Hagen. Acht Flüchtlinge nehmen am Berufsvorbereitungskurs der Pflegeakademie Hacura teil. Unterstützt wird die Weiterbildung durch den Integration Point der Stadt Hagen.

  • 16-tägiger Kurs bereitet Zuwanderer auf den Pflegeberuf vor
  • Themenorientierter Deutschunterricht ist ein wichtiger Teil der Vorbereitung
  • Absolventen haben die Chance auf eine Pflegehelferausbildung

Martina Kaiser steht vor der Klasse, zeigt auf ihren Kopf. „Kooopf­“, schallt es ihr entgegen. Sie zeigt auf ihre Nase. „Naaase!“ Weiter geht’s: „Muuund. Aaaarm. Beeein!“ Die Körperteile können sie alle schon gut benennen. Alle – das sind die acht Teilnehmer des Berufsvorbereitungskurses der Pflegeakademie Hacura, die von Martina Kaiser geleitet wird. Die Acht sind Zuwanderer und nehmen an dem Kurs teil, der unter anderem vom Integration Point der Stadt Hagen unterstützt wird. Einige der Teilnehmer sind schon etwas länger in Deutschland, andere erst ein paar Monate. Wie zum Beispiel Fatemeh.

Die 20-Jährige kommt aus Afghanistan, ist mir ihrem Mann und ihrer vierjährigen Tochter seit elf Monaten in Deutschland und möchte später mal als Krankenschwester arbeiten. Sie ist eine der besten im Kurs. „Was heißt er-for-dert?“ Fatemeh liest das Wort vom Übungszettel ab. „Pflege erfordert Ruhe und Zeit. Das heißt, you need time to do it.“ Pflegedozentin Ellen Voshage erklärt auf Deutsch und Englisch, was das bedeutet. Dann schreibt sie Wörter an die Tafel, die wichtig für die Pflege sind. Die Schüler haben viele Ideen. „Shampoo, Handtuch, Zahnbürste, Föhn.“ Alles richtig. Nur bei der Aussprache hapert es noch ein bisschen. Ä, Ü, Ö – das sind die Stolpersteine. Und Voshage hat noch einen Zungenbrecher parat: „Waschschüssel.“ Alle lachen und versuchen ihr Bestes. Zu dem 16-tägigen Vorbereitungskurs zählt eben auch themenorientierter Deutschunterricht.

Wunsch: Studium beenden

Nach der Theorie folgt die Praxis im Nebenraum. Senioren-Dummy-Puppe Susi bekommt heute frei und wird kurzerhand in einen Rollstuhl verfrachtet. Stattdessen legt sich Ellen Voshage in das Pflegebett, Martina Kaiser demonstriert die speziellen Bewegungsabläufe der täglichen Pflege. „Erst müssen Sie hier das Handtuch drüber legen. Und ganz wichtig: Reden Sie mit den Leuten“, erklärt Kaiser und betont, dass Kommunikation eine wichtige Rolle im Pflege-Alltag spielt.

„Was brauchen wir jetzt zuerst?“ Die Hacura-Leiterin schaut fragend in die Runde. Mustafa weiß Bescheid: „Seife.“ Er reicht ihr das Fläschchen. Kaiser tut so, als würde sie den Inhalt in die Waschschüssel füllen. Der 22-jährige Syrer ist der einzige Mann im Kurs und seit sieben Monaten in Deutschland. Spricht fünf Sprachen „und schon ein bisschen Deutsch“, sagt er mit leichtem Akzent. In seiner Heimat habe er Krankenpflege studiert und wünsche sich sehr, dieses Studium in Deutschland zu beenden.

Förderzentrum für junge Flüchtlinge

In Kooperation mit der Caritas, der Arbeit-Leben-Zukunft GmbH und der Gesellschaft für Arbeit und Soziales hat der „Integration Point“ der Stadt auch das U25-Förderzentrum für Flüchtlinge an der Frankfurter Straße ins Leben gerufen. Seit dem 1. Juni ist es geöffnet. „Einen Monat lang werden hier jetzt schon Deutschkurse gegeben, inzwischen haben wir mit berufsvorbereitenden Kursen begonnen“, erklärt Einrichtungsleiterin Annette Jeschak. Dazu zählen beispielsweise Elektrotechnik und Hauswirtschaftskurse. Das Wichtigste bleibe allerdings der Deutschunterricht am Morgen. „Sprache ist ein sehr wichtiger Schlüssel“, betont Jeschak. Deshalb sind vier Lehrkräfte, die teilweise auch Arabisch und Kurdisch sprechen, in diesem Projekt tätig. Zum Betreuungsteam gehören außerdem Sozialarbeiter, Ausbilder und zwei Job-Coaches, die Kontakt zu Firmen herstellen. Die Kurse im U25-Förderzentrum dauern zwischen drei und zwölf Monate. Ein Einstieg ist jederzeit möglich. Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr angelegt, allerdings mit der Option auf eine Verlängerung.

Nach den 42 theoretischen Unterrichtseinheiten in der Pflegeakademie erleben die Kursteilnehmer den Alltag in einem Seniorenheim in der Praxis. In Kooperation mit dem CMS Pflegewohnstift Harkorten, dem Seniorenzentrum Am Theater und der Einrichtung Wohlbehagen Stadtblick dürfen die acht Zuwanderer ihr neuerworbenes Können unter Beweis stellen.

Schockierte Kursteilnehmer

Am Ende gibt es für alle Absolventen ein Zertifikat. Und dann? „Drei oder vier Teilnehmer bekommen die Möglichkeit, bei uns die Pflegehelferausbildung zu beginnen. Die startet am 15. August“, berichtet Kaiser stolz. Aber auch für die anderen sei der Berufsvorbereitungskurs eine wertvolle Erfahrung. „Viele wollen etwas machen, wollen Deutsch lernen, wollen zeigen was sie können“, erzählt Martina Kaiser. Sie lässt auch den Aspekt der kulturellen Annäherung nicht außer Acht. „Hier lernen sie beispielsweise, wie man sich in Deutschland begrüßt, wie der tägliche Umgang abläuft und was überhaupt ein Altenheim ist.“

Sie berichtet von teilweise schockierten Kursteilnehmern, die nicht glauben konnten, dass Verwandte und Freunde sich gar nicht selber um die alten Menschen kümmern; sie nicht irgendwann wieder aus dem Seniorenheim abholen und mit nach Hause nehmen. „In vielen Ländern ist das selbstverständlich und dann müssen wir erst mal erklären, dass es hier eben anders ist und sich nicht jeder um seine Angehörigen kümmern kann“, sagt Kaiser.