Hagen. . Ministerpräsidentin gratuliert zum 40. Geburtstag der Fernuniversität. Rektor kündigt Angebote für Flüchtlinge an.
Die Ministerpräsidentin hat die Hände der regionalen Prominenz im überfüllten Seminargebäude geschüttelt, Nachzügler haben ihren Stuhl gefunden, es kehrt Ruhe ein beim Festakt zum 40-jährigen Bestehen der Fernuniversität. Dann - bleibt es ruhig. Alles wartet. Bis sich Rektor Helmut Hoyer erhebt und fragt: „Kommt jetzt Musik oder bin ich gleich dran?“
Er ist sofort dran. Er erinnert daran, was sich seit dem 1. Oktober 1975, als 1330 Fernstudenten drei Studiengänge belegten, bis heute entwickelt habe: „Niemand hätte vor 40 Jahren zu sagen gewagt, dass dieses Experiment auf der grünen Wiese Deutschlands größte Universität werden würde.“ Sinnbild für die „großartige Erfolgsgeschichte“ sei der Campus, der im Laufe der Jahre herangewachsen ist. Doch auch schon zu Beginn, als Wissenschaftler und Verwaltung auf bis zu 18 Stellen in der Stadt verteilt gewesen seien, sei die Bezeichnung als „reine Briefkasten-Uni ein Missverständnis“ gewesen.
Noch bevor Hannelore Kraft ihre Lobesworte sprechen konnte, stellte der seit 1997 amtierende und im März 2016 scheidende Rektor fest: „Wir haben unseren Gründungsauftrag erfüllt.“ Damals wie heute sei es um Chancengerechtigkeit gegangen, um Berufstätige, Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, Bewerber mit beruflicher Erfahrung, aber ohne allgemeine Hochschulzugangsberechtigung.
Zusätzliche Räume
Kraft formulierte es anschließend so: „Die Fernuni hat zusätzliche Räume für die akademische Bildung aufgetan.“ Sie erinnerte daran, dass die „ganz andere Zusammensetzung der Studierenden“ anfangs einige Hochschulvertreter gestört habe. Die Ministerpräsidentin dankte für die Pionierleistung: „Die Fernuniversität ist ein echtes Juwel in der Hochschullandschaft. Es ist wunderbar, dass es sie gibt.“ Die SPD-Politikerin, die von 2002 bis 2005 Wissenschaftsministerin war, zeigte sich überzeugt, dass die Bedeutung der Fernuniversität in Zeiten der Digitalisierung noch zunehmen werde: „Die Idee hat Perspektive.“
Nicht konkret ging Hannelore Kraft auf die Probleme ein, die der Rektor zuvor angesprochen hatte – auf die seit den 80er Jahren gleich gebliebene Zahl der Professoren bei verdoppelter Studentenschaft, auf das Ungleichgewicht bei der Finanzierung: NRW trägt zwei Drittel der Kosten, doch zwei Drittel der Studenten kommen aus anderen Bundesländern. Doch das ist auch so ein Dauer-Thema.
Angebote für Flüchtlinge
Aktuell kündigte Hoyer Aktivitäten zur Integration der Flüchtlinge an. Zusammen mit Partnern wolle man ein netzgestütztes Angebot entwickeln, das Zuwanderer an ein Studium in Deutschland heranführt. Vorstellbar seien auch spezielle Aufbau-Studiengänge für Akademiker mit ausländischen Abschlüssen.
Mit knapp 77.000 Studenten ist die Fernuni die größte deutsche Universität. Die meisten sind zwischen 29 und 35 Jahre alt, 80 Prozent sind berufstätig.
Die Hochschule beschäftigt 1842 Menschen. Umgerechnet in Vollzeitstellen wären es 1147. Darunter sind 87 Professoren, 339 wissenschaftliche Mitarbeiter und 607 Mitarbeiter in Verwaltung und Technik.
Das Haushaltsvolumen liegt bei gut 95 Millionen Euro. Mehr als 70 Millionen davon trägt das Land NRW, gut 17 Millionen bezahlen die Studenten für Material. Ganze 500.000 Euro steuern andere Bundesländer bei.