Hagen. Mit einem umstrittenen Leitfaden zur Unterbringung von Flüchtlingen verärgert die Stadt Hagen Vermieter. Grund ist eine juristische Komponente.
- Flüchtlinge dürfen keinen Schnee schippen.
- Holztreppen sind verboten.
- Vermieter sind auf dem Baum.
Mit einem umfangreichen Leitfaden zur Unterbringung von Flüchtlingen hat die Stadt Haus- und Wohnungsinhabern enge Vorgaben für die Vermietung von Wohnraum gesetzt. Detailliert listet die Verwaltung auf, dass Flüchtlinge zum Beispiel nicht das Treppenhaus putzen oder Schnee schippen dürfen: „Treppenhausreinigung und Winterdienst sind Sache des Vermieters“, heißt es klipp und klar.
Bei den Hagener Immobilienbesitzern haben die Vorgaben für Erstaunen und Verärgerung gesorgt. „Ich kann nicht verstehen, wieso wir in Deutschland unsere Flure putzen müssen, aber die Flüchtlinge dürfen das nicht“, schüttelt Brigitte Külpmann den Kopf. Nachdem sie gelesen hatte, dass jetzt sogar die Turnhalle in der Berghofstraße für Flüchtlinge beschlagnahmt worden sei, weil es an Unterbringungsmöglichkeiten fehle, hatte sie der Stadt eine möblierte Wohnung in Eppenhausen angeboten: „Doch der Sachbearbeiter hat mich abgespeist mit der Bemerkung, möblierte Wohnungen brauche man nicht.“ Stattdessen habe er ihr das Merkblatt mit den Grundanforderungen an geeignete Wohnungen zugesandt, woraufhin sie ihre Bemühungen endgültig eingestellt habe, so die erboste Wohnungsbesitzerin.
Flüchtlinge dürfen keinen Schnee schippen
Besagter Leitfaden regelt nicht nur Treppenhausreinigung und Winterdienst, die meisten Einschränkungen sind dem vorbeugenden Brandschutz geschuldet. Die Wohnungen müssen nicht nur einen zweiten Fluchtweg entsprechend haben, sondern die Fenster müssen mindestens 90 mal 120 cm groß und in allen Räumen (außer der Küche) müssen Rauchmelder installiert sein. Und da Wohnungen grundsätzlich den Anforderungen der Landesbauordnung folgen müssen, dürfen auch keine Holztreppenhäuser vorhanden sein.
Aufgrund der Gesetzeslage sieht sich Flüchtlings-Koordinator Klaus Gierke unter Zugzwang gesetzt. Beim Brandschutz werde er keinerlei Abstriche von den Vorschriften machen: „Wenn nämlich etwas passiert, dann haftet die Stadt bzw. werde ich zur Verantwortung gezogen.“ Auch die von Bundeskanzlerin Merkel geforderte Flexibilität bei der Unterbringung von Flüchtlingen lasse in Sachen Brandschutz keine Ausnahmen zu. Er verstehe durchaus, dass diese strikte Linie von manchem Vermieter nicht nachvollzogen werden könne und es angesichts des Massenandrangs von Flüchtlingen eng werde auf dem Wohnungsmarkt, aber: „Auch das wird uns nicht dazu bringen, Wohnungen anzumieten, die die Anforderungen nicht erfüllen.“
Juristische Komponente
FlüchtlingeSelbst hinter der Regelung zur Treppenhausreinigung bzw. zum Winterdienst stehe eine juristische Komponente. Wenn ein Flüchtling, aus welchen Gründen auch immer, dieser Verpflichtung nicht nachkomme und es geschehe ein Unfall, dann sei wiederum die Stadt haftbar.
Derzeit leben 1300 Flüchtlinge in der Obhut der Stadt, weitere 1200 in den Notunterkünften des Landes (Spielbrink, Halden, Delstern, Hohenlimburg). Angesichts des Fehlens geeigneten Wohnraums wird im Rathaus hinter verschlossenen Türen über die Konfiszierung der nächsten Turnhalle gesprochen.