschreib- und Rückmeldezeiten die Notbremse gezogen. Und meine schmerzlichste Erfahrung war, dass wir mit der Elektrotechnik die Ingenieurwissenschaften einstellen mussten. Das würde ich gerne revidiert sehen. Dafür sind die neuen Jura- und Psychologie-Studiengänge wichtige Pfeiler im Angebot.
Wie hat sich die Lehre verändert?
Hoyer: Wir haben immer noch gedruckte Materialien, aber die Digitalisierung hat uns einen großen Schub gegeben. Mit Chats, Foren und Newsgroups sind wir noch nicht am Ende. Hier sehe ich die Chance, das Studium auch im Massenbetrieb zu individualisieren.
Pellert: Wir müssen noch flexibler werden. Wichtig sind die Selbsteinschätzungen der Studierenden: Was ist meine Motivation? Wo liegen meine Ziele? Was für ein Lerntyp bin ich? Da wird die Universität mehr Unterstützung bieten, zugleich müssen die Studierenden mitsteuern. Zudem ist das digitalisierte Lernen ein wichtiger Studieninhalt. Virtuelle Führung oder Skypen werden im Beruf immer selbstverständlicher. Das lässt sich im Studium einüben.
Ihr Fazit, Herr Hoyer?
Hoyer: Unser Auftrag ist es, Chancengerechtigkeit zu ermöglichen. Das ist uns gelungen. Aber die Aufgabe der Fernuni wird noch wichtiger, weil inzwischen jeder Zweite sein berufliches Leben nicht dort beendet, wo er es begonnen hat. Die Halbwertszeit des Wissens hat sich stark verringert. Von meinem Studium sind mir nur die Methoden geblieben, nicht die Inhalte.
Und wie wird der Ruhestand?
Hoyer: Zunächst werde ich meine Arbeit im Hochschulforum Digitalisierung und in der Medienkommission der Hochschulrektorenkonferenz weiterführen. Und dann möchte ich die 15 Baustellen an Haus und Hof in Hagen-Dahl abschließen. Ich werkele gerne herum. Aber im Herbst ist auch mal Zeit für eine Reise nach Kuba.
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Seit wann wissen Sie, wo Hagen liegt, Frau Pellert?
Pellert: Da bin ich gut aufgestellt: Meine Mutter stammte aus Essen. Und mein österreichischer Geburtsort Bruck an der Mur pflegt eine Partnerschaft mit Hohenlimburg. Ich wohne seit zwei Wochen in Hagen und will mir immer überlegen, was Stadt und Fernuni gemeinsam tun können. Wir wollen dazu beitragen, dass man sagt: Hagen ist eine Universitätsstadt.
Hoyer: Wir sind dankbar, dass die Stadt sich auf den Ortsschildern zur Fernuniversität bekennt. Denn wir sind mit 1800 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber und ein Hoffnungs- und Werbeträger der Stadt.