Hagen/Lüdenscheid. . Die beiden Windkraftanlagen Rayerschied und Klosterkumbd haben ihre Erwartungen offenbar nie erfüllt. Der regionale Energieversorger aus Hagen schreibt die Projekte daher ab.

Der regionale Energieversorger Enervie möchte sein Katastrophenjahr 2015 möglichst schnell abhaken, die schlechten Nachrichten reißen aber auch im neuen Jahr noch nicht ab: Das Unternehmen will oder besser muss nach Informationen der WESTFALENPOST zwei seiner Windparks verkaufen – allerdings nicht gewinnbringend, sondern wohl mit Verlusten.

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Bis zum Jahr 2020 wollte Enervie 240 Megawatt Energie aus Windkraft erzeugen. „Mit dem Erwerb des Windparks Rayerschied hat die Unternehmensgruppe einen weiteren Meilenstein auf dem Weg dorthin erreicht“, vermeldete Enervie im Februar 2012, also vor knapp vier Jahren, erst den Kauf des „schlüsselfertig errichteten Windparks“ im Hunsrück (Rheinland-Pfalz). Die Investitionssumme: ein zweistelliger Millionenbetrag. Der Umfang: fünf Windkraftanlagen mit einer Höhe von 128 Metern. Die Gesamtleistung: 16,85 Megawatt. Die damit verbundenen Erwartungen soll der Windpark nie erfüllt haben.

Im März Aufarbeitung des Wegs,der in die Krise führte

Rayerschied war dabei das zweite Windparkprojekt, das Enervie mit einem Wiesbadener Projektentwickler in Rheinland-Pfalz verwirklichte. Ebenfalls am Hunsrück, links des Mittelrheins, liegt der Windpark Klosterkumbd, der seinerzeit „größte Windpark“ von Enervie mit sechs Anlagen und zusammen 20,22 Megawatt Leistung.

Beide Windparks will das Unternehmen loswerden. Im Aufsichtsrat soll der Verkauf bereits beschlossene Sache sein; Enervie will nicht einmal einen Anteil an den beiden Parks behalten. Die Begründung: Die Ertragslage sei völlig anders als bei der Prognose; beide Investitionen haben demnach nie ihre betriebswirtschaftlichen Erwartungen erfüllt. Der Verkauf soll bereits mit „deutlichem Verlust“ im Finanzplan vorgesehen sein; dementsprechend auch die Abschreibungen.

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„Rayerschied“ und „Klosterkumbd“ stehen in der Bewertung wohl für unternehmerische Fehlentscheidungen – und dürften damit in einer Aufsichtsratssitzung im März 2016 noch einmal Thema werden: Bei dem Treffen soll eine schonungslose Analyse im Mittelpunkt stehen. Die Frage: Wie konnte Enervie derart in wirtschaftliche Bedrängnis und die damit verbundene finanzielle Schieflage kommen? Eine Aufarbeitung der letzten, wenig glücklichen Geschäftsjahre also.

Es gibt aber auch den Blick nach vorne. Mit dem auf zwei Personen verkleinerten Vorstand – nach dem Ausscheiden von Interims-Vorstandssprecher Christoph Köther am Jahresende verbleiben Erik Höhne (Technik, Finanzen und künftig Vorstandssprecher) und Wolfgang Struwe (Vertrieb, Personal, Recht) an der Unternehmensspitze – soll Enervie wieder auf Kurs gebracht werden. Trotz des Verkaufs der beiden Windparks auf den Hunsrücker Höhen soll die Windenergie dabei „ein Ausbaupfad“ bleiben; neue Projekte sollen gemeinsam mit Stadtwerken aus der Region als Kooperationsmodelle verwirklicht werden.

Banken beruhigt und damitSpielräume gewonnen

Als nächstes ganz konkretes Projekt steht offenbar die Übernahme des Gasnetzes der Gemeinde Herscheid (Märkischer Kreis) an; bislang gehört das Netz dort dem – ebenfalls angeschlagenen – Essener Energieriesen RWE.

Für alle Projekte, die Enervie zur Restrukturierung angehen will, gilt allerdings: Das Unternehmen muss sie weitgehend ohne Eigenkapital verwirklichen. Die Banken hat Enervie beruhigen können; jetzt muss das Unternehmen den gewonnen Spielraum nutzen.