Hagen. . Die Stadt Hagen hat den umstrittenen Leitfaden für die Anmietung von Wohnungen für Flüchtlinge gekippt. Dieser hatte für große Diskussionen gesorgt.

Am Tag, nachdem unsere Zeitung über den umstrittenen Leitfaden für die Anmietung für Flüchtlingswohnungen berichtet hatte, zieht die Stadt die Notbremse. Gestern am späten Nachmittag bestätigte Stadtsprecher Thomas Bleicher gegenüber unserer Zeitung: „Der Leitfaden für potenzielle Vermieter wird ab sofort nicht mehr verteilt.“ Nun gilt die schlichte Leitlinie: Alle Wohnungen, für die eine ordnungsgemäße Baugenehmigung vorliegt und die sich in einem annehmbaren Zustand befinden, können angemietet werden.

Unter anderem war in dem Leitfaden aufgeführt, dass Flüchtlinge keinen Winter- und Reinigungsdienst durchführen sollen und Wohnungen weiß gestrichen übergeben werden müssen. Außerdem enthielt er detaillierte Angaben zu Fluchtwegen und Fenstergrößen. In Teilen von Bürgerschaft und Politik hatte das zu großem Unmut geführt. Tenor der Kritik: Die Stadt verhindere mit Bürokratismus, dass dringend benötigter Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werde. Zudem gebe es eine Ungleichbehandlung zwischen angestammten Mietern und Flüchtlingen, die die Integration erheblich behindere.

Stadt sucht weiter dringend Wohnungen

Die Stadt sucht weiter dringend nach Wohnungen.

Anbieter von Objekten, die die Anforderungen erfüllen, können sich unmittelbar mit Ralf Ksieski vom Fachbereich Jugend und Soziales unter 02331/207-2718 oder per E-Mail Ralf.Ksieski@stadt-hagen.de in Verbindung setzen.

TV-Sender und weitere Medien hatten unsere Berichterstattung aufgegriffen, der öffentliche Druck auf die Hagener Stadtverwaltung wuchs. Gestern dann intensive Beratungen der verschiedenen Fachbereiche im Rathaus, welche rechtlichen Spielräume bei der Anmietung von dringend benötigtem Wohnraum existieren. Die Erlasslage des NRW-Bauministeriums sei noch einmal intensiv überprüft worden. Mit dem Ergebnis, dass es einen solch detaillierten Leitfaden gar nicht braucht.

Keine Ausnahme bei Winterdienst

In Zukunft gelten lediglich die beiden Kriterien „ordnungsgemäße Baugenehmigung“ und „annehmbarer Allgemeinzustand“. Stadtsprecher Thomas Bleicher macht es noch plastischer: „In einer Wohnung, in der vorher Menschen legal und angemessen gewohnt haben, da können auch Flüchtlinge untergebracht werden.“ Und was ist mit der von der Stadt geforderten Ausnahmeregelung für das Schneeschippen und Treppenhausreinigung? Auch die verschwindet mit der kompletten Rücknahme des Leitfadens, wie Bleicher bestätigt.

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Aber auch das war gestern aus dem Rathaus zu hören: Dem Team um Flüchtlingskoordinator Klaus Gierke wird kein Vorwurf wegen des Leitfadens und dem anschließenden großen medialen Echo gemacht. Die viel beschäftigten Mitarbeiter hätten dies mit bester Absicht getan.

Bislang sind in Hagen 650 kommunale Flüchtlinge in 170 angemieteten Wohnungen untergebracht, erklärte Flüchtlingskoordinator Klaus Gierke gestern im Sozialausschuss. Und Sozialdezernentin Margarita Kaufmann ergänzte: „Der Druck, Wohnraum zu finden, ist so enorm, dass wir uns natürlich über die Angebote aus der Bevölkerung freuen. Und ich sage auch noch mal ganz deutlich, dass es dabei keine Sonderbehandlung für Flüchtlinge geben soll.“ Zur Tatsache, dass ein interner Wohnungs-Leitfaden in der Öffentlichkeit für Wirbel gesorgt hatte, meinte Kaufmann mit einem Augenzwinkern: „Wir bessern uns.“

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Im Sozialausschuss wurde gestern Abend die Gründung eines Arbeitskreises beschlossen, der erörtern soll, ob und in welcher Form die Verwaltung entweder einen Strategiewechsel in der Flüchtlingsunterbringung vornehmen solle und welche Institutionen – wie Wohlfahrtsverbände, Kirchen, die SIHK oder die Bundesagentur für Arbeit – dabei involviert werden könnten. Teil eines Integrationsplanes könne dabei auch sein, mit den Wohnungsbaugenossenschaften und Immobilienbesitzern ein Belegungskonzept für leerstehende Wohnungen zu entwickeln. Davon gibt es in Hagen bekanntlich etwa rund 8000 Stück.

Turnhalle eine schlechte Lösung

Im November waren zuletzt 400 weitere Flüchtlinge nach Hagen gekommen. Am gestrigen Tag erfuhr die Verwaltung nur mit dreistündigem Vorlauf, dass weitere Menschen der Stadt Hagen zugewiesen werden. Reinhard Goldbach, Fachbereichsleiter Jugend und Soziales: „Wir müssen jetzt so viele Wohnalternativen schaffen wie möglich. Auch, damit wir wieder auf die Unterbringung von Flüchtlingen in der Turnhalle Berghofstraße verzichten können.“ Diese Form der Unterbringung kommunaler Flüchtlinge sei den Menschen nach ihrer Fluchterfahrung erstens nicht zuzumuten und zweitens für die Stadt die wirtschaftlich teuerste Variante.