Hagen. . In Hagen gibt es mittlerweile etwa 100 Stolpersteine. Gestern wurden neun weitere Messingplatten gegen das Vergessen der Nazi-Schreckenstaten verlegt.

  • Neun weitere Stolpersteine wurden in Hagen verlegt.
  • Die kleinen Messingplatten erinnern an die Schreckenstaten der Nazis.
  • Insgesamt befinden sich nun mehr als 100 Gedenktafeln auf Hagener Gebiet.

Die Steine – eigentlich sind es Platten – sind klein. Gerade mal zehn mal zehn Zentimeter groß. Doch sie fallen auf. Und sie finden Beachtung. Zurecht. Gestern wurden weitere neun dieser Messingplatten auf Gehsteigen verlegt. Somit befinden sich nun mehr als 100 Stolpersteine, die an die Ermordung hier lebender Juden in der Nazi-Zeit erinnern, auf Hagener Gebiet.

Die erste Station, in der gestern insgesamt sieben Platten verlegt wurden, war vor der Synagoge in der Potthofstraße 16. „Hier befand sich Anfang der 1940er Jahre eines von vier, fünf sogenannten Judenhäusern“, erläuterte Rudolf Damm, Vorsitzender des Vereins Stolpersteine Hagen. Besagte Häuser dienten damals als Sammelstelle für Juden, die ihre eigenen Wohnungen und Häuser verlassen mussten, damit sie auf engstem Raum zentral eingepfercht werden konnten, bis sie deportiert und die meisten von ihnen in Konzentrationslagern ermordet wurden. „Die Messingplatten sind übrigens nicht massiv, vielmehr handelt es sich um eine dünne Messingschicht, die auf Betonstein aufgetragen wird. Klauen lohnt sich also nicht“, unterstrich Damm.

Insgesamt 56.000 Stolpersteine

Zum Hintergrund der glänzenden Mahnmale: 1993 kam dem heute in Bergheim bei Köln lebenden Bildhauer Gunter Demnig die Idee, Stolpersteine gegen das Vergessen zu gestalten. „1996 hab’ ich die ersten Gedenksteine illegal in Berlin-Kreuzberg verlegt“, erzählte der gebürtige Berliner gestern vor der Synagoge in Hagen. „Ab dem Jahrtausendwechsel ging es dann richtig – und legal – los.“

Die Namen der neun Ermordeten

An folgende Ermordete wird durch die neun gestern verlegten Stolpersteine erinnert:

Sieben Steine in der Potthof­straße 16: Wilhelm Sternheim, Selma Sternheim, Johanna Oppenheimer, Ruth Oppenheimer , Mathilde Mayberg, Else Mayberg, Elfriede Rosenbaum. Ein Stein in der Stresemannstraße 7 – Dr. Julius Stargardter – und einer in der Alleestraße 12 – Ferdinand Muermann.

Der Förderverein Stolpersteine Hagen wurde vor acht Jahren gegründet.

Vorsitzender ist Rudolf Damm.

Der Verein hat 25 Mitglieder.

Privatleute und Einrichtungen unterstützen den Verein.

Mittlerweile arbeitet der Bildhauer nicht mehr allein an seinem Stolperstein-Projekt, sondern in einem Neuner--Künstler-Team. „In den vergangenen 15 Jahren haben wir 56 000 Stolpersteine in 1200 Städten und Gemeinden verlegt. In weltweit 20 Ländern erinnern wir durch die Steine an die Gräueltaten der Nazis.“ Aus dem Judenhaus in der Potthofstraße wurden 1942 sieben Menschen deportiert und in Auschwitz und Zamosc ermordet.

Die zweite Stelle, an der gestern ein Stolperstein verlegt wurde, war der Gehsteig vor dem Haus in der Stresemannstraße 7. Dort wurde dem 1881 geborenen Julius Stargardter gedacht. „Er war ein damals sehr beliebter und geschätzter Hagener Kinderarzt“, erläuterte Rudolf Damm. 1938 wurde der Mediziner von den Nationalsozialisten mit einem Berufsverbot belegt, er wurde gedemütigt, entrechtet und flüchtete sich schließlich 1944 in den Tod. In der Alleestraße 12 – die dritte Stolperstein-Station – wurde ebenfalls eine Gedenkplatte eingelassen. Sie erinnert an Ferdinand Muermann, der 1916 in eine Heilanstalt in Warstein eingewiesen wurde, im Juni 1941 in die Landesheilanstalt Hadamar verlegt und in besagter „Tötungsanstalt“ nur wenige Wochen später im Rahmen der Nazi-Euthanasieaktion T4 ermordet wurde. „Etliche Privatleute, Einrichtungen, der Kinder- und Jugendrat ­Eilpe sowie Schulen wie das Christian-Rohlfs-Gymnasium unterstützen seit Jahren unseren Verein“,­ ­lobte Rudolf Damm, der mit seinen Kollegen unermüdlich gegen das Vergessen der Nazi-Schreckens­taten kämpft.