Hagen. Die Stadt hat aktuell 40 Problemhäuser im Visier. Hier soll es Unregelmäßigkeiten mit Zuwanderern geben. Hinweise aus der Bevölkerung sollen die Einsätze unterstützen.
- Die Stadt hat aktuell 40 Problemhäuser im Visier
- Hier soll es Unregelmäßigkeiten mit Zuwanderern geben
- Hinweise aus der Bevölkerung sollen die Einsaätze unterstützen
Die Stadt hat 30 bis 40 so genannte Problemhäuser in Hagen im Visier, in denen Unregelmäßigkeiten im Zuge der EU-Binnenzuwanderung vermutet werden. Sprich: Menschen aus Rumänien und Bulgarien, die dort leben, aber nicht gemeldet sind. Oder aber Zuwanderer, die Sozialleistungen von der Stadt beziehungsweise dem Jobcenter bekommen, aber gar nicht in Hagen leben. Das sagt die Stadt Hagen auf Anfrage der WESTFALENPOST. Wie berichtet, standen mehrere dieser Häuser in der vergangenen Woche bei gemeinsamen Kontrollen mit zwei rumänischen Polizisten im Fokus: Mehr als 60 rumänische Staatsbürger wurden zwangsabgemeldet, weil sie gar nicht in Hagen leben, aber wohl Sozialleistungen bezogen haben. Im Gegenzug wurden in Wohnungen auch zwölf rumänische Pässe gefunden von Menschen, die dort nicht gemeldet waren.
Hier hat sich zwar inzwischen herausgestellt, dass die Pässe zumindest keine Fälschung sind. Trotzdem stellt sich mit Blick auf den Gesamtkomplex der enormen EU-Zuwanderung aus Südosteuropa nach Hagen die Frage: Kann die Stadt überhaupt einen Überblick haben, wer tatsächlich bei uns lebt und wie die Menschen wohnen?
Hinweise aus der Bevölkerung
Was das System sofort weiß: Gemeldet sind in Hagen derzeit 2872 Rumänen und 1206 Bulgaren. Wo aber die neuralgischen Orte liegen, dazu gibt das Meldesystem keine Auskünfte. Die 30 bis 40 Problemhäuser, die verstärkt im Kontroll-Visier stehen, basieren in der Regel auf Hinweisen aus der Bevölkerung. Denn das eigene Meldesystem des städtischen Einwohnermeldeamtes enthält keine Warnstufe, wie eine Anfrage der WESTFALENPOST ergeben hat.
Neun Quadratmeter pro Bewohner
Wann gilt eine Wohnung als bewohnbar? Wann ist sie überbelegt? Das relativ neue Wohnungsaufsichtsgesetz vom April 2014 legt das fest und gibt der Stadt damit auch ein Instrument an die Hand.
Entscheidende Punkte: Für jeden Bewohner muss eine Wohnfläche von mindestes 9 Quadratmetern zur Verfügung stehen, für Kinder unter sechs Jahren sechs Quadratmeter. Es muss ausreichend Licht und Luft vorhanden sein, genauso wie Schutz vor Wettereinflüssen und Feuchtigkeit. Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüsse müssen genauso vorhanden sein wie eine Heizung.
Ein weiterer entscheidender Punkt: Auch vorhandene Einrichtungen wie Balkone, Treppen, Aufzüge oder Türschließ- und Beleuchtungsanlagen müssen funktionsfähig sein. Sprich: Auch wenn in einem einst mal schmucken Gammel-Haus zwar genug Platz ist, aber der Balkon abzustürzen droht, kann dies eine Eingriffsmöglichkeit für die Stadt sein.
In Hagen, so Stadtsprecher Michael Kaub, arbeite die Stadt seit dem vergangenen Jahr daran, „Mechanismen im Umgang mit dem neuen Wohnungsaufsichtsgesetz zu entwickeln“. Bisher habe es solche Eingriffe aber noch nicht gegeben. „Wir nehmen das Problem sehr ernst, Hinweisen wird immer nachgegangen.“ Bislang habe es aber nur wenige gegeben.
So können in einem kleinen Mehrfamilienhaus theoretisch mehrere Dutzend Menschen ihren Wohnsitz anmelden (zumindest wenn windige Hausbesitzer die seit Herbst 2015 wieder vorgeschriebene Vermieterbescheinigung ausstellen), ohne dass die Meldebehörde dies bemerkt oder gar andere Behörden informiert. „Bei einer Neuanmeldung wird grundsätzlich nicht überprüft, wie viele Menschen unter einer Adresse gemeldet sind und ob dies möglicherweise unzulässig ist“, so Stadtsprecher Michael Kaub. „Entsprechende Warnmechanismen im EDV-System existieren nicht.“ Der Meldebehörde sei die Quadratmeter-Zahl einer Wohnung oder eines Hauses ja nicht bekannt. Insofern könne man auch nicht wissen, wie viele Menschen dort leben könnten. Und auch wenn es bei Kontrollen wie in der vergangenen Woche immer wieder zu Zwangsabmeldungen kommt: Die Stadt plant auch nicht, das bisherige Verfahren zu ändern.
Matratzenlager im Keller
Das Problem, dass die Behörden heute nicht genau wissen, wer wo tatsächlich wohnt hat zwei Facetten: Zum einen können Wohnungen für Scheinadressen missbraucht werden, wie im Fall der Mehr als 60 Zwangsabmeldungen aus der vergangen Woche. Die Menschen leben also de facto gar nicht in Hagen, beziehen aber unter bestimmten Voraussetzungen (siehe Infobox) Sozialeistungen. Oder aber es leben wirklich mehr Menschen in einem Haus, als es zulässig wäre. Hinweise darauf gibt es immer wieder. Beispiel Ewaldstraße in Wehringhausen. Im Mai werden Feuerwehr und Polizei hier zu einem Kellerbrand gerufen, der letztlich glimpflich verläuft.
Die Polizeibeamten werden aber stutzig, weil sie im Keller ein regelrechtes Matratzenlager finden. Die Hausverwalterin sagt, dass sich dort Bewohner einen Treffpunkt eingerichtet hätten. Ob es nur ein Treffpunkt oder auch eine unwürdige Schlafgelegenheit für Zuwanderer aus Südosteuropa war, bleibt ungeklärt.
In diesem Fall hätte allerdings auch ein Alarmierungssystem beim Einwohnermeldeamt nichts gebracht. Nach WP-Informationen waren nur sieben Personen in dem Mehrfamilienhaus offiziell gemeldet. Und es gehörte auch nicht zu den 30 bis 40 Problemhäusern, die die Stadt im Visier hat. Es sei zu vermuten, dass es Überbelegungen von Wohnungen in Hagen gebe, so die Einschätzung der Stadt. Das seien aber allenfalls Einzelfälle.