Hagen.. Die Stadt Hagen hat mit dem Merkblatt „Grundanforderung an Wohnungen“ für Flüchtlinge für Unverständnis bei vielen Vermietern gesorgt.

Die Wände müssen weiß gestrichen oder tapeziert sein, die Treppenhausreinigung und der Winterdienst sind Sache des Vermieters: Die Stadt Hagen hat mit dem Merkblatt „Grundanforderung an Wohnungen“ für Flüchtlinge für Unverständnis bei vielen Vermietern gesorgt.

Klaus Gierke, Leiter der Abteilung Hilfe für Migranten und Wohnungsnotfälle bei der Stadt Hagen, rechtfertigt das Vorgehen mit der Gesetzeslage. Zum Beispiel beim Brandschutz: „Wenn etwas passiert, haftet die Stadt, bzw. werde ich zur Verantwortung gezogen.“

Die Hagener Richtlinien fußen nicht auf einer „Vorgabe von oben“, bestätigt das NRW-Innenministerium. „Das macht jede Kommune auf dem Wege der kommunalen Selbstverwaltung eigenständig“, erklärt Sprecher Oliver Moritz. Landesweite Leitfäden machten keinen Sinn: „Wir haben Metropolen mit einem angespannten Immobilienmarkt, wo Mieter händeringend Wohnungen suchen, und gleichzeitig ländliche Regionen mit großem Leerstand als Folge des demografischen Wandels.“

Hagen scheint die große Ausnahme in Südwestfalen zu sein, wie eine Umfrage ergab. In Arnsberg beispielsweise werden Wohnungen für Flüchtlinge als „ganz normaler Wohnraum“ gesehen, so Stefan Wulf, Leiter des Büros für Zuordnung und Integration. Also seien für diese Privatwohnungen keine Baurechtsänderungen geplant.

Wie alle anderen Mieter behandelt

In Soest werden Flüchtlinge genauso behandelt wie alle anderen Mieter, betont Stadtsprecher Thorsten Bottin. Es würden keine Extra-Anforderungen an Wohnungen gestellt: „Die Wohnräume dürfen blaue Wände und braune Bad-Fliesen haben.“ Integrationsteams begutachten angebotene Räume.

Claudia Scheffler von der Stadt Siegen verneint ebenfalls besondere Auflagen. „Brandschutz und baurechtliche Vorgaben sind über die Landesbauordnung NRW gesetzlich geregelt und werden entsprechend eingehalten.“

In Sundern kam ein interessierter Vermieter nicht zum Zug, weil seine ­Wohnung mit einer Pellet-Heizung ausgestattet war. Für Menschen, die aus ihrer Heimat keine ­Heizung kennen, ist die ­Bedienung zu schwierig, wurde ihm seitens des Rathauses ­mitgeteilt. ­Bevorzugt würden daher eher Wohnungen mit Zentralheizung.

In den Kommunen Meschede, Bestwig und Olsberg gibt es deren Sprecher Jörg Fröhling zufolge keine Auflagen für Privatvermieter. „Außer sozialrechtliche - dass die Wohnung nicht überteuert ist.“ Und sie dürfe nicht zu weit abgelegen sein - „die neuen Mieter müssen am öffentlichen Leben teilnehmen können“.

Verband sind Einzelfälle bekannt

Dem Vermieterverband Haus und Grund sind Einzelfälle bekannt, in denen Kommunen Vorgaben für Wohnungen an Flüchtlinge aufgestellt haben. „Aber es ist kein flächendeckendes Phänomen“, sagt Alexander Wiech. Der Sprecher des Bundesverbandes hält rigide Richtlinien in der jetzigen Situation für nicht angebracht. „Wenn die Hürden zu hoch sind, fallen viele durchs Raster, die gerne helfen wollen.“

Tim Treude, Geschäftsführer des Landesverbandes Haus und Grund Westfalen (Hagen), hält ­engen Kontakt zu den Ortsvereinen. „Zu denen kommen derzeit ganz verstärkt Vertreter der Kommunen und betteln um Wohnraum.“ Dessen Zustand sei eigentlich egal, so Treude. „Es sei denn, es handelt sich um eine Bruchbude, die nicht mehr renovierungs­würdig ist.“

Auf Eigentümer, die unbüro­kratisch Schutz suchenden ­Flüchtlingen helfen möchte, ­wirken die hohe Auflagen allerdings „irritierend bis abschreckend“, betont Alexander Wiech vom Bundesverband Haus und Grund. Er hat das ­Beispiel einer ­bayerischen ­Kommune vor Augen, die dem potenziellen Vermieter einer möblierten Wohnung genaueste Vorgaben für die Ausstattung machte.

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. © Grafik: Manuela Nossutta / FUNKE Medien | Grafik: Manuela Nossutta / FUNKE Medien

Eine E-Mail an einen Interessenten endete dann schließlich so: „Falls Sie sich dafür trotzdem entscheiden sollten, Flüchtlinge in Ihrem Haus unterzubringen, können Sie uns gerne unter der Telefonnummer xy erreichen.“