Hagen. . Die Instandhaltung der rund 100 öffentlichen Treppenanlagen, die Straßen und Wege, Plätze und Wohngebiete in Hagen verbinden, stellt für die von Finanzsorgen geplagte Kommune eine Herausforderung dar.
- 100 Treppenanlagen in Hagen müssen instand gehalten werden
- Kosten setzen der von Finanzsorgen geplagten Stadt zu
- Treppenanlage im Rosengarten nur auf einer Seite saniert
Es sind zwar nicht viele Millionen Euro wie bei der Sanierung der maroden Brücken, die demnächst auf die Stadt Hagen zukommen, doch auch die Instandhaltung der rund 100 öffentlichen Treppenanlagen, die Straßen und Wege, Plätze und Wohngebiete verbinden, stellt für die von Finanzsorgen geplagte Kommune eine Herausforderung dar. Eine Bestandsaufnahme.
Das zeltartige Gerüst, mit dem Dieter Gloystein (58) und Torsten Schiffer (48) ihren Arbeitsplatz überdacht haben, dient keineswegs dem Schutz vor Regen oder Sonne. Zwar soll die Plane, mit der das Gestell abgedeckt ist, tatsächlich die Unbilden des Wetters abhalten. Doch errichtet haben die beiden Bauarbeiter das Tragwerk Marke Eigenbau, um mit der Arbeit voranzukommen.
Kolossale Stufen
Denn die kolossalen, mindestens 250 Kilo schweren Treppenstufen am Aufgang vom Elbersufer zur Badstraße sind mit reiner Körperkraft kaum zu stemmen. „Deshalb haben wir diesen Kettenzug erfunden und dafür das Gerüst gebaut“, sagt Gloystein, der seit 42 Jahren auf dem Bau arbeitet und immer noch schuften kann wie ein Pferd, nicht ohne Stolz und knüpft ein schweres Seil um eine der Granitstufen, die anschließend mit dem selbst gebastelten Flaschenzug an die gewünschte Stelle verlagert wird: „Wenn wir hier fertig sind, dann ist die Treppe wieder bombenfest.“
Die Sanierung der breiten, viel frequentierten Treppe am Elbersufer war nötig geworden, weil der Beton, der die Stufen zusammenhält, bröselig geworden war wie Blumenerde. Grund: Tausalz, seit jeher ein Intimfeind des aus Kies und Sand bestehenden Baustoffs, war durch die Fugen in das Treppenbauwerk eingedrungen und hatte den Beton zerfressen. Der Schaden war zwar kaum zu erkennen, doch für die Experten vom Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) bestand Handlungsbedarf: „Die Stufen drohten sich zu verschieben“, berichtet Matthias Hegerding, Leiter des Fachbereichs Bau.
Nur Flickschusterei
Also hat der WBH die Hagener Firma Rempke mit der Instandsetzung der Treppe beauftragt.
Substanzprobleme an Hagener Brücken
Die Substanzprobleme an den Hagener Brücken werden vor allem den Schwerlastverkehr in Hagen in den nächsten 10 bis 15 Jahren noch erheblich einschränken. Denn zahlreiche Betonkonstruktionen aus den 60er- und 70-er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind aufgrund des damals verbauten, minderwertigen Spannstahls marode und liefern nicht mehr die erforderliche Traglast. Schon heute sind die Hagener mit Geschwindigkeitsbegrenzungen, Tonnenbeschränkungen, Fahrbahneinengungen oder Einbahnstraßenregelungen konfrontiert.
Beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) geht man bislang davon aus, dass von den etwa 200 Brückenbauwerken im Stadtgebiet etwa 30 in den nächsten Jahren saniert oder gar abgerissen und neu gebaut werden müssen. Erste vorsichtige Schätzungen rechnen vor, dass ein Investitionsprogramm im Volumen von 50 Millionen Euro aufgelegt werden muss. Geld, über das die Nothaushaltskommune Hagen nicht verfügt, so dass die Arbeiten über mehrere Jahre gestreckt werden sollen.
Zum Auftakt wird derzeit der Autobahnzubringer zur A46 über die Berchumer Straße repariert. Weitere prominente Sanierungsfälle sind die Ischeland- und die Fuhrparkbrücke sowie die Rampe hinter dem Arbeitsamt, die zum Kegelcasino hinaufführt.
Dazu bedurfte es keiner gesonderten Ausschreibung, Rempke ist vielmehr Jahresvertragsunternehmer des WBH und als solcher für alle kleineren Bauarbeiten zuständig, die nicht vorhersehbar sind, somit nicht im Haushaltsplan auftauchen, aber dennoch erledigt werden müssen. Die Aufarbeitung der Treppe schlägt nach Schätzungen von Hegerding mit 5000 Euro zu Buche. Dennoch macht sich die desaströse finanzielle Situation der Stadt auch beim Treppenbau bemerkbar. Die 100 Treppenbauwerke, zurückzuführen auf die hügelige Lage Hagens, müssen regelmäßig kontrolliert und in Schuss gehalten werden. Oft bleibe es jedoch bei ein bisschen Flickschusterei, um wenigsten gravierende Schäden zu beseitigen, denn für eine grundlegende Sanierung fehle das Geld, so Hegerding: „Das ist Fleißarbeit. An bestimmten Schwachpunkten muss man dran bleiben, sonst kriegt man ein größeres Problem.“ Die beschädigte Treppe im Rosengarten wurde, um Kosten zu sparen, gar nur auf halber Breite instandgesetzt. Dass die im Nichts endende Stiege überhaupt saniert wurde, liegt an den wenigen Anliegern, die ihr Haus nur über die Stufen erreichen können.
Eine Ausnahme bildete dagegen vor zwei Jahren die grundlegende Erneuerung der Treppe zwischen Franzstraße und Dähnertskamp in Eilpe, die für 85 000 Euro hergerichtet wurde.
Wie beim Brückenbau oder der Instandhaltung der Bürgersteige wird nach Überzeugung von Hegerding über kurz oder lang die Komplettsanierung weiterer Treppen erforderlich sein: „Irgendwann kommt man mit ein bisschen Flickwerk nicht mehr hin.“ Für Dieter Gloystein und Torsten Schiffer mit ihrem selbst konstruierten Flaschenzug wird es in Hagen also auch in Zukunft reichlich zu tun geben.