Hagen. . TV-Bösewicht bewirbt sich für Leitung des Hagener Theaters. Und glaubt, das Haus für weitaus weniger Geld betreiben zu können, als bisher vorgesehen.

  • Schauspieler will Intendant am Theater Hagen werden
  • Für viel weniger Geld, viel mehr Qualität
  • Dr. Bettina Wilts wäre Partnerin an der Spitze

Er würde Hagen aufmischen, sagt er. Große Namen holen, starke Stücke produzieren und das Theater raus aus der Provinz und hoch in die Elite-Liga der Ruhrgebiets-Spielstätten katapultieren. Und zwar für noch weitaus weniger Geld als die künftig zur Verfügung stehenden 13,5 Millionen Euro. Gemeinsam mit Dr. Bettina Wilts, aktuell künstlerische Leiterin der Bad Heersfelder Festspiele und vormals Intendantin des Schlosstheaters in Celle, will Schauspieler Claude-Oliver Rudolph ein Gespann an der Spitze des Hagener Theaters bilden und damit die Nachfolge des scheidenden Intendanten Norbert Hilchenbach antreten. Darf er aber nicht. Die Findungskommission hat die beiden abgelehnt. Rudolph: „Wenn man unser Angebot und unser Konzept in Hagen nicht annimmt, dann willkommen auf der Titanic.“

Das sagen Klaus Fehske und Werner Hahn

Klaus Fehske (FDP), Mitglied des Kulturausschusses und aktiv im Theaterförderverein und der Bürfgerstiftung, ist der Überzeugung, ein externes Kurzgutachten sei nötig, um die verkrusteten Fronten aufzuweichen. „Ich kann mir vorstellen, dass sich Theaterförderverein und Bürgerstiftung an den dafür anfallenden Kosten beteiligen würden“, so Fehske. Zu Gesprächen, die geführt werden müssten, um die Betonpositionen in puncto Sparzwang aufzulösen, sollten auch Vertreter des Bühnenvereins und die letzten Bewerber auf die Intendanten- und GMD-Stellen eingeladen werden. Auch die allgemeine Denke sollte sich ändern: „Natürlich müssen sich Kandidaten um die Posten bewerbern, aber auch wir – Stadt und Theater - müssen um Kandidaten werben.“

Fehske empfiehlt, mit einem neuen Intendanten erst einmal einen Zwei-Jahres-Vertrag (statt eines Fünf-Jahres-Vertrags) abzuschließen, „damit beide Seiten feststellen, ob die gesteckten Ziele erreicht werden können“.

Als Ressortleiter in Russland aktiv

Rudolph ist ein Bochumer Junge. Sein Vater (93) lebt immer noch dort. Seine erste Freundin, „die Susi“, kam aus Haspe. Rudolph ist Stammgast in der Jury des von Bernhard Steinkühler produzierten Hagener Kurzfilmfilmfestivals. Der für seine direkte und oft schroffe Art berüchtigte Rudolph, bekannt aus Produktionen wie „Das Boot“, „Der Alte“, „Der König von St. Pauli“ und als Bösewicht in „James Bond – die Welt ist nicht genug“, kommt oft wie der schnodderige Kumpeltyp daher. Ein polarisierender Schauspieler, der zuletzt für Schlagzeilen sorgte, weil er beim in Moskau stationierten und als tendenziös und propagandistisch geltenden TV-Sender RT Deutsch als kulturpolitischer Ressortleiter anheuerte. Es ist Putins Haus-Sender.

„Bettina Wilts und ich stehen immer noch für Hagen bereit. Wilts würde die finanzielle Seite steuern und ich die künstlerische Leitung übernehmen.“ Rudolph studierte Film und Regie am Musischen Zentrum München und Theaterwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität. .„Ich habe gelernt, wie man mit Katzengold umgeht“, beschreibt Rudolph seine Fähigkeit, aus wenig Geld viel zu machen. „13,5 Millionen Euro bleiben nach der Kürzung noch übrig. Das muss man sich mal überlegen. Ein richtig, richtig gutes Theater kannst du für noch viel weniger Geld machen. Zumal Bettina Wilts dafür bekannt ist, starke Sponsoren an Land zu ziehen.“

Die Kontaktliste in seinem Handy strotze vor großen Namen. „Ich würde bekannte Leute für Produktionen nach Hagen holen. Unser Engagement wäre die Chance, das Ruhrgebiet abzuhängen. Essen, Dortmund, Bochum.

Das sagt der Deutsche Bühnenverein

Rolf Bolwin ist Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins.

Frage: Hagen tut sich schwer bei der Intendantensuche: Kennen Sie einen vergleichbaren Fall?

Rolf Bolwin: Eigentlich muss man die Frage verneinen. Zwar gab es auch in anderen Städten schon Intendanten-Suchen vor dem Hintergrund von Sparvorgaben. Aber mir ist kein Fall bekannt, in dem so energisch an der Sparsumme festgehalten worden ist wie in Hagen. In anderen Fällen hat man sich in Gesprächen mit Kandidaten auf ein realistisches Ziel verständigen können. Die Sparvorgabe von 1,5 Millionen Euro in Hagen ist aber nicht realistisch. Das Fleisch ist nicht mehr da, von dem man das abschneiden könnte.

Muss ein Intendant heute nicht mehr Manager als Künstler sein?

Ohne ein gewisses kreatives Potenzial lässt sich ein Kunstbetrieb nicht leiten. Ein Intendant ist maßgeblich verantwortlich für die Programmgestaltung. Er muss die Künstler wie etwa die Sänger oder Tänzer aussuchen. Dazu reichen nicht allein Manager-Fähigkeiten. Aber natürlich hat sich die Stellung des Intendanten deutschlandweit geändert. Ein Controlling oder verstärktes Marketing gehören längst zu den Aufgaben eines Theaters. Übrigens ist auch am Theater Hagen unter der heutigen Leitung ein großer Sparbetrag geleistet worden.

Hat Hagen noch eine Chance, einen guten Intendanten zu finden?

Ja. Aber wenn es am Ende ein Intendant mit einem künstlerischen Profil und einem guten Standing sein soll, dann muss die Stadt jetzt beantworten, welche Rolle das Theater in Hagen spielen soll und wie eine ausreichende Finanzausstattung sichergestellt wird. Die Debatten sind sicherlich nicht dazu angetan, Interesse an einer Intendanz in Hagen zu wecken.

In der Bewerbung, die Wilts und Rudolph schon im Frühjahr 2015 abgegeben hätten, wären die Realitäten am Hagener Theater schonungslos hinterfragt worden. „Wozu benötigt man ein Orchester mit sage und schreibe 66 Musikern? Mal zum Vergleich: Johann Sebstian Bach hatte 23. Wozu benötigt man einen Generalmusikdirektor? Es reicht ein Kapellmeister. Und das Ballett? In Wuppertal, ganz in der Nähe, gibt es schon ein sehr starkes Ballett. Wenn man sowas in Hagen haben möchte, dann müssen die, die das sehen wollen, auch dafür bezahlen. Eine Bürgerstiftung fürs Ballett gründen und dann Portemonnaies aufmachen.“ Die eingekauften Aufführungen seien qualitativ viel zu schlecht und zu teuer gewesen. Das Theater sei doch keine Gaukel-Bühne.

„Mit mir hätte man gleichzeitig einen bekannten Schauspieler an Bord gehabt. Ich würde selbst auf der Bühne stehen. Das würde einen sechststelligen Betrag sparen. Bettina Wilts würde als Regisseurin agieren. Das wäre über die Intendanz abgegolten.“

Sven Söhnchen zur Bewerbung

Der Aufsichtsratsvorsitzende des Theaters Sven Söhnchen: „Die Bewerbung von Rudolph wurde gesichtet. Er hat ein interessantes Konzept vorgestellt. Wir fanden es aber letztlich nicht schlüssig genug.“ Im vergangenen Jahr habe er mit Rudolph zusammengesessen und über den Sinn einer Bewerbung Rudolphs gesprochen. Danach habe es kein persönliches Gespräch mehr gegeben.