Haspe.. Eine neue Hürde für den geplanten Waldwipfelpfad an der Hinnenwiese. In dem Areal wurde das seltene Haselhuhn gesichtet. Nun wird ein Gutachten erstellt.

Mal sind es die Tümpel eines Lurchs oder einer Unke, die die Entwicklung eines neuen Gewerbegebiets verhindern, mal stoppen Feldhamster-Behausungen oder seltene Grillen den geraden Weg einer Schnellstraße. Im Hasper Forst zwischen Hinnenwiese und Kaiser-Friedrich-Turm könnte sich das Haselhuhn als ultimativer Bremsklotz für sämtliche Baumwipfelpfad-Planungen entpuppen. Denn nach Angaben der Hagener Fachverwaltung wurden in den Gehölzen des Höhenzuges in den vergangenen Jahren immer wieder Exemplare von „Tetrastes bonasia“ gesichtet.

Die Landesanstalt für Ökologie, ebenfalls für Artenschutzbetrachtungen bei Windkraftanlagen maßgeblich, verzeichnet in den Hasper Wäldern seit der 60er-Jahren des vergangenen Jahrhundert etwa 30 Fundstellen des Hühnervogels. „Zuletzt“, so berichtet Umweltamtsleiter Ralf-Rainer Braun, „wurde 2015 in der Aske an der Stadtgrenze zu Gevelsberg ein Tier gesichtet.“ Dabei werden nur jene Meldungen berücksichtig, die von fachlich versierten Beobachtern stammen.

Haselhühner stehen seit 2008 in NRW auf der Roten Liste, gelten somit als vom Aussterben bedroht und genießen auch auf europäischer Ebene die höchste Schutzstufe. Sind Fundstellen einer solchen Art in Hagen tatsächlich seriös zu belegen, entstehe für den Baumwipfelpfad „eine nicht ganz konfliktfreie Situation“, bewertet Braun bewusst vorsichtig. Er erinnert zugleich an die strengen Rahmenbedingungen, die sich aus der Biodiversitätsstrategie des Landes ableiten und den besonderen Schutz des Artenreichtums in den Vordergrund stellen.

1000 Meter Schutzradius

„Das Haselhuhn lebt im Dickicht und Unterholz und ist auf dichte Niederwaldstrukturen angewiesen“, weiß Braun, dass die Tiere mit der Tarnung ihres Federkleides für Spaziergänger kaum auszumachen sind. Gerade die nachwachsenden Gehölze auf den ehemaligen Kyrillflächen bieten hier optimale Bedingungen. So wurden im Jahr 2014 auch Sichtungen am Goldberg, in Sürenhagen sowie am Eilper Berg gemeldet.

„Bisher fast immer Lösung gefunden“

Tobias Spindler, zusammen mit Dirk Schröder einer der Geschäftsführer von Forest Adventures Deutschland GmbH, ist die Haselhuhn-Problematik durchaus vertraut. Über die möglichen Konsequenzen sprach er mit dieser Zeitung.Welche Bedeutung messen Sie den Haselhuhn-Sichtungen bei und inwieweit beeinträchtigt dieses Thema ihre Planungen?Tobias Spindler: Das Thema Haselhuhn ist in der Tat eine sehr entscheidende Fragestellung für das Projekt. Wir haben im letzten Jahr ein Sachverständigenbüro für Umweltanalysen beauftragt, sich der Thematik anzunehmen. Es gibt im Umfeld unseres Plangebietes tatsächlich ältere Haselhuhn-Sichtungen, und entsprechend hat sich die Biologin in einem ersten Schritt mit den Umwelt- und Vogelschutzämtern bis auf Landesebene abgestimmt, ob das alleine schon ein Ausschlusskriterium für das Projekt darstellt. Das ist erfreulicherweise nicht der Fall, aber natürlich ist jetzt die Prüfung des aktuellen Haselhuhn-Bestandes der entscheidende nächste Schritt.Haben Sie selbst schon eine Artenschutzprüfung initiiert?Spindler: Hiermit hat die Biologin vor etwa einem Monat begonnen und wird noch bis zum Ende des Winters 2016/17 weiter prüfen, wie sich der Bestand des Haselhuhns aktuell darstellt. Erst wenn hier gezeigt wird, dass keine Bedrohung der Tiere durch unser Projekt vorliegt, geht der normale Prozess mit den übrigen – weniger kritischen – Artenschutzprüfungen weiter. Diese sollten dann mehrheitlich im Sommer 2017 abgeschlossen sein.Wie gehen Sie mit Ihrem Unternehmen üblicherweise mit solchen Problemen um?Spindler: Für uns bleibt bis zum Vorliegen des Abschlussberichts nichts anderes, als abzuwarten. Wir haben in unserer Firmengeschichte für etwa 20 Projekte einen ähnlichen Antragsstatus erreicht und bisher konnte fast immer eine Lösung gefunden werden, wie das Vorhaben im Einklang mit der Natur umgesetzt werden könnte – auch wenn es in einigen Fällen aus anderen Gründen später nicht zur Umsetzung gekommen ist. Es gibt aber auch ein Beispiel aus dem Kraichgau, wo wir die mehrjährige Planung eines Kletterwaldes einstellen mussten, weil die Störung einer bedrohten Tierart nicht mit verhältnismäßigen Maßnahmen kompensiert werden konnte.Ist durch das Haselhuhn der Zeitablauf des Projektes gefährdet?Spindler: Wir nutzen die Zeit bis zum Sommer nächsten Jahres, um unsere Konzept weiter auszuarbeiten. Im Spätjahr 2016 sollen für uns auch die Bauarbeiten an der Baumwelt Bad Camberg im Taunus beginnen. Hierbei werden wir viele wichtige Erfahrungen sammeln, die wir in das Vorhaben in Hagen einfließen lassen.

Weitere konkrete Details müssten jetzt die strengen artenschutzrechtlichen Begutachtungen ergeben. Braun geht davon aus, dass der Schutzradius rund um einen potenziellen Haselhuhn-Sichtungsort bei 1000 Metern liegt. Die nur wenige hundert Meter weiter östlich geplante Erweiterung der Drogenklinik im Deerth durch den Bau einer Maßregelvollzugseinrichtung sei durch mögliche Haselhuhn-Vorkommen wiederum nicht beeinträchtigt, weil dort andere Waldstrukturen zu finden seien, erläutert der Experte der Stadt.