Hagen. Die schon totgesagte Realschule Haspe darf am Anmeldeverfahren für das kommende Schuljahr teilnehmen und wird der Hagener Schullandschaft wohl auf lange Sicht erhalten bleiben.
- Realschule Haspe darf wieder Schüler aufnehmen
- Eltern votieren gegen Sekundarschule
- Auch Hauptschule Boelerheide bleibt bestehen
Dürfte an Schulen Alkohol ausgeschenkt werden, hätten an der Realschule in Haspe gestern die Sektkorken geknallt. Denn die schon totgesagte Bildungsstätte an der Berliner Straße darf am Anmeldeverfahren für das kommende Schuljahr teilnehmen und wird der Hagener Schullandschaft wohl auf lange Sicht erhalten bleiben. Ein zweites Leben eingehaucht haben der Realschule die Hasper Eltern, die sich in einer Befragung klar für den Erhalt der beliebten Lehranstalt aussprachen. „Wir freuen uns sehr, der ganze Einsatz von Schülern und Eltern hat sich bezahlt gemacht“, kommentierte Ulrike Gerber, seit zwei Jahren kommissarische Schulleiterin, das Ergebnis.
Mit der Befragung an sechs Grundschulen, die auf einen Beschluss des Stadtrates zustandekam, sollte vor allem die Zustimmung der Hasper Eltern zur möglichen Gründung einer dritten Sekundarschule in Hagen ermittelt werden. Das Ergebnis war eindeutig, im direkten Vergleich kam die Realschule auf 171, die Sekundarschule auf 27 Stimmen. „Damit haben sich die Eltern klar gegen die Schließung der Realschule ausgesprochen“, sagte Schuldezernentin Margarita Kaufmann: „Sie darf wieder Schüler aufnehmen und wird wahrscheinlich mehrere Züge einrichten können.“
52 Anmeldungen notwendig
Das war zuletzt nicht der Fall, denn die Realschule sollte im Zuge der Neuordnung der Hagener Schullandschaft eigentlich geschlossen werden. Zweimal durften keine Fünftklässler aufgenommen werden, weshalb es derzeit lediglich neun Klassen mit 250 Schülern vom siebten bis zehnten Schuljahr gibt. Um bestehen zu bleiben, benötigt die Realschule mindestens 52 Anmeldungen; niemand zweifelt daran, dass diese Anzahl erreicht wird: „Ich glaube, dass die Rückkehr zum alten, gegliederten Schulsystem der richtige Weg ist“, so Ulrike Gerber: „Die Realschule tut Haspe gut.“
Der Kampf um die Schule hat in Haspe tiefe Spuren hinterlassen. Ex-Schulleiterin Birgitt Foth verließ die Schule im Dezember 2013 aus Protest gegen die drohende Schließung, eine Nachfolgerin wurde seitdem nicht ernannt. Ulrike Gerber ist offiziell lediglich stellvertretende Rektorin und musste sich wegen ihres Engagements für den Erhalt der Schule zwischenzeitlich sogar bei der Schulaufsicht in Arnsberg rechtfertigen.
Auswirkungen auf gesamte Stadt
Die Entscheidung der Hasper Eltern hat Auswirkungen auf ganz Hagen. Nun steht fest, dass auch die Hauptschule Ernst Eversbusch bestehen bleiben wird. Im Rathaus geht man jedoch davon aus, dass sie nicht alle zukünftigen Hauptschüler wird unterbringen können, so dass nun auch die Hauptschule in Boelerheide, die in den letzten beiden Jahren ebenfalls keine Fünftklässler mehr aufnehmen durfte, wieder am Anmeldeverfahren teilnehmen soll.
Die bestehenden Sekundarschulen in Altenhagen und am Remberg würden durch das Hasper Elternvotum nicht in Frage gestellt, so Jochen Becker, Leiter des Fachbereichs Bildung: „Es gibt eine klare Rechtslage und keinen Grund, an der Existenz dieser Schulen zu rütteln.“ Andererseits werde es keinen Versuch geben, in Boelerheide eine dritte Sekundarschule ins Leben zu rufen: „Ohne Legitimation der Eltern ist das nicht möglich. Und diese Legitimation sehe ich derzeit nicht.“
Schulischer Flickenteppich
Die Hagener Schullandschaft gleich einem Flickenteppich. Inzwischen gibt es nicht nur Gymnasien, Gesamt-, Haupt-, Real- und Sekundarschulen. Es gibt Schulen, die geschlossen werden sollten und nun doch nicht geschlossen werden. Es gibt Schulen, die auslaufen. Es gibt Schulen, die unter ihrem alten Namen in einem anderen Stadtteil weiter existieren. Und es gibt Schulen wie die Sekundarschule in Haspe, die nie auf der Bildfläche erscheinen werden, obwohl sich Planungsgruppen bereits eifrig mit ihrer pädagogischen Ausrichtung beschäftigt haben.
In diesem Durcheinander, das zahlreiche Eltern in dieser Stadt überfordern dürfte, ist es nahezu unmöglich, den Durchblick zu behalten. Vor allem aber bedeutet die Hasper Elternbefragung das endgültige Aus für das Projekt Sekundarschule in Hagen. Vor vier Jahren wären um ein Haar gleich fünf dieser neuen Schulen, die mit einem Schlag alle Haupt- und Realschulen in Hagen ablösen sollten, auf den Weg gebracht worden. Angesichts des vehementen Widerstandes in der Bevölkerung ist inzwischen jede weitere Initiative in dieser Richtung zum Scheitern verurteilt.
Was bleibt, ist der schulische Flickenteppich. Und eine große allgemeine Verunsicherung. Hubertus Heuel
Oberbürgermeister Erik O. Schulz machte aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er habe sich von der Elternbefragung zwar ein anderes Ergebnis erhofft, so der Verwaltungschef: „Aber jetzt setzen wir den Elternwillen in die Tat um.“