Hagen. . Der Streit um die notwendige Neubesetzung von Ausschüssen ist im Rat eskaliert. Die Linken ließen eine gemeinsame Liste platzen. Das führte zu einem Abstimmungs-Marathon.

Der Rat der Stadt beschäftigt sich zunehmend mit sich selbst. Das sieht und bedauert auch die große Mehrzahl derjenigen so, die in die Stadtvertretung gewählt worden sind. Zum Beispiel Wolfgang Röspel, Vorsitzender der CDU-Fraktion: „In den letzten Wochen und Monaten gibt es kein Thema, über das so vehement diskutiert wird, wie über die Neuwahl der Ausschüsse. Dabei gibt in Hagen so viele dringlichere Probleme.“

Ratssaal gestern, 19 Uhr: Die gemeinsame Liste aller Ratsfraktionen und Gruppen ist geplatzt. Und damit irgendwie ein Tabu gebrochen. Denn bislang war es gute Sitte, sich zu Beginn einer Legislaturperiode darauf zu einigen, welche Fraktion in welchen Fachausschüssen (zum Beispiel Kulturausschuss, Sportausschuss und Sozialausschuss) vertreten ist. Kam es zu Nachbesetzungen, entschied der Rat in aller Regel ebenfalls mit großer Einmütigkeit.

Wochenlange Diskussionen hinter den Kulissen

So war es auch für gestern geplant. Da musste nämlich über die Besetzung sämtlicher Gremien neu entschieden werden, weil die beiden Einzelvertreter von Bürger für Hohenlimburg und den Piraten sich zusammengeschlossen hatten. Seit September sind sie durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts als Gruppe anerkannt. Damit haben auch sie Anspruch, in Ausschüssen vertreten zu sein. Andere Parteien müssen deshalb Sitze abgeben.

Über Wochen war hinter den Kulissen über die künftige Besetzung diskutiert worden. Eine Einigung zeichnete sich in letzter Minute ab. Und so landete ein gemeinsamer Vorschlag auf den Tischen der Ratsmitglieder.

Linken-Ratsherr fühlt sich hintergangen

Der sah vor, dass Ingo Hentschel (Die Linke) den Vorsitz im Sozialausschuss behalten sollte. Nach dem Rechensystem, das hinter dem komplexen Wahlverfahren steht, steht dieser Posten aber nicht ihm, sondern einem Vertreter einer anderen Partei zu. Also sollte nach dem Willen der anderen Fraktionen SPD-Frau Ramona Timm-Bergs den Vorsitz übernehmen. Hentschel bot man stattdessen den Vorsitz im weniger bedeutsamen Rechnungsprüfungsausschuss an. Pikant: Ausgerechnet Timm-Bergs war bereits im letzten Jahr bei einer umstrittenen Wahl aus dem Mark-E-Aufsichtsrat geflogen. Dafür war ein Vertreter der Linken nachgerückt.

Die Fraktion Die Linken um Ingo Hentschel (links), seine Gattin Elke und Ralf Sondermeyer fühlt sich intergangen.
Die Fraktion Die Linken um Ingo Hentschel (links), seine Gattin Elke und Ralf Sondermeyer fühlt sich intergangen. © WP Michael Kleinrensing

Während Oberbürgermeister Erik O. Schulz und auch Andreas Reitmajer, Fraktionsgeschäftsführer der SPD, am Rande der Sitzung erklärten, Hentschel habe am Vorabend bzw. am Morgen vor der Sitzung erklärt, dass er nicht am Vorsitz des Sozialausschusses hänge, fühlte der Linken-Ratsherr sich hintergangen: „Ich habe erst in der Ratssitzung erfahren, dass man mir den Vorsitz wegnehmen will.“

Am Ende das gleiche Ergebnis

Weil die Linke, Bürger für Hohenlimburg und Piraten nun mit eigener Liste ins Rennen gingen und obendrein geheime Abstimmung beantragten, zog sich die Abstimmung inklusive Vorbereitung und Auswertung über Stunden. Am Ergebnis freilich änderte das nichts.

„Nach all dem, was hier passiert, bin ich fassungslos“, so Mark Krippner, Vorsitzender der SPD-Fraktion. „In all den Jahren, in denen ich im Rat sitze, habe ich eine solche Situation noch nicht annähernd erlebt“, erklärte Jochen Riechel (Bündnis 90/Die Grünen).