Hagen. . Zwölf neue Stolpersteine werden in Hagen verlegt. Diese erinnern an Juden, die während der Zeit des Nationalsozialismus deportiert und getötet wurden. Möglich gemacht hat das neue Projekt auch das Engagement von Schülern der Gesdamtschule Eilpe.
Rudolf Damm (70) ist Vorsitzender des Fördervereins Stolpersteine in Hagen.
Frage: Wann werden die nächsten Stolpersteine in Hagen verlegt?
Damm: Am 17. Dezember wird Gunter Demnig, der Kölner Künstler, der diese Aktion ins Leben gerufen hat, nach Hagen kommen, um zwölf neue Steine zu verlegen. Dies geschieht in Abstimmung mit Jugendlichen der Gesamtschule Eilpe, die als Straßenmaler in der Fußgängerzone 542 Euro gesammelt haben. Davon können wir mehrere Steine finanzieren, einer kostet immerhin 120 Euro.
Wo werden die Steine verlegt?
An verschiedenen Orten. Zwei werden wir in der Stresemannstraße 18 anbringen, dort lebte Klara Marx, die 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert und zwei Jahre später in Auschwitz ermordet wurde. Ihren Sohn Walter haben die Nazis bereits 1941 abgeholt, er wurde im Jahr darauf im Vernichtungslager Kulmhof umgebracht. Das waren ganz normale Menschen, ganz normale Deutsche, die aus der Mitte der Gesellschaft gerissen wurden.
Weil sie Juden waren. . .
Das war der einzige Grund. Aber viele von ihnen waren ja vollständig assimiliert und hatten ihre jüdische Herkunft längst vergessen. Wir wissen, dass einige Hagener Deportierte damals verwundert ausriefen: Was, ich soll ein Jude sein? Ihrer jüdischen Identität waren sich vor allem die Ostjuden bewusst, aber die bildeten eine Minderheit.
Besonders dramatisch ist das Schicksal der Gumprichts aus Haspe, nicht?
Ja, die Familie wohnte in der Voerder Straße und wollte ihre Heimat auf keinen Fall verlassen, zumal einige Männer im Ersten Weltkrieg gedient hatten. Erst nach der sogenannten Reichskristallnacht wurden ihnen bewusst, wie ernst die Lage ist. Sie buchten eine Schiffspassage auf einem Frachter durchs Mittelmeer, doch als sie in Haifa von Bord gehen wollten, wurden ihnen das von den Engländern verweigert. Sie mussten auf dem Schiff bleiben, kamen nach Deutschland zurück und wurden allesamt ermordet. Nur ein Gumpricht, der unterwegs erkrankt und in Alexandria in ein Krankenhaus eingeliefert worden war, überlebte. Von ihm und seinen Nachfahren wissen wir von der schrecklichen Odyssee der Familie.
Halten Überlebende noch Kontakte zu Hagen?
Das sind vor allem Angehörige ermordeter Juden, die uns auch dabei helfen, die Lebenswege der Deportierten zu recherchieren. Im Falle der Marx hat die Großnichte sehr geholfen. Sie will zur Verlegung der Steine kommen.
Wie viele Steine wollen Sie in Hagen insgesamt verlegen?
Rund 160, einen für jeden Bürger, der von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Dabei handelte es sich zuvorderst, aber nicht ausschließlich um Juden. In der Mittelstraße erinnern zum Beispiel drei Steine an Hagener Kommunisten, die aufgrund ihrer politischen Überzeugung ihr Leben lassen mussten. 105 Steine haben wir verlegt.
Warum finden Sie die Stolperstein so wichtig?
Damit nicht in Vergessenheit gerät, was geschehen ist. Und wir müssen aufpassen, dass es nicht wieder geschieht.
Wie kann man dem begegnen?
Ich glaube, je gebildeter ein Mensch ist, desto weniger anfällig ist er für solche Strömungen. Mit Bildung meine ich das Wissen um die Dinge, die seinerzeit geschahen. Uns geht es darum, Hass abzubauen bzw. gar nicht erst aufkommen zu lassen. Je mehr man weiß, desto schwerer ist es Hass aufzubauen.